Geschichte der kommunalen Entrechtung: Mobilfunkpakt I und II

Mit der Versteigerung der UMTS-Lizenzen zur Jahrtausendwende kam es erstmalig zu einem Pakt zwischen der Bundesregierung und den Mobilfunkbetreibern.

Das Motto: Für die Teilnahme an der erstmaligen Versteigerung von Frequenzen machen wir den Weg frei für den ungehinderten Ausbau der Mobilfunknetze der neuen UMTS-Generation. Am Ende der Versteigerungen wurden 50 Milliarden Euro Lizenzgebühren eingenommen –, das wirkte anscheinend zusätzlich motivierend.

Die Gegenleistung: Keine Grenzwertverschärfung durch die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder. Sendeanlagen unter 10 m Höhe werden genehmigungsfrei gestellt und sonstige Verfahrensregeln der freiwilligen Selbstverpflichtung der Industrie überlassen. Zunächst wurde zwischen den kommunalen Spitzenverbänden (im Dez. 2001) und dann mit der Bundesregierung (im Nov. 2002) der sog. Mobilfunkpakt unterschrieben, der die Mitwirkungsrechte der Kommunen bei der Standortfindung regelt. Zuvor wurde das Baurechtsverfahren als originäre kommunale Aufgabe bereits über die Änderung der Musterbausatzung des Bundes ausgehebelt und in der Folge alle Landesbauordnungen entsprechend geändert.

Da dieser Pakt aber noch zu viele „Ungenauigkeiten“ und damit potenzielle Einschränkungen für die Betreiber enthielt, wurde der sog. Mobilfunkpakt II (im Jahr 2003) zwischen den Betreibern und der Staatsregierung in Bayern geschlossen. Dieser wurde dann zum Maß der Dinge für alle Bundesländer erhoben. Die bayerische Staatsregierung hatte hieran ein besonderes Interesse, da in Bayern der Widerstand gegen neue Sendeanlagen am stärksten war. Danach hatten die Lobbyisten ein leichtes Spiel, die industriegefälligen Regelungen gegenüber den Kommunen durchzusetzen.

Zum Mobilfunkpakt I und II ist festzuhalten:

  • Teil 1 des Mobilfunkpaktes gewährte,
  • Teil 2 unterlief die kommunale Beteiligung.
  • Die Beteiligung beschränkte sich auf die Anhörung. Es gab keine verbindlichen Mitwirkungsrechte. Der Betreiber musste keine Informationen liefern. Die Beurteilungen der Betreiber zur Standortwahl waren nicht nachprüfbar. Verstöße der Betreiber gegen die Verfahren ziehen keine Konsequenzen nach sich (das ist das „Freiwillige“ an der Selbstverpflichtung). Verstöße der Betreiber kamen dauernd vor und waren ohne ersichtlichen Lernerfolg.

Die Konsequenz:

  • Dieser Pakt war eine Sackgasse. Die Kommunen können und müssen die Standortauswahl auf dem Weg des oben beschriebenen Vorgehens in die Hand nehmen. Dazu haben sie juristisch gesicherte Möglichkeiten. Der neue Mobilfunkpakt vom 8. Juni 2020 ist alter Wein in neuen Schläuchen.
Bild: Тихон Купревич - stock.adobe.com
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Mobilfunkpakt: Weg frei für den ungehinderten Aus-bau der Mobilfunknetze

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