Mobilfunk: 5G-Technik und Netzstruktur

Frequenzen & Ausbauziele

Dr. Martin Virnich und Dr. Dietrich Moldan haben am 26.06.2020 in einer Rundmail erläutert was es mit Meldung der Telekom vom 25.06.2020 auf sich hat:

  • "Telekom 5G-Boost: 5G für über 16 Millionen Menschen in Deutschland / Telekom hat über 12.000 Antennen für 5G im Live-Betrieb" zur Meldung >>>

"War 5G bisher in der Presse - positiv wie negativ -, so ging es fast immer um die highspeedigste Variante im Frequenzbereich 3,6 GHz mit Massive MIMO und aktivem Beamforming. Und wenn vom 5G-Rollout die Rede war, so hat man den automatisch für diese Variante erwartet. Nun hat die Telekom aber alle von hinten kalt erwischt!

Schaut man sich die verlinkte Webseite an, so wird sofort klar, dass es sich eben nicht um 5G im Bereich 3,6 GHz handelt, sondern im UMTS-Frequenzbereich (bisher 3G). Hier war es auch im Vergleich zu 3,6 GHz, wo erst die neuen Antennen installiert werden müss(t)en, viel einfacher, 12.000 schon vorhandene und in Betrieb befindliche UMTS-Antennen kurzerhand für 5G zu nutzen. Da bleiben dann die Antennen wo und wie sie sind, und es wird bei älteren Anlagen nur die elektronische Systemtechnik von 3G gegen die von 5G getauscht. Bei neueren Anlagen braucht nicht einmal die Hardware getauscht zu werden, sondern es wird einfach eine neue Software aufgespielt (SDR - Software Defined Radio). So bekommt man natürlich auch in kürzester Zeit 12.000 Basisstationen umgestellt.

Dann hat man auch 5G, aber nicht mit den extrem großen Bandbreiten von 50, 70 oder 90 MHz, sondern eher im „LTE-Format“ um 10, 15 oder 20 MHz und vor allem: Ohne Massive MIMO und ohne aktives Beamforming.

Der Sektoren werden also ganz konventionell „ausgeleuchtet“, wie man es von GSM, UMTS und LTE her kennt; es gibt keinen sich bewegenden oder „irrlichternden“ stark fokussierten Beam.

Sieht man einmal von den Ballungszentren und Großstädten ab, in denen tatsächlich an einzelnen Standorten 5G NR im Bereich 3,6 GHz installiert ist, so ist die Wahrscheinlichkeit in der Fläche und in den Nicht-Großstädten auf 5G-Signale zu stoßen, im Frequenzbereich unter 3 GHz jetzt viel größer."

Vier leicht verständliche Videos der Firma NARDA (Messgerätehersteller) zur 5G-Technik, Beamforming, Massiv MIMO und (werbend für seine) Messtechnik - je 3 - 8 Min. vom 10.07.19

https://www.youtube.com/watch?v=xrYSXS_-urQ

https://www.youtube.com/watch?v=Iwc0F4uD3YU

https://www.youtube.com/watch?v=Y4SBj8rL1R8

https://www.youtube.com/watch?v=e-NY_czqDZQ

Juli 2019: Im Mobilfunk werden hochfrequente elektromagnetische Felder für die drahtlose Übertragung von Daten genutzt. Hertz (Hz) ist die Maßeinheit für die Frequenz und gibt die Zahl der Schwingungen der elektromagnetischen Wellen pro Sekunde an.

Bis Dato (Anfang 2019) werden für den kommerziellen Mobilfunk Frequenzen zwischen 800 MHz und 2.600 MHz (0,8 bis 2.6 GHz) genutzt.

Für das Funknetz der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS: Polizei, Feuerwehr, Grenzschutz) werden Frequenzen um 400 MHz genutzt. Der Systemstandard ist hier das völlig veraltete (und praktisch untaugliche) TETRA-System aus den 90er Jahren, welches auf GSM (2G) aufbaut.

  • Anm. am Rande: Dieser "Schrott" wird zur Zeit immer noch auf- und ausgebaut, obwohl alle Beteiligten wissen, dass nur neuere Systeme wie z.B. LTE die wichtigen Anforderungen der Sicherheitsorgane tatsächlich erfüllen können. Die Gesamtkosten für den TETRA-Ausbau lagen gem. letzter uns vorliegender Meldung von 2015 bereits bei mehr als 12 Mrd. Euro, obwohl es dem Staat 2003 für eine Summe von 3,5 Mrd. Euro für den Vollausbau "verkauft" wurde. Hier gäbe es noch viel zu erzählen und zu recherchieren - es will nur niemand wissen...
The EMF Call Quelle: emfcall.org

5G-Frequenzversteigerung

Ab 2020 soll 5G, die fünfte Generation Mobilfunk auf den Markt kommen. Dafür wurden am 12. Juli 2019 zunächst die Frequenzbänder 3,4 bis 3,7 GHz durch die Bundesnetzagentur (BNA) versteigert. Ein viertes Band bis 3,8 GHz ist für den lokalen Gebrauch in Fabriken und Forschungszentren reserviert. Desweiteren soll 26 GHz-Bänder (22 bis 26 GHz sog. Millimeterwellen mit Wellenlängen um 12 mm) ab 2022 für lokale Nutzungen von der BNA durch Versteigerung bereit gestellt werden.

Die Frequenzen zwischen 694 und 790 MHz (ursprünglich analoges Fernsehen) wurde mit Pressemitteilung der BNA vom 04.07.2019 den Mobilfunkbetreibern zur Nutzung freigegeben. Hier sollen vorrangig 5G-Dienste für den ländlichen Raum zur Anwendung kommen. Ebenfalls werden Frequenzen bei 2 GHz (bisher UMTS/3G/WCDMA) zukünftig neben LTE- auch für 5G-Anwendungen genutzt werden.

UMTS (3G/WCDMA ist seit dem Jahr 2001 in Anwendung) und soll im Laufe von 2020/21 von den Betreibern abgeschaltet werden. 4G oder 5G wird diese Ersetzen. Nicht wenige Endgerätenutzer werden von dieser Umstellung betroffen sein.
 

Frequenzversteigerung in Deutschland am 12. Juni 2019 beendet

420 MHz Bandbreite wurden für 6.549.651.000 € versteigert. Ersteigert wurde von:

  • Drillisch Netz AG
    2 GHz 2 x 20 MHz: 334.997.000 € | 3,6 GHz 50 MHz: 735.190.000 €
  • Telefónica Deutschland GmbH & Co. OHG
    2 GHz 2 x 20 MHz: 381.104.000 € | 3,6 GHz 70 MHz: 1.043.728.000 €
  • Telekom Deutschland GmbH
    2 GHz 2 x 40 MHz: 851.520.000 € | 3,6 GHz 90 MHz: 1.323.423.000 €
  • Vodafone GmbH
    2 GHz 2 x 40 MHz: 806.501.000 € | 3,6 GHz 90 MHz: 1.073.188.000 €

Die gegen die Versteigerungsauflagen der BNA von den Mobilfunkbetreibern eingereichten Klagen, stehen zur Behandlung noch aus.

In der Schweiz wurden am 07. Februar 2019 die neuen Frequenzbänder im 700 MHz- und 3.5 GHz-Band für (nur) 379 Millionen Schweizer Franken versteigert. Wie machen es andere Länder? >>>

Bandbreite

Je breiter das genutzte Frequenzband, umso mehr Daten können pro Zeiteinheit übertragen werden. Für LTE (4G) sind i.d.R. Kanal-Bandbreiten bis 20 MHz in Gebrauch. Die 5G-Technik will dagegen Bandbreiten bis 100 MHz nutzen. 100 MHz Bandbreite wird es bei den gerade ersteigerten 3,6 GHz Frequenzen aber noch nicht geben, da die zusammenhängenden Frequenzblöcke nur 90 MHz breit sind. Die Pläne zur Anwendung ganz großen Bandbreiten bleibt soweit erstmal den noch zu versteigernden Millimeterfrequenzen vorbehalten.

Beamforming-Antenne Quelle: Ericsson - gigaherz.ch

Antennentechnik und Sicherheitsabstand

Für die neue Art von Beamforming-Antennen - mit z.B. 64 ansprechbaren Übertragungskanälen in einer Sektorantenne - existieren bisher (Mai 2019) noch keine Vorschriften wie die Immissionen dieser Antennen überprüft werden sollen. Praktikable Messverfahren sind aber bereits in Diskussion.

Die neuen Antennen können über die zweidimensionale Anordnung der eingebauten Elementarantennen (z.B. 8 x 8) über eine elektronische Steuerung einen relativ engen Hauptstrahl (Beam) formen. Über Phasen- und Aplitudensteuerung der Elementarantennen ist es zudem möglich, dass der Hauptstrahl dem Nutzer/Endgerät folgen kann. Typische Schwenkbereiche liegen horizontal zwischen -60° bis +60° und vertikal zwischen -20° bis +20°.

Mehrere "Beams" können zeitgleich erzeugt werden. Die Gesamtleistung der Antenne (z.B. 140 W Eingangsleistung) und auch der Antennengewinn (z.B. 24 dBi Fokussierungseffekt) von 5G Beamformingantennen ist höher als bei den aktuell benutzten Multiband-Sektorantennen.

Daraus ergibt sich ein höherer Sicherheitsabstand (nach BNA-Berechnungsverfahren). In einen Antennenvergleich zwischen einer LTE 1800 MHz Multiband-Sektorantenne und einer 5G 3500 MHz Beamforming-Antenne, ergibt sich eine:

  • Verdoppeltung des vertikalen Sicherheitsabstands (2,4 m zu 5,9 m).
  • Faktor 2,4 im horizontalen Sicherheitsabstand (8,9 m zu 21,3 m).
Grenzwerte für Millimeterwellen Bild: ICNIRP - icnirp.org

ICNIRP-Kartell will Grenzwerte für Millimeterwellen (evt.) nach oben anpassen

In diesem Jahr sollen neue Grenzwertvorschläge durch das Industriekartell ICNIRP verabschiedet werden. Für die Frequenzen oberhalb von 6 GHz - zur Zeit noch nicht in Anwendung im kommerziellen Mobilfunk - werden, nach Angaben von Gigaherz-Schweiz für die Öffentlichkeit 90 V/m vorgeschlagen, für den Arbeitsplatz 200 V/m.

90V/m = 21,5 W/m² = 21.500.000 µW/m²

Dariusz Leszczynski hat hierzu noch mal bei Dr. Eric van Rongen (aktuell Vorsitzender der ICNIRP) nachgefragt, nachdem THE TELEGRAPH am 3. März 2019 ein Interview mit ihm veröffentlich hatte in dem eine Erhöhung der Grenzwerte angesprochen wurde. Die Nachfragen und Antworten sind (in Englisch) nachzulesen auf BRHP >>>

Kongress in Finnland 2019 Bild: 6gsummit.com

Während die 5G Debatte auf vollen Touren in Deutschland und anderswo läuft, fand in Finnland bereits der erste Kongress zum Thema 6G statt. Hierbei ging es am 26. März 2019 u.a. um die zukünftige Nutzung des Frequenzspektrums von 95 Gigahertz (GHz) bis 3 Terahertz (THz).

FCC Opens Spectrum Horizons for New Services & Technologies

Ein Bericht vom 22.07.2019 in der Computerwoche >>>

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Telekom

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UMTS wird abgeschaltet - GSM läuft weiterhin

Bis auf weiteres halten alle drei Betreiber an dem weitgehend flächendeckend vorhandenen alten GSM-Standard fest.

UMTS hingegen wird zwischen 2020 und 2021 abgeschaltet. Die UMTS-Frequenzen bei 2.100 MHZ werden dann für LTE und für 5G genutzt. CHIP-Artikel 9.7.2019 >>>.

Frequenzbereiche können frei genutzt werden

Seit 2015 werden von der BNA nur noch Frequenzblöcke an die Mobilfunkbetreiber vergeben. Was diese mit dem jeweiligen Frequenzbereich anstellen, bleibt den Anbietern überlassen. Es wird hier sowohl LTE (4G) als auch ab 2019 5G zum Einsatz kommen.

Die UMTS-Technik (3G) aus Anfang der 2000er Jahre wird Stück für Stück durch LTE ersetzt werden.

Die alte GSM-Technik (2G) aus den 90er Jahren wird noch länger in Anwendung bleiben, wenn auch nur mit einem Rumpfnetz, aber weiterhin flächendeckend.

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