Zweifel säen ist ihr Geschäft
diagnose:funk dokumentiert auf www.EMFData.org und in Studienreports die Studienlage, ebenso die Kompetenzinitiative e.V. in ihrer Broschürenreihe. Seit über 20 Jahren (!) rezensiert die Fachzeitschrift `Strahlentelex/ElektrosmogReport´ Studien im Hochfrequenzbereich. Die Nachweise sind inzwischen so vielfältig, dass führende Wissenschaftler die Regierungen auffordern, diesen Stand der Wissenschaft nicht mehr zu ignorieren, sondern eine Aufklärungs- und Vorsorgepolitik zu betreiben.
Natürlich gibt es auch Studien, die nichts finden oder versichern, dass alles unschädlich und nichts Genaues über entstehende Krankheiten nachgewiesen sei. Doch oft ist es so, dass diese Studien von Wissenschaftlern gemacht werden, die im Dienste der Industrie stehen. Der Psychiater Prof. Manfred Spitzer schreibt über den Zustand der Wissenschaft: „Denn was gesund ist und was nicht, hat sich trotz jahrzehntelanger erfolgreicher Lobbyarbeit der Tabakindustrie mittlerweile herumgesprochen. Deren finanzielle Stärke wird jedoch von der ökonomischen Macht der Informationstechnik noch weit übertroffen – man bedenke: Die kapitalstärksten Firmen der Welt heißen Apple, Google, Microsoft, Facebook, Intel, Samsung, Sony, Nintendo oder Electronic Arts. Sie bestechen – nicht wie in den 80er Jahren die Zigarettenhersteller – einzelne Forscher, sondern fördern ganze Institute, sodass man von den dort arbeitenden Professoren und Mitarbeitern keine Kritik erwarten kann.“ [60]
Die Harvard-Professorin Noami Oreskes analysiert in ihrem Buch: „Die Machiavellis der Wissenschaft. Das Netzwerk des Leugnens“, mit welcher Planmäßigkeit die Industrie Erkenntnisse verfälscht, mit Hilfe gekaufter Werbeagenturen, Stiftungen, Experten und Politiker. Wissenschaftliche Ergebnisse anzuzweifeln, sei heute die Hauptmethode der Industrie: „Die Händler des Zweifels bekämpfen Tatsachen, die beweisen, dass diese Erzeugnisse oder Stoffe schädlich sind.“ [61] In einem Interview in der Süddeutschen Zeitung wird sie gefragt: „Was sind die nächsten Ziele für Zweifler?“ Ihre Antwort: „Die Mobilfunkindustrie gibt sich große Mühe, gegen wissenschaftliche Arbeiten vorzugehen und Zweifel zu wecken.“ [62]
Das „War Game Memo“ von 1994 – eine Strategie, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuzweifeln – findet auch heute noch Anwendung:
Im Mobilfunkbereich wurde die Methode „Zweifel sähen“ aufgegriffen und perfektioniert. 1994, als die Forscher Lai & Singh DNA-Strangbrüche in Gehirnzellen durch Mobilfunkfrequenzen nachweisen konnten, hat Motorola – ehemalig führend in der Entwicklung der Mobilfunktechnik – die PR-Agentur BURSON-MARSTELLER beauftragt, ihnen ein Konzept zum Umgang mit diesen „harten, wissenschaftlichen Fakten“ zu erarbeiten. Heraus kam das so genannte „War Game Memo“, ein interner Kriegsspielplan, der schon in den 90er Jahren zur Vorgehensweise des organisierten Wissenschaftsbetrugs in der Zigarettenindustrie diente und heute in der Mobilfunkindustrie angewendet wird [63]. Das bedeutet:
- Die Wissenschaftlichkeit der Ergebnisse anzweifeln, ggf. die Wissenschaftler diskreditieren.
- Die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse generell in Frage stellen.
- Eigene Forschung finanzieren und kontrollieren.
- Weltweit einheitliche Pressemitteilungen verbreiten.
- Ausgesuchte Wissenschaftler für kritische Presseanfragen schulen.
- Generell jedes Gesundheitsrisiko ihrer Produkte und Anwendungen abstreiten.
Diese Methoden des Anzweifelns wendet auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) an. Das ist beispielhaft nachzuverfolgen bei seiner Interpretation der US-amerikanischen NTP-Studie und der italienischen Ramazzini-Studie. Hier behauptet das BfS, die NTP-Studienergebnisse seien nicht auf Menschen übertragbar, es seien zu hohe Feldstärken eingesetzt worden, oder es wird behauptet, die Expositionsbedingungen bei der Ramazzini-Studie seien unklar, obwohl die Wissenschaftler zu allen Fragen klärend Stellung genommen hatten. [64] Aber es wird nicht nur mit Anzweifeln und verwirrenden Debatten gearbeitet, die milliardenschwere Branche setzt auch hunderte von Lobbyisten ein. Und wie der österreichische Telekom-Skandal zeigt, fehlt es nicht an Schmiergeldern, um die Politiker mancherorts einzuseifen und auf Linie zu bringen. [65]