Das ist das Resultat einer Umfrage der Haftpflichtanwälte Martin Hablützel und David Husmann. Im Auftrag des Beobachters forderten sie die Netzbetreiber sowie Handyhersteller wie Motorola, Apple oder Samsung per Brief auf, einen Verjährungsverzicht abzugeben – also darauf zu verzichten, sich bei allfälligen Schadenersatzklagen wegen Handystrahlen später einmal hinter der Verjährung zu verstecken.
Kein einziger Hersteller hat geantwortet. Und die Netzbetreiber Swisscom, Sunrise und Orange wollen keinen Verjährungsverzicht abgeben – obwohl sie stets betonen, Handystrahlen seien unbedenklich. Sie hielten ja gesetzliche Bestimmungen und Grenzwerte ein, begründen die Unternehmen unisono ihre Weigerung.
Für Nutzer gäbe es also auch dann keinen Schadenersatz, wenn in 20 oder 30 Jahren unbestritten wäre, dass Handystrahlen bei intensivem Telefongebrauch schädlich sind. «Offenbar sind sich die Mobilfunkanbieter doch nicht so sicher, wie unschädlich mobiles Telefonieren ist», kommentiert Rechtsanwalt Hablützel die Antworten.
Warnendes Beispiel Asbest
Dass Unternehmen für Spätschäden nicht einstehen müssen, ist die Konsequenz der heutigen Rechtslage: Die Unternehmen haften nicht mehr, wenn nach dem schädigenden Ereignis mehr als zehn Jahre verstrichen sind. Schadenersatzansprüche können also verjähren, bevor der Schaden überhaupt eingetreten ist.
Das müssen derzeit Arbeiter und Anwohner erleben, die vor den 1980er Jahren mit Asbest in Kontakt kamen und heute an jenem Lungenkrebs erkrankt sind, der nur durch Asbest hervorgerufen wird. Schadenersatzklagen wurden bisher von den Gerichten wegen Verjährung abgewiesen.
Zwar will der Bundesrat die Verjährungsfristen auf 30 Jahre verlängern. Doch auch das reicht nicht immer, wie die Asbestfälle zeigen. «Und denken Sie nur an die unerforschten Langzeitrisiken von Nano- und Gentechnologie», sagt Jurist Hablützel. Deutschland und Österreich sind da besser gerüstet: Dort beginnt die Verjährung erst zu laufen, wenn der Schaden bemerkt wird.