Vorbild Frankreich

Franz. Parlament verabschiedet Gesetz

Vorsorgepolitik: Schutz vor Mobilfunkstrahlung
Am Donnerstag, 29. Januar 2015, verabschiedete die Mehrheit der Abgeordneten des französischen Parlaments das Gesetz zur Eingrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber Mikrowellenstrahlung, wie sie durch kabellose Techniken verursacht wird.

Das Gesetz enthält folgende Neuerungen:

1. Jährlich einmal muss eine Liste aller Orte vorgelegt werden, bei denen die Strahlungswerte ein Mittelmaß übersteigen. Die Operatoren sind verpflichtet dieses Übermaß abzustellen, sofern das technisch möglich ist.
2. Das Installieren von WiFi Antennen ist anmeldepflichtig. Die lokalen Behörden können diese Informationen an die Öffentlichkeit weitergeben, müssen aber nicht.
3. WLAN (WiFi) Verbot in Kinderkrippen. In Grundschulen darf WLAN nur in Betrieb sein, wenn der Unterricht es erfordert.
4. Die Regierung muss innerhalb eines Jahres einen Bericht über die Situation der Elektrosensiblen vorlegen.

Am Donnerstag, 29. Januar 2015, verabschiedete die Mehrheit der Abgeordneten des französischen Parlaments das Gesetz zur Eingrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber Mikrowellenstrahlung, wie sie durch kabellose Techniken verursacht wird. In den letzten zwei Jahren gab es bereits mehrere – bislang vergebliche – Anläufe.

Ein Kompromiss - aber ein Einstieg in eine Vorsorgepolitik

In Frankreich (und vielleicht auch in ganz Europa) stellt dieses Gesetz den ersten Schritt hin zu einer Vorsorgepolitik im Hinblick auf die von der Mikrowellenfunktechnik ausgehenden Gesundheitsgefahren dar. Der Gesetzentwurf, der von einer Abgeordneten der französischen Grünen, Laurence Abeille, vorgeschlagen wurde, durchlief einen wahren Hindernislauf. Dabei wurde er aufgrund von Einflüssen der Lobbyverbände auch beträchtlich abgeschwächt, um überhaupt eine Chance zu haben, verabschiedet zu werden. Trotz mehrerer, wesentlicher Abstriche gegenüber dem ursprünglichen Entwurf, haben sich die französischen Grünen dafür entschieden, zur Abstimmung für dieses Gesetz aufzurufen, um eine erneute Übermittlung an den Senat zu verhindern, was neben einer weiteren Verzögerung wohl zu weiteren Abschwächungen des Inhalts geführt hätte.

Das Gesetz sieht nun keine Senkung der Grenzwerte mehr vor. Das Gesetz ist im Hinblick auf „Enthaltsamkeit, Transparenz, Information und Rücksprachen“ bezüglich der Exposition gegenüber elektromagnetischen Wellen ein Kompromiss mit den Mobilfunkbetreibern, die gegen jegliche gesetzliche Einschränkung sind. Laurence Abeille gesteht ein: „Der vorliegende Gesetzestext wird nicht allen Herausforderungen vollständig gerecht. Dennoch stellt er einen wesentlichen ersten Schritt dar.“

Verpflichtende Messungen

Die wichtigste Neuheit ist die Einführung eines Prinzips der „Mäßigung“ bei der Exposition der Öffentlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern. Auch wenn es vielleicht löblich erscheint, ist dieses Prinzip dennoch vage und stellt keine verbindliche Festlegung dar. Es steht somit nicht mehr zur Disposition, die geltenden Expositionsgrenzwerte zu senken, die je nach verwendeten Frequenzen zwischen 41 und 61 Volt pro Meter (4.458.886 Mikrowatt und 9.870.027 Mikrowatt pro Quadratmeter) liegen. In der ursprünglichen Gesetzesvorlage war vorgesehen, sie „so weit zu senken, wie vernünftigerweise möglich“ wäre, das hieße auf 0,6 Volt pro Meter (955 Mikrowatt pro Quadratmeter).

Dennoch muss nach diesem Gesetz die „Agence Nationale des Fréquences“ (AFNR; Behörde, die zuständig für die Vergabe von Frequenzen und die Überwachung und Koordination des Netzausbaus des Mobilfunks ist) jedes Jahr eine nationale Erhebung von „atypischen Stellen“ vornehmen. Das heißt „Stellen, an denen das Expositionsniveau für die Öffentlichkeit deutlich das Niveau übersteigt, das allgemein auf landesweiter Ebene festgestellt wird.“ Die Betreiber müssen diese Situation innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten korrigieren, „unter Vorbehalt der technischen Machbarkeit“.

Die durchschnittliche Exposition in Frankreich beträgt laut Angaben des Artikels in Le Monde 1 Volt pro Meter (2653 Mikrowatt pro Quadratmeter). Eine Studie des "Eingesetzten Ausschusses zu Mobilfunkwellen (Comité opérationnel sur les ondes de téléphonie mobile = Copic). Dieser Ausschuss wurde nach einem Gipfel zwischen französischer Regierung, Mobilfunkbetreibern und Umweltinitiativen 2009 gebildet , mit dem Ziel objektiver Messungsrichtlinien, der Information der Öffentlichkeit, der Mediziner und Politiker sowie die Ausarbeitung von Bedingungen für eine unabhängige Forschung. Er sollte auch Konflikte zwischen Anwohnern von Mobilfunkantennen und Mobilfunkbetreibern durch Absprachen schlichten. Messungen, die in 16 repräsentativen Kommunen Frankreichs durchgeführt und 2013 veröffentlicht wurden, stellten bestimmte Expositionsspitzen von bis zu 10 Volt pro Meter (265.252 Mikrowatt pro Quadratmeter) bei maximaler Sendeleistung der Antennen fest. In 90 % der Fälle blieben die Expositionsintensitäten aber unter 0,7 V/m (1300 Mikrowatt pro Quadratmeter). Die AFNR betrachtet bislang Orte mit einer Exposition über 6 Volt pro Meter (9.5491 Mikrowatt pro Quadratmeter) als atypisch.

Im Hinblick auf die Transparenz müssen nach diesem Gesetz die Bürgermeister und die Vorsitzenden der überkommunalen Verwaltungsgremien im Voraus informiert werden. Diese können ihrerseits – ohne dazu verpflichtet zu sein – Rücksprache mit den Anwohnern halten. Darüber hinaus soll eine Kampagne zur Sensibilisierung und Information hinsichtlich der vernünftigen und angemessenen Nutzung mobiler Endgeräte durchgeführt werden.

WLAN - Verbot in Kinderkrippen

WLAN soll in Kindergärten, in denen Kinder unter 3 Jahren betreut werden, verboten werden. Im Gegensatz zum ursprünglichen Gesetzesvorschlag der Grünen soll WLAN in Grundschulen weiterhin erlaubt sein. Es muss aber außerhalb der unterrichtlichen Nutzung deaktiviert werden.

Elektrohypersensibilität

Die oft dramatische Situation der von elektrischer Hypersensibilität betroffenen Menschen wird zum ersten Mal Beachtung finden. Die Regierung muss dem Parlament zu dieser Frage innerhalb eines Jahres einen Bericht vorlegen.

Dieses Gesetz erkennt erstmalig die Notwendigkeit der Regulierung der Entwicklung des Mobilfunks und kabelloser Anwendungen allgemein an, und zwar im Hinblick auf die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf Umwelt und Gesundheit. Viele Initiativen in Frankreich sehen dieses Gesetz als ersten Schritt an.

Dieses Gesetz fällt auch in eine Zeit, in der die mobile Kommunikation und die damit einhergehende Exposition gegenüber elektromagnetischen Wellen dramatisch zunehmen. Bedingt durch den Ausbau der LTE-Netze hat sich laut eines Berichts des ANFR vom 01.01.2015 innerhalb eines Jahres die Zahl der dafür bewilligten Mobilfunkantennen in Frankreich von 12.525 auf 18.699 erhöht. Davon sind mittlerweile 15.424 in Betrieb.

Neben der IARC der WHO hat in 2013 auch die Staatliche französische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz (ANSES = Agence nationale de sécurité sanitaire de l'alimentation, de l'environnement et du travail) empfohlen, „die Exposition der Bevölkerung gegenüber Hochfrequenzfeldern zu begrenzen, insbesondere von Handys, und zwar besonders bei Kindern und intensiven Nutzern“. Die Behörde befürwortete auch, „die allgemeine Exposition, die von Mobilfunkmasten ausgeht, einzudämmen“.
 

Artikel veröffentlicht:
13.02.2015
Autor:
Diverse französische Quellen. Dt. Übersetzung durch Diagnose-Funk
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