Auch die Bundesregierung schreibt auf der Homepage ihres Dialogbüros:
- "Die Strahlenbelastung durch das Mobiltelefon ist außerdem geringer, je besser der Empfang ist. Bei schlechtem Empfang benötigt das Handy stärkere Funksignale, um die nächste Mobilfunkanlage zu erreichen. Ein guter Mobilfunkausbau ist folglich für die Nutzerinnen und Nutzer positiv zu bewerten, denn das Endgerät muss weniger stark funken, wenn der Sendemast in der Nähe ist ... Ein gut ausgebautes Netz ist doppelt gut. Eine höhere Dichte an Funkmasten verringert bei gleicher Nutzungsintensität die Belastung durch hochfrequente elektromagnetische Felder für die Nutzerin oder den Nutzer, denn das Handy strahlt beim Senden weniger."[1]
Das ist weniger als eine Halbwahrheit, die das ganze Problem verdecken soll. Es ist zwar richtig:
- das Endgerät muss i.d.R. weniger stark funken, wenn der Sendemast in der Nähe ist.
Doch dass der möglichst nahe Mobilfunkmast für den Nutzer in der Summe ein Vorteil sei, ist ein Trugschluss, um seinen Bau zu rechtfertigen. Im Kern geht es darum, wie die Immissionen, das was ankommt an Strahlenbelastung, gesenkt werden können – beim Nutzer und beim Nichtnutzer. Es ist eine komplexe Wechselwirkung.
Sendeanlagen bedeuten Zwangsbestrahlung: Jede neue Sendeanlage verursacht am Ort der Errichtung eine Erhöhung der Strahlenbelastung – das reicht von Verdoppelung bis Vertausendfachung. Die Leistung der Sender ist i.d.R. so ausgelegt, jegliche Baumasse im sog. Versorgungsziel vollständig zu durchstrahlen. Je näher die Anlage beim Nutzer bzw. Anwohner, desto höher ist die Dauerbelastung, für alle Anwohner. Mobilfunksendeanlagen stellen eine Zwangsbestrahlung dar, täglich und rund um die Uhr - ohne Einflussmöglichkeit der Betroffenen. Die Dauerbestrahlung ist da, auch wenn kein Endgerät genutzt wird. Sie ist auch dann vorhanden, wenn der Mensch schläft und sich Körper und Geist regenerieren sollen.
Der Abstand ist dein Freund - so forderte zuletzt die Pearce-Studie für Sendeanlagen, die mit maximal zulässigen Leistungen betrieben werden, einen 500-Meter-Abstand von der Wohnbebauung.[2]
Auch Kleinzellen werden die Grundlast weiter erhöhen, da diese immer nur zusätzlich gebaut werden. Das bestätigt auch der 8. Mobilfunkbericht der Bundesregierung.[3] Die Umsetzung eines Minimierungskonzepts ist nirgendwo erkennbar.
Endgerätenutzung ist selbstgewählt und regulierbar: Von der körpernahen Nutzung der Endgeräte kann die höchste Belastung ausgehen. Aber: Die Nutzung von Endgeräten ist freiwillig und individuell beeinflussbar. Die körpernahe Nutzung muss vermieden werden, das steht auch in den Bedienungsanleitungen. 20 cm Abstand im Freisprechmodus anstelle von 1 cm Abstand am Kopf gehalten (oder mit Headset und in der Jackentasche getragen) senkt die Strahlenbelastung bereits um den Faktor 1.000. Telefonieren über die Freisprecheinrichtung oder über ein (Aero-) Head-Set (und das Mobilfunkgerät dabei nicht am Körper getragen) sollte die Regel sein. Hier gilt ganz besonders: Der Abstand ist dein Freund! Darüber müssen insbesondere Jugendliche aufgeklärt werden.
Daraus folgt: Der größte Schutz vor hoher Strahlenbelastung für den Smartphonenutzer ist nicht die möglichst geringe Entfernung zur Sendeanlage, sondern der möglichst große Abstand des Smartphones vom Körper. Das zeigt der Vergleich: Ob eine Sendeanlage nah oder fern steht, verändert die Strahlungsbelastung am Endgerät i.d.R. um den Faktor 30 bis vielleicht 100.[4] Aber: die zu jeder Zeit individuell beeinflussbaren Minimierungsfaktoren bei der Nutzung der Endgeräte liegen zwischen 100- (Indoor- oder Outdoor-Nutzung) und vieltausendfach, wenn alle Möglichkeiten der Minimierung genutzt werden (~100-fach durch den Ort der Nutzung + >1.000-fach durch 20 cm Abstand zum Körper + bis 500-fach durch die Wahl eines strahlungsarmen Mobilfunkdienstes).
Altes, überflüssiges GSM ist am Endgerät 400-fach strahlungsstärker als UMTS/LTE
Letztlich dient die geheuchelte Sorge über die Belastung durch die Handynutzung nur dazu, Sendestandorte zu legitimieren. Würde man sich wirklich sorgen, würde man über die Risiken der körpernahen Nutzung aufklären und v.a. ein Handyverbot für Kinder akzeptieren, deren Gehirne besonders stark belastet werden und die weitere Nutzung von GSM (2G) sofort untersagen. So wird es geradezu pervers, wenn die Betreiber mit dem Argument der hohen Belastung durch Endgeräte ihre neuen Sendeanlagen den Menschen mitten in die Bebauung stellen wollen und dabei neue Anlagen mit einem LTE-Sender und einem Sender mit der alten GSM-Technik errichten.[5] Bei dieser aktuell üblichen Anlagenkombination wird der Datenverkehr (Internet) über ein mobiles Endgerät mit LTE leistungsreguliert und damit relativ strahlungsarm abgewickelt. Sobald der Endkunde aber telefoniert, schaltet die Telefondatenübertragung, insbesondere bei älteren Smartphones, in den stark strahlenden GSM-Standard um. Ergebnis: Die Belastung liegt bei der Nutzung von GSM dann am Smartphone und Kopf/Gehirn um das 400- bis 500-fache höher.
Der Grund: Smartphones mit GSM arbeiten mit einer hohen Sendeleistung von bis zu 1.000 Milliwatt (manche Geräte auch noch 2.000 mW). Endgeräte mit UMTS und LTE arbeiten aber mit maximal 125 bzw. 250 mW. Dazu kommt der unterschiedliche Weg der Leistungsregelung beim Verbindungsaufbau: GSM regelt beim Rufbaufbau von Maximalleistung runter, UMTS/LTE von unten rauf, mit schneller Anpassung und viel größerer Regelungsbandbreite. Nach Aussage des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit (BAG) regeln Endgeräte mit GSM häufig nur auf 50% (Stadt) bzw. 67% (Land) der maximalen Sendeleistung runter (das entspricht i.d.R. 500 – 670 mW Sendeleistung). Bei Endgeräten, die UMTS für die Telefonie nutzen, liegt die mittlere Abstrahlleistung laut Darstellung der BAG bei nur 1,5 mW und darunter.[6] LTE verhält sich ähnlich. Die Betreiber verursachen und verantworten also nach wie vor mit dem Festhalten an GSM eine ca. 400- bis 500-fach höhere Belastung bei vielen Endgerätenutzern.[7]