Ein Netz für alle Anwendungen

Kein Politiker würde auf die Idee kommen, für jeden Autobauer im Land ein eigenes Straßennetz zu bauen. Kein Hausbesitzer würde es zulassen, dass jeder der vier großen Stromnetzbetreiber in Deutschland ein eigenes Stromkabel in sein Haus verlegen darf. Und keine Kommune würde es akzeptieren, dass jede x-beliebige Telefongesellschaft ihr eigenes Datenkabel in den Straßen und Wegen der Kommune vergräbt, wie und wann immer diese es fordern. Deswegen muss von den zuständigen Stellen in der Bundesregierung beim Mobilfunk ein Netz für alle Betreiber gefordert werden.

Was für alle bekannten, großen Infrastrukturbereiche Usus ist, wurde und war bis dato bei der Mobilfunkinfrastruktur außer Kraft gesetzt. Der Aufbau des Mobilfunknetzes wurde in die Hand privater Unternehmen gelegt, nach dem Prinzip: Konkurrenz belebt das Geschäft. Dieser auch weiterhin vorherrschende politische Wille zur Privatisierung von möglichst allem fand im Bereich des Mobilfunks wohl seinen Höhepunkt.

Wir werden dutzendfach bestrahlt

Aktuell senden in Deutschland mehr als ein Dutzend parallel betriebene Mobilfunknetze neben-, hinter- und aufeinander. Jeder der drei Betreiber Telekom, Vodafone, Telefonica (O2) betreibt eines der Netze GSM900 oder GSM1800, UMTS (noch bis 2021/22), seit 2011 die vierte Mobilfunkgeneration LTE und seit 2020 Stück für Stück 5G. Besonders in verdichteten Siedlungsräumen werden die jeweiligen Dienste der einzelnen Betreiber häufig auf zwei Frequenzbändern gleichzeitig angeboten (z. B. LTE800/LTE2600). Dazu kommen der digitale Behördenorganisationsfunk (BOS-Funk) mit TETRA, das Mobilfunknetz für die Bahn mit dem Standard GSM-R und WLAN-Netze. Der neue Mobilfunkbetreiber am Markt, die Drillisch AG mit der Firma 1und1, der 2019 in zwei Frequenzbändern Lizenzen für 5G erworben hat, will perspektivisch auch noch  sein eigenes physikalisches 5G-Netz aufbauen. Bis dahin hat die Drillisch AG im Februar 2021 einen Mitnutzungsvertrag mit dem Anbieter Telefonica/O2 geschlossen.

Jedes dieser Netze, jeder eigene Dienst, braucht einen Standort, braucht Infrastruktur, braucht Sender und verbraucht im Betrieb permanent Energie (ca. 2-3 kW pro Sendeanlage, ca. 300.000 Sendeanlagen, an 75.000 Standorten). Die Antennen verschandeln unsere Städte, die Masten stören unser Landschaftsbild und jedes Mobilfunknetz, jede errichtete Anlage bestrahlt ausnahmslos 24 Stunden am Tag Menschen und Umwelt mit gesundheitsschädlicher Mikrowellenstrahlung. I. d. R. erhöht jede neue Sendeanlage den Pegel der Bestrahlung – zumindest solange, wie die politischen Rahmenbedingungen hier nicht restriktiv im Sinne der Vorsorge angepackt werden.

Roaming: Auf einmal geht, was lange als unmöglich galt

"Wer mit seinem Smartphone keinen Empfang hat, darf künftig das Netz der Konkurrenten nutzen." Auf eine solche Zusammenarbeit haben sich die drei Mobilfunkanbieter im Januar 2021 nach Aussagen der Bundesnetzagentur in einer Absichtserklärung verständigt. Die freiwillige Kooperation ist eine kleine Revolution, zeigt aber auch die Handlungsunfähigkeit der Bundespolitik. Denn eigentlich kann und muss diese Vorgabe als verbindliche regulatorische Maßnahme mit der Vergabe der Mobilfunkfrequenzen gekoppelt werden, um endlich die Ausbauziele und den Vorsorgegrundsatz der europäischen Union miteinander zu verbinden.

Was wettbewerbsrechtlich im Bereich der Strom- und Gasnetze geht, ist auch im Bereich der Mobilfunkversorgung möglich!

Bild: diagnose:funk
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Die volle Dröhnung von vielen Anbietern ...

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