Verbraucherschutzminister fordern nationales Roaming

Die Landesminister wollen damit vor allem Versorgungslücken im ländlichen Raum schließen
Auf der Konferenz der Verbraucherschutzminister in Konstanz im Juni 2023 sprachen sich die Landes-Minister für ein verpflichtendes nationales Roaming auf Bundesebene aus. Eine Netz für alle, d.h. Roaming, fordert diagnose:funk schon immer. Es würde die Strahlenbelastung und den Energieverbrauch enorm senken. Die Lizenzversteigerung 2001 für UMTS mit damals 50 Milliarden Euro war der Geburtsfehler für die Senderinfrastruktur. Aus Konkurrenzgründen forderte und bekam jeder Betreiber das Recht auf ein eigenes Netz.
Gruppenfoto der Verbraucherschutzministerkonferenz im Juni 2023. © Baden-Württemberg.deBild:Land Baden-Württemberg

Um Funklöcher zu schließen, hat sich der Baden-Württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) bereits in der Landtagssitzung vom 28. Juni 2023 für die Einführung von verpflichtendem Roaming innerhalb Deutschlands ausgesprochen. Wenn nationales Roaming verpflichtend wäre, sagte Minister Hauk im Stuttgarter Landtag, könnten ca. 70 Prozent der Probleme mit Funklöcher sofort beseitig werden.

Das Thema wurde nun auch auf der Konferenz der Verbraucherschutzminister in Konstanz (28. - 30. Juni 2023) behandelt. Dort, wo Versorgungslücken bestehen, muss nach Ansicht der Minister auf Bundesebene schnell durch ein verpflichtendes nationales Roaming gehandelt werden.

Roaming kennen wir alle aus dem Ausland

Wenn wir im Ausland Mobilfunknetze benutzen, die nicht zum eigenen Anbieter gehören, ist das Roaming. Beim National Roaming würden auch die Netze im Inland untereinander geöffnet. Kunden könnten dann auch über die Netze anderer Anbieter telefonieren oder surfen, wenn ihr eigener Anbieter keine entsprechende Infrastruktur anbietet.

Minister Hauk betonte, dass Roaming technisch jederzeit möglich sei. Also sollte dies den Verbrauchern, insbesondere den Menschen im ländlichen Raum, wo die größten Versorgungsprobleme bestehen, auch nutzbar sein, sagte Hauk. Er sei gespannt, wie die deutsche Bundesregierung darauf reagieren wird, die sich bis jetzt immer schützend vor die Interessen der drei großen Mobilfunkbetreiber gestellt habe. Bis jetzt hatte die Politik auf eine Kooperation auf freiwilliger Basis gesetzt, mit der auch einige ´weiße und graue Flecken` geschlossen werden konnten. Als weiße Flecken werden Bereiche bezeichnet, in denen es überhaupt keinen Mobilfunkempfang gibt. In grauen Flecken gibt es nur einen einzigen Anbieter. Auch die SPD im Baden-Württembergischen Landtag hatte jüngst über Ihren Abgeordneten Jonas Hoffmann aus Lörrach die Einführung von nationalem Roaming gefordert.

Nationales Roaming wird von den Betreibern bisher abgelehnt

Bereits Ende Mai war dies Thema bei den Mobilfunkbetreibern. Dort ging es um die Forderungen der Firma 1&1. Erstmals 2019 ersteigert die Firma Frequenzen, besitzt aber bis Dato keine relevante Netzinfrastruktur, um Kunden etwas eigenes anbieten zu können. Die bisherigen Platzhirsche Telekom, Vodafone und O2 lehnten dies ab. Der neu am Markt tätige Mobilfunkbetreiber hofft nun auf Schützenhilfe von Bundesbehörden. Darum beantragte 1&1 bei der Bundesnetzagentur nationales Roaming.

Roaming kann den Antennenwildwuchs lichtenBild: diagnose:funk

Nationales Roaming ein wichtiger Baustein zur Strahlungsminimierung

Der Ministerkonferenz geht es mit der Forderung nach einem verpflichtenden nationalen Roaming um Ausbaubeschleunigung. Verbraucherschützer geht es aber um Immissionsschutz. Bereits Anfang der 2000er Jahre lies das damals Grün geführt Bundesamt für Strahlenschutz unter Wolfram König mit dem >>> Programm ´MiniWatt` untersuchen, welche Auswirkungen ein nationales Roaming auf den Immissionsschutz hätte. Heraus kam, dass bei nur einem leistungsfähigen Netz für alle die Strahlenbelastung um ca. 2/3 sinken könnte (damals ging es in den Berechnungen um GSM (2G) und UMTS (3G) von je vier Betreibern). Aufgrund des Widerstands der Mobilfunkbetreiber wurde das Programm nicht weiterverfolgt und ad acta gelegt.

Heute bestrahlen drei Netzbetreiber mit etwas über 200.000 Sendeanlagen (21% 5G, 42% 4G, 37% 2G) auf ca. 90.000 Standorten das Land. Hinzu kommt die Mobilfunkinfrastruktur des Bundes (BOS) mit 5.000 Standorten.

Die konsequente Anwendung eines verpflichtenden nationalen Roaming würde zu einer relvanten Minimierung der Strahlungsbelastung führen. Grob kalkuliert könnte eine gemittelte Minimierung um ca. 60 bis 80% gegenüber der aktuell vorhandenen Grundlast erreicht werden. Und mit Abschaltung des Strahlungsintensiven GSM/2G würden auch die Endgerätenutzer massiv profitieren. Nach Angaben des Schweizer Bundesamts für Gesundheit braucht eine LTE-Verbindung (4G) im Mittel nur ein 400stel der Leistung gegenüber einer Verbindung mit GSM/GPRS (2G).

Das Datenvolumen im Mobilfunk stieg von 2021 zu 2023 erneut um 23 % auf nun 6.714 Mio. GB (5,3 GB pro aktiver SIM-Karte) – da spielt 2G mit seiner minimalen Datenrate sowie keine Rolle mehr.

In der Rhön haben Initiativen eine Weiße Zone durchgesetztWeiße Zone Rhön

Weiße Flecken müssen als Schutzzonen erhalten werden – Strahlungsminimierung als Zielvorgabe 

Im Sinne der Bundes- und Landespolitik würden durch nationales Roaming alle „grauen Flecken“ über Nacht der Vergangenheit angehören. Die Forderung der Auflösung aller „weißen Flecken“ lehnen wir strikt ab – zumal nationales Roaming damit nichts zu tun hat.

Im neuen Technikfolgenabschätzungbericht (TAB) des Bundestages, dem alle Parteien zustimmten, heisst es:

  • „Neben einer Anpassung der Grenzwerte können auch Beschränkungen der Verwendung (z.B. die Einrichtung von Schutzzonen, in denen die Verwendung von Mobiltelefonen oder die Errichtung von Sendeanlagen verboten oder stark eingeschränkt wird), technische Standards oder die verstärkte Information der Bevölkerung in Betracht gezogen werden.“ (S.17)

Schutzzonen sind nicht nur für Menschen mit Elektrohypersensibilität notwendig, sondern auch für den Schutz von Tieren und Pflanzen. Immer mehr Studien zeigen negative Wirkungen von elektromagnetischen Feldern auf >>> Insekten und >>> Pflanzen. Dazu kommt, dass v.a. die neuen LTE- und 5G-Sendeanlagen den >>> Energieverbrauch weiter in die Höhe treiben werden, angesichts der Klimakrise ein NoGo.

Die EMF-Schutzoasen, die es für Mensch und Umwelt noch gibt, müssen nicht nur erhalten, sondern ausgebaut werden.

 

Artikel veröffentlicht:
03.07.2023
Autor:
diagnose:funk
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