BfS empfiehlt Vorsorgemaßnahmen...

... drückt sich aber vor einer Grenzwerte-Verschärfung
Beim Transport der elektrischen Energie treten immer elektrische und magnetische Felder in der Umgebung der Übertragungsleitungen auf. Transformatoren und elektrische Geräte sind ebenfalls davon umgeben.
Kein gesetzlich geregelter Mindestabstand von Stromtrassen zur Bebauung: ein Albtraum ... Foto: diagnose:funk

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat eine Informationsschrift veröffentlicht in der u.a. auf folgende Vorsorgemassnahmen hingewiesen wird:

BfS empfiehlt Vorsorgemaßnahmen

"Angesichts der weiterhin bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten über mögliche gesundheitliche Auswirkungen dauerhaft einwirkender schwacher niederfrequenter Felder werden Vorsorgemaßnahmen empfohlen:

  • Die niederfrequenten Felder, denen die Bevölkerung ausgesetzt ist, sollten so gering wie möglich sein.
  • Die Bevölkerung soll über bekannte und vermutete Wirkungen der Felder und über die Feldintensitäten der relevanten Feldquellen wie z. B. Hochspannungsleitungen oder elektrische Geräte informiert werden.
  • Die Forschung zur Klärung der wissenschaftlichen Fragen muss fortgeführt werden.
  • Nicht immer ist eine Bebauung in der Nähe von Hochspannungsleitungen vermeidbar. Es müssen jedoch Mindestabstände eingehalten werden.
  • Eine Verringerung der Belastung der Bevölkerung lässt sich durch verschiedene Maßnahmen erreichen, für die sowohl Behörden als auch Bauherren und Gerätehersteller, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sind:
  • Bei der Planung und Genehmigung von Gebäuden – insbesondere von Kindergärten, Schulen und Wohnungen – sollte auf einen ausreichenden Abstand zu Hochspannungsleitungen und anderen Großanlagen der Stromversorgung geachtet werden.
  • Durch die geeignete Wahl der Phasenbelegung in Hochspannungsleitungen kann die Belastung wesentlich verringert werden, da Feldanteile sich gegenseitig auslöschen. Kabelschächte sollten so geplant werden, dass sie nicht an Schlaf- und Kinderzimmerwänden verlaufen.
  • Gerätehersteller und Anlagenbauer können durch ein entsprechendes technisches Design möglichst niedrige Feldstärken in der Umgebung der Geräte und Anlagen erreichen.
  • Jeder kann durch zwei einfache Regeln eine Verringerung der Feldeinwirkungen erreichen:
    - Möglichst großen Abstand zu den Feldquellen einhalten,
    - die Dauer der Einwirkung so gering wie möglich halten.

Im Zweifelsfall: Messen lassen
Anhand von Messungen kann man überprüfen, wie hoch die Feldstärken tatsächlich sind bzw. wie weit die Grenzwerte unterschritten werden. Messungen in Haushalten führt das BfS nicht durch. Hochschulinstitute, der TÜV, Umweltämter der Länder und Gemeinden sowie anerkannte Sachverständige sind dafür die richtigen Ansprechpartner.

Einfluss der Felder auf Herzschrittmacher
Elektrische und magnetische Felder beeinflussen elektronische Implantate wie Herzschrittmacher und Insulinpumpen. Bei Herzschrittmachern älterer Bauart kann das bereits bei Feldstärken ab 2,5 kV/m bzw. 20 µT der Fall sein. Betroffene sollten daher höhere Felder meiden und im Zweifelsfall ihren Arzt fragen.

Bewertung epidemiologischer Studien

Seit 1979 wird in epidemiologischen Studien ein möglicher Zusammenhang zwischen niederfrequenten Feldern geringer Intensität und Krebserkrankungen untersucht.
Bei Erwachsenen gibt es derzeit keinen Nachweis dafür, dass bei langandauernder Einwirkung niederfrequenter Felder ein erhöhtes Risiko besteht, an Krebs zu erkranken.

Anders stellt sich die Situation in Bezug auf die Leukämieerkrankung bei Kindern dar. Bei Kindern, die über längere Zeit Magnetfeldern ausgesetzt waren, die deutlich unter dem Grenzwert lagen, wurde in einigen epidemiologischen Studien ein geringfügig aber signifikant erhöhtes Risiko gefunden, an Leukämie zu erkranken. Dabei scheint die nächtliche Einwirkung eine besondere Rolle zu spielen."

Strommast Foto: diagnose:funk

Kennen Schweizer Behörden eine andere Wissenschaft?

Während die deutsche Strahlenschutzbehörde nur unverbindliche Empfehlungen herausgibt, wurde in der Schweiz gehandelt. Der einklagbare Schutzstandard liegt bei einem Hunderstel des ursprünglichen Grenzwertes. In Deutschland hingegen wurde der Grenzwert verdoppelt.

 

Grenzwerte der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV)

"Die Schweiz verfügt im Bereich der nichtionisierenden Strahlung über zwei Arten von Grenzwerten:

  • Immissionsgrenzwerte schützen die Bevölkerung vor den wissenschaftlich anerkannten, akuten Auswirkungen starker elektrischer und magnetischer Felder. Sie betragen für Felder der öffentlichen Stromversorgung 5.000 Volt pro Meter für das elektrische Feld und 100 Mikrotesla (100.000 nT) für die magnetische Flussdichte.
  • Da über Langzeitwirkungen und weitere biologische Auswirkungen niederfrequenter Magnetfelder Ungewissheit besteht, hat der Bundesrat 1999 beim Erlass der NISV im Sinne der Vorsorge zusätzlich strengere Grenzwerte für diejenigen Orte festgelegt, an denen sich Menschen lange Zeit aufhalten.

Diese so genannten Anlagegrenzwerte stützen sich nicht auf konkrete wissenschaftliche Resultate oder Verdachte, sondern orientieren sich gemäss der Vorgabe des Umweltschutzgesetzes an den technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, um die Langzeitbelastung niedrig zu halten. Der Anlagegrenzwert für die magnetische Flussdichte beträgt für Anlagen der öffentlichen Stromversorgung 1 Mikrotesla (1.000 nT), bei voller Auslastung. Da die volle Auslastung bei den meisten Anlagen nur selten erreicht wird, ist nur ein sehr kleiner Prozentsatz der Bevölkerung auf Dauer den möglicherweise risikobehafteten Magnetfeldbelastungen über 0.4 Mikrotesla (400 nT) ausgesetzt." 

Text: Bundesamt für Umwelt – Schweiz, http://www.umwelt-schweiz.ch

Hochspannung Lebensgefahr! Foto: diagnose:funk

Anm. diagnose:funk Okt.2015:

Hierzulande hat die Bundesregierung zuletzt 2013 auf Empfehlung des BfS/der SSK (Strahlenschutzkommission) den Immissionsgrenzwert von 100 Mikrotesla (100.000 nT) auf 200 Mikrotesla (200.000 nT) erhöht und - entgegen dem unabhängigen Expertenrat - die Einführung von Vorsorgewerten verweigert, bzw. die alten Grenzwerte jetzt als Vorsorgewerte deklariert.*

 

Die Maßnahme ist vor allem als ein Signal an die Öffentlichkeit zu verstehen, den aktuellen Netzausbau in Deutschland nicht mit ´unnötigen Debatten über nicht bewiesene Gesundheitsgefahren` bei Magnetfeldbelastungen durch Hochspannungsleitungen, zu stören.

* Bonn, 21.11.2012, Frau Dr. Keller vom BMU: „Maßgebend für uns ist die Empfehlung der ICNIRP (200 μT). 100 μT ist der Grenzwerte für die Übertragungs- und Verteilnetze. Dann gibt es ja auch noch im Haus die elektrischen Versorgungsleitungen, die ganzen Haushaltgeräte die auch noch einen Beitrag zur Gesamtbelastung bringen. Wir sorgen vor, dass der Grenzwert 200 μT nicht voll ausgeschöpft wird.“

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Wolfgang Thierse, BT-Präsident a.D.Quelle: bundestag.de
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Im Zweifelsfall messen lassen … Bild: diagnose:funk
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Die Bewertung der wissenschaftlichen Datenlage in staatlichen Kommissionen und Behörden ist ein politisches Geschäft und keine Wissenschaft.

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Dipl.-Ing. Jörn Gutbier
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Unterhalb der Grenzwerte gibt es Hinweise darauf, dass niederfrequente magnetische Felder möglicherweise Leukämie bei Kindern hervorrufen können.

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Aussage des Bundesamt für Strahlenschutz. Aus dem Artikel "Wie Hochspannungsleitungen die Gesundheit gefährden" in der WAZ.de am 21.04.2012.
Titelblatt BAFU-Studie 2010Quelle: bafu.admin.ch
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Die WHO kam 2007 zur Einschätzung, dass durch Strom erzeugte, niederfrequente Magnetfelder möglicherweise Krebs erregen können. Diese Beurteilung wird durch neue, wissenschaftliche Ergebnisse bestätigt, die in einem Bericht zusammengefasst sind, den das Bundesamt für Umwelt BAFU am 19. Januar 2010 veröffentlicht hat.

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Bundesamt für Umwelt – Schweiz, Bern, 19.01.2010
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