2.6 Die zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustands von Heranwachsenden

Zur höheren Empfindlichkeit von Kindern und Jugendlichen

Es ist allgemeiner internationaler Konsens, dass Kindern und Jugendlichen ein höherer Schutzbedarf eingeräumt wird als Erwachsenen (WHO, Europäische Umweltagentur, Europarat u. a.). Die erforderlichen Konsequenzen fallen in den verschiedenen Ländern allerdings sehr unterschiedlich aus [22].

Abb. 6: Strahlenaufnahme des Kopfes durch ein Handy am Ohr nach Lebensalter

Der besondere Schutzbedarf begründet sich zum einen durch die tendenziell höhere Absorption der Strahlung in Kinderköpfen als beim Erwachsenen (Abb. 6).

Forschungen von Gandhi [66] et al (1996, 2011) können hierfür sogar quantitative Faktoren angeben: Das Gehirn eines Kindes kann aufgrund seiner geringen Größe, der dünneren Schädelknochen und der höheren Leitfähigkeit 1,6- bis 3,2-mal höher belastet sein als das eines Erwachsenen. Knochen sind bis zu 10-mal höher belastet; die Belastung von Augen und Hals sind ebenso erhöht. Man kann daher davon ausgehen, dass der kindliche und jugendliche Organismus grundsätzlich empfindlicher auf Strahlung reagiert. Weitere Gründe sind:

  • Es werden tiefer liegende Areale im Gehirn (z. B. die Hypophyse) bestrahlt, die u. a. Organfunktionen steuern und besonders empfindlich sind.
  • Das Nerven- und Immunsystem von Kindern ist noch nicht voll entwickelt, so dass es durch Mobilfunkexposition zu verschiedenen Störungen in der Entwicklung der Kinder kommen kann.
  • Wir wissen heute, dass Mikrowellenfelder besonders Stammzellen angreifen und dort Effekte hervorrufen. [67] Da Kinder noch im Wachsen begriffen sind, haben sie daher eine höhere Stammzellendichte als Erwachsene, deren Stammzellendichte mit dem Alter abnimmt. Die Stammzellendichte ist in Feten am höchsten. Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung sind daher bei Feten und Kindern viel wahrscheinlicher als bei Erwachsenen.
  • Die heutigen Kinder werden ein Leben lang mit den neuen Informations- und Kommunikationstechniken umgehen und sind daher insbesondere auch von Langzeitrisiken betroffen (Kapitel 2.1).

Zunehmende Verhaltens- und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen

Auch Verhaltens- und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen haben in letzter Zeit dramatisch zugenommen. Im Arztreport der Barmer GEK von 2012 [68] heißt es:

  • Jährlich wird in Deutschland bei 1,12 Millionen Kindern bis zu 14 Jahren – d. h. bei jedem 10. Kind – eine Sprech- oder Sprachstörung festgestellt!
  • Ärzte diagnostizieren mittlerweile bei jedem dritten Vorschulkind eine gestörte Sprachentwicklung – mit auffälligen Unterschieden zwischen Jungen (38%) und Mädchen (30%), jeweils im 6. Lebensjahr.
  • 10%  der Jungen und 6% der Mädchen (jeweils im 9. Lebensjahr) werden von einem Neurologen oder Psychiater behandelt, davon 60% (bei den Jungen) und 40% (bei den Mädchen) wegen ADHS.
  • Von 2000 bis 2012 hat sich die Zahl von depressiven, stationär behandelten Jugendlichen in Bayern versechsfacht (DAK – Bericht 2014) [69]

Die Entwicklung ist besonders auffällig für ADHS. Der Arztreport der Barmer GEK (2013) [70] weist einen dramatischen Anstieg der ADHS-Diagnosen in 5 Jahren (2006 – 2011) um etwa 42% bei Kindern und Jugendlichen nach (Abb. 7).

Abb. 7: Im Jahr 2011 waren 472.000 Jungen und 149.000 Mädchen betroffen. 20 % aller Jungen, die im Jahr 2000 geboren wurden, bekommen im Alter zwischen 6 und 11 Jahren ADHS.

Diese Entwicklung zeigt sich sogar weltweit [71]: In den USA stellte das Center for Disease Control and Prevention (2012) [72] einen Anstieg in 10 Jahren (2002 – 2012) um ca. 52 % bei Kindern und Jugendlichen (bis 17 Jahre) fest (Abb. 8). Bei 11 % aller Schulkinder (15 % der Jungen, 7 % der Mädchen) wurde ADHS festgestellt. Im Alter zwischen 14 und 17 Jahren waren 20 % der Jungen von ADHS betroffen.

Die Aufmerksamkeitsstörung hat sich zu einer Volkskrankheit entwickelt, die sich zumindest nach den Zahlen epidemisch ausbreitet. Zwei Drittel der Diagnostizierten werden medikamentös mit Ritalin oder Adderall behandelt. Die Verkäufe von ADHS-Medikamenten haben sich in USA innerhalb von 5 Jahren mehr als verdoppelt. In Deutschland hat der Ritalinverbrauch im Zeitraum 1994 – 2004 um das 25-fache (von ca. 1 Mill. Tagesdosen auf 25,8 Mill.), 1990 – 2004 um das 86-fache zugenommen.

Der Arztreport der Barmer GEK 2013 spricht sogar davon, dass wir derzeit eine ADHS-Generation heranzüchten, wobei die Ursache einem unbekannten Stressor zugeschrieben wird. Die Auswirkungen für den Lehrbetrieb in Schulen sind derzeit nicht zu übersehen und führen in vielen Fällen zur Überforderung von Lehrerinnen und Lehrern und zu einer Behinderung des Unterrichts. Die Themen Verhaltensauffälligkeiten und Sprachförderung gehören derzeit mit zu den nachgefragtesten Themen in Lehrerfortbildungen!

Die dramatische Zunahme von ADHS findet statt, obwohl fast alle sonstigen Umweltbelastungen (Pestizide, Blei, Luftverunreinigungen, Methan) seit Jahren konstant geblieben oder sogar rückläufig sind (teils bis auf die Hälfte). Auch die - seit mehr als 10 Jahren - erhöhte Sensibilität von Eltern, Erziehern und Ärzten in Sachen „Modekrankheiten“ (insb. ADHS) kann diese Entwicklung allein nicht erklären.

Mittlerweile gibt es eine Reihe von epidemiologischen Studien [73], die deutlich zeigen, dass Mobilfunkstrahlung bei den enormen ADHS-Anstiegen eine promovierende Rolle spielt: Eine Studie der WHO (Divan et al 2008, 2010) [74] untersuchte das Risiko für Verhaltensauffälligkeiten von Kindern, die Mobilfunkstrahlung ausgesetzt waren, gegenüber Kindern, die nicht exponiert waren. Insgesamt wurden Daten von 29.000 Kindern ausgewertet. Dabei ergab sich (Abb. 9):

Abbildung 9:

Wenn Mütter während der Schwangerschaft digital schnurlos telefonieren, ist das Risiko, dass die Kinder hyperaktiv werden und Verhaltensauffälligkeiten oder Beziehungsstörungen zu Gleichaltrigen zeigen, um 54 % erhöht (3. Säule in Abb. 9). Wenn diese Kinder vor dem 7. Lebensjahr auch noch selbst mit dem Handy telefonieren, steigt das Risiko um 80 % (4. Säule). Diese Kinder haben zu 25 % seelische Probleme, 34 % haben Probleme mit Altersgenossen, 35 % zeigen Hyperaktivität, 49 % ein auffälliges Verhalten.

Neuere Studien in USA [75] und Dänemark, sowie Tierstudien haben die Ergebnisse bestätigt: Eine Studie aus Korea begleitete Kinder in der ersten Klasse (7 – 8 Jahre) bis zu ihrem 12. bzw. 13. Lebensjahr und ermittelte deren ADHS-Risiko. Dabei zeigte sich insbesondere für Kinder, die relativ hohen Bleibelastungen ausgesetzt waren, ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Telefonate mit einem Funktelefon und dem Risiko, ADHS-Symptome zu entwickeln (Moskowitz 2013 [76], Byun 2013 [77]). In der Gruppe der Kinder, die niedrigere Bleiwerte im Blut hatten und länger als 3 Minuten pro Tag Videospiele spielten, ergab sich ebenso ein signifikant erhöhtes ADHS-Risiko.

Da Mikrowellenstrahlung im Niedrigdosisbereich die Durchlässigkeit der Blut – Hirn –Schranke erhöht, legt dies nahe, dass Kinder, die Blei ausgesetzt sind und Funktelefone benutzen, erhöhte Bleiwerte im Blut ihres Gehirns aufweisen und dadurch ein erhöhtes Risiko für ADHS tragen. Bei einer Studie an der Yale University School of Medicine wurden schwangere Mäuse Mikrowellenstrahlung ausgesetzt (2012 [78]). Ergebnis der Studie: Die im Mutterleib exponierten Mäuse waren hyperaktiv und ihre Gedächtnisleistung wurde beeinträchtigt: Sie wiesen eine von der Expositionsdauer abhängige Beeinträchtigung der Glutamatübertragung in den Synapsen des präfrontalen Kortex auf.

Die Tatsache dass Tierstudien und epidemiologische Studien übereinstimmende Ergebnisse zeigen, muss als konsistenter Hinweis auf die Ursächlichkeit der ADHS-Problematik durch Mobilfunkstrahlung gewertet werden.

Zu erwartende Probleme bei dauerhafter Mobilfunk- bzw. WLAN-Bestrahlung

  • Befindlichkeitsstörungen durch WLAN und Co sind kein Einzelfall. Sie betreffen viele Schüler: Die Münchener Mobi-Kids-Studie [79] von 2008 ermittelte, dass 9 % der an ihr beteiligten Minderjährigen – das sind für ganz Deutschland mehr als 1 Millionen Kinder und Jugendliche – sich von Mobilfunkstrahlung beeinträchtigt fühlen. Stress, Kopfschmerzen und anderen Befindlichkeitsstörungen treten in diesem Umfang erst in den letzten 15 Jahren auf. Verschiedene Studien zeigen, dass die Zahl der von Migräne Betroffenen signifikant zugenommen hat: Eine BKK-Studie von 2016 ergab, dass 74 % der 7. Klässler über Kopfschmerzen klagen [80]. Der Barmer GEK Arztreport von 2017 (S. 157) zeigte auf, dass unter den 18 – 27-Jährigen innerhalb von 10 Jahren (2005 – 2015) regelmäßige Kopfschmerzen um 42 % auf 1,3 Mill. zugenommen haben [4].
  • Es ist daher damit zu rechnen, dass die Zahl der Schüler, die über Befindlichkeitsstörungen, vor allem über Kopfschmerzen und Migräne klagen, mit einem Anwachsen der Bestrahlungsdauer zunehmen wird.
  • Befindlichkeitsstörungen können sich bei genügend andauernder Bestrahlung langfristig zu erheblichen Gesundheitsgefährdungen weiterentwickeln bis hin zu Krebs (Gehirntumor, Leukämie). Die dramatische Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Kindern und Jugendlichen in den letzten 10 Jahren sind hierfür deutliche Hinweise.
  • Allein schon um der Kinder und Jugendlichen willen, die unmittelbar nach der Exposition mit Befindlichkeitsstörungen (Kopfschmerzen u. a.) auf Mobilfunkstrahlung reagieren, ist die flächendeckende und allumfassende Einführung von WLAN nicht zumutbar. WLAN würde diese Schüler zwangsweise benachteiligen und ihnen Lernerfolge in erheblichem Maße erschweren. Ein erhebliches Problem für die Schulen!
  • Gerade im Zuge der heutigen Umsetzung von Inklusion in den allgemeinbildenden Schulen würde mit WLAN ein weiteres Problem geschaffen, das über kurz oder lang nicht wegzudiskutieren wäre: Viele Kinder, deren Nervensystem geschädigt oder in seiner Funktion beeinträchtigt ist (Hör- und Sehbehinderte, ADHS-Kinder u. a.), würden durch WLAN-Strahlung zusätzlich belastet, mit im Moment ungeahnten Folgen.
  • Mit der Einführung von WLAN ist auch mit einer erhöhten Erkrankungsrate des Schulpersonals (Lehrerinnen, Lehrer u. a.) sowie auch mit einer zunehmenden Elektrohypersensibilität zu rechnen.

Generell gilt: Elektrosmog-Reduzierungen lassen den Krankenstand sinken, wie Erfahrungen 2008 in Paris und 2013 bei der „Allianz Handwerker Services GmbH“ sowie bei der „Mondial Assistance Deutschland GmbH“ zeigen.

www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail?newsid=891

„Weniger Elektrosmog für 750 Mitarbeiter. Vorangehen, neue Wege gehen“

so ist ein Artikel in der Zeitschrift „Wohnung + Gesundheit“, Nr. 148/2013, überschrieben. Die gesundheitsfördernde Maßnahme einer Elektrosmog-Reduzierung wurde mit großem Erfolg für annähernd 750 Büroarbeitsplätze für „Allianz Handwerker Services GmbH“ sowie „Mondial Assistance Deutschland GmbH“, auf Initiative des damaligen Vorsitzenden beider Firmen, Norbert Bierbaum-Hillejan, durchgeführt. Dies u. a. mit dem Erfolg, dass der Krankenstand von 5 % auf 3 % sank.

Foto: zedzerozero7 - pixabay.com
»

Mobilfunkstrahlung kann das Gehirn eines Kindes 1,6- bis 3,2-mal höher belasten als das eines Erwachsenen.

«
Ja, ich möchte etwas spenden!