Wertminderung durch Sendemasten

Einfluss auf das Käuferverhalten
Eine Umfrage gibt Aufschluss über den Einfluss von Sendemasten auf das Käuferverhalten von Immobilien - die Ergebnisse werden keinen Makler kalt lassen!

In den Medien wird das Thema Gesundheitsgefährdung, die von Mobilfunksendemasten ausgeht, sehr kontrovers diskutiert. Von absolut unschädlich bis hochgradig gefährlich wird jede Meinung vertreten. Welche Ansicht die Richtige ist, lässt sich für den Laien nicht erkennen. Fakt ist aber, dass fast jeder eine Meinung dazu hat. (...) Aus Maklersicht stellt sich also konkret die Frage, ob es dem Wert von Immobilien schadet, wenn sich in unmittelbarer Nähe ein Mobilfunksendemast befindet. Die Immobilienbetreuungsgesellschaft mbH von Medinger, München, wollte auf diese Frage eine Antwort und hat deshalb unter 600 RDM-Maklern eine Umfrage dazu durchgeführt.

Betroffene Immobilien sinken im Käuferinteresse

In dem ersten Teil der Umfrage sollten die Makler angeben, ob sie die Erfahrung gemacht haben, dass Sendemasten, die in einem Umkreis von 150 m zur Immobilie stehen, verkaufshemmend wirken. Die überwältigende Mehrheit von 70 Prozent derjenigen Makler, die sich zu der Frage geäußert haben, konnte dies bejahen. Nur 15 Prozent haben keinerlei Einfluss auf die Verkaufsattraktivität feststellen können. Weitere 15 Prozent wurden mit dem Thema noch nicht konfrontiert, weil in der von ihnen bearbeiteten ländlichen Region (noch) keine Sendemasten aufgestellt wurden. Das Ergebnis spricht für sich und wird jeden Makler alarmieren. Geradezu beängstigend ist aber das Resultat des zweiten Teils der Umfrage. Hier sollten die Makler angeben, ob sie einen Wertverlust für die betroffenen Immobilien schätzen können.

Wertverlust bis zu 50 Prozent

Die Einschätzung derjenigen Makler, die bereits versucht haben, eine solche Immobilie zu verkaufen, reichen von 5 über 15, 20, 30, 40 bis hin zu 50 Prozent Wertminderung. Entscheidender Faktor ist die tatsächliche Entfernung des Sendemasts zur Immobilie. Ein Sendemast vis à vis dem Schlafzimmer des zu verkaufenden Objekts kann sich ganz schnell nicht nur verkaufshemmend, sondern als verkaufshindernd auswirken. Ein Aspekt, der mehrfach bei der Beantwortung der Frage von den Maklern erwähnt wurde, ist die Tatsache, dass oftmals bereits im Vorfeld Besichtigungen abgesagt wurden, wenn von den Kauf- aber auch von den Mietinteressenten erkannt worden war, dass sich das Gebäude in unmittelbarer Nähe einer Sendeanlage befindet. Zu einer Diskussion über eine Kaufpreissenkung oder Mietminderung kommt es in diesen Fällen gar nicht, da es sich um grundsätzliche, also zumeist gesundheitliche Bedenken handelt. Diesen Interessenten wird selbst ein 50-prozentiger Wertminderungsansatz für die jeweilige Immobilie nicht gerecht.

Prädikat: Unverkäuflich!

Aufgrund der Entwicklungen sind die Makler zurückhaltend geworden und nehmen nur noch ungern entsprechende Objekte in ihren Katalog mit auf. Der Makler S. aus W. berichtet von einem besonders abschreckendem Beispiel: In seinem Objektbestand bot er ein Gebäude in der Stadt K. an. Es hatte eine exponierte Aussichtslage und war frisch renoviert. Die Immobilie hatte aber einen entscheidenden Haken: Der Eigentümer hatte sich breit schlagen lassen, für zehn Jahre eine Sendeanlage gegen 5.000 Euro Miete im Jahr zu installieren. Makler S. versucht nun das Objekt zu verkaufen und fand dafür drei solvente Interessenten, doch alle drei lehnten explizit wegen der Sendeanlage ab. Für Makler S. ist klar: Das Objekt ist mit Sendeanlage praktisch unverkäuflich...

„Ich fühle mich entschädigungslos enteignet.“

Aber nicht nur die Makler leiden unter der Situation, sondern vor allem auch die Eigentümer. Ein betroffener Eigentümer berichtet, dass er seine Immobilie schnell verkaufen wollte, als in 100 Meter Entfernung ein Sendemast angebracht wurde. Der beauftragte Makler musste ihm mitteilen, dass das Objekt aufgrund der Basisstation mit ca. 1/3 wertmindernd anzusetzen sei. Dadurch wurde der Verkauf und der anschließende Neukauf für den Eigentümer finanziell unmöglich. Er erklärte, dass er sich vom Anlagenbetreiber entschädigungslos enteignet fühlt.

Denkt man an diesem Fall noch etwas weiter und rechnet am Beispiel München hoch, dass sich ca. 20 Häuser in der näheren Nachbarschaft von einer Sendeanlage befinden und unterstellt man, das diese Häuser eine durchschnittliche Wohnfläche von 1.600 qm haben, dann erleiden konsequenterweise ca. 32.000 qm Wohnfläche pro Sendeanlage eine Wertminderung. Rechnet man das auf 1.200 Sendeanlagen hoch, die in München aufgestellt werden sollen (700 davon sind bereits installiert), ergäbe das eine Wertminderung für 38,5 Millionen Quadratmeter Fläche allein in München. Nimmt man nur eine Wertminderung von 500 Euro/qm an, berechnet sich ein Schaden am Privatvermögen in Höhe von ca. 19 Milliarden Euro.

Fazit

Für Makler kann das nur heißen, dass Vorsicht geboten ist, denn Topimmobilien können durch die unmittelbare Nähe einer Sendeanlage zur Karteileiche werden. Seriöse Makler sind im Zuge ihrer Treuepflichten dazu verpflichtet, ihren Auftraggeber, aber auch den Interessenten, auf die bestehende Problematik aufmerksam zu machen.

Artikel veröffentlicht:
15.04.2006
Autor:
Ronja Sebode
Quelle:
Immobilien, Wirtschaft und Recht, Nr. 6, S. 60/61, 2002

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