Auf dem 129. Deutschen Ärztetag wurden zwei Beschlüsse gefasst, die von digitalen Bildschirmmedien freie Schulen fordern. Nur noch ein pädagogisch geplanter Einsatz soll erlaubt sein! Es kann als Bekräftigung dieses Beschlusses aufgefasst werden, dass im Deutschen Ärzteblatt 16/2025 die Studie „Medienkonsum im Vorschulalter. Risiko von Autismus und Entwicklungsstörungen“ von Kamp-Becker / Poutska veröffentlicht wurde. Diese Übersichtsarbeit (Review) kommt zu dem Schluss, dass ein „Medienkonsum im Vorschulalter mit Defiziten im Bereich der Sprache und Kognition assoziiert“ ist. Der Artikel ist insbesondere für die Praxis von Erzieherinnen und Erziehern bedeutend.
Zu viel Bildschirm, zu wenig Miteinander – Was Erzieherinnen und Erzieher über Medienkonsum im Vorschulalter wissen sollten
Die Übersichtsarbeit von Kamp-Becker und Poustka zeigt deutlich: Früher Medienkonsum kann die Entwicklung von Kindern nachhaltig beeinträchtigen. Die Autorinnen fassen die Ergebnisse von 43 internationalen Studien zusammen und kommen zu einem klaren Ergebnis:
- „Im Kontext mit weiteren Risikofaktoren ist ein erhöhter Medienkonsum bei jungen Kindern mit einer abweichenden oder verzögerten Entwicklung assoziiert.“
Das betrifft vor allem Sprache, kognitive Fähigkeiten und das Sozialverhalten. Kinder, die täglich mehr als drei Stunden vor dem Bildschirm verbringen, haben laut der Studie ein deutlich erhöhtes Risiko für Sprach- und Entwicklungsstörungen, emotionale Probleme wie Ängste oder Depressionen sowie Verhaltensauffälligkeiten wie Hyperaktivität (ADHS) oder Aggression. Besonders alarmierend: Auch Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung und Computerspielsucht können die Folge eines frühen Konsums digitaler Medien sein. Einige Kernaussagen der Studie:
- „Die Studienergebnisse zeigten übereinstimmend, dass ein Medienkonsum im Vorschulalter mit Defiziten im Bereich der Sprache und Kognition assoziiert war … und einen Risikofaktor für die Entwicklung von emotionalen, Verhaltens- sowie Entwicklungsstörungen darstellte.
- Auch Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung wurden im Zusammenhang mit einem erhöhten Medienkonsum gefunden. Allerdings standen die untersuchten Effekte stets in Zusammenhang mit vielen weiteren Risikofaktoren für die psychische Gesundheit wie beispielsweise sozioökonomischer Status, psychische Störungen in der Familie oder elterlicher Stress, die diese Effekte direkt oder indirekt vermittelten.
- Eine Reduktion des Medienkonsums und eine gleichzeitige Erhöhung konstruktiver Interaktionen zwischen Eltern und ihren Kindern verminderte in Interventionsstudien die Symptomatik.
- Bei Vorliegen von Risikofaktoren ist es daher notwendig, Eltern aufzuklären und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um langfristig eine ungestörte Entwicklung von Kindern zu fördern.
- Die Nutzung von Online-Spielen im Vorschulalter (geht) mit einem erhöhten Risiko für Computerspielsucht in der Adoleszenz einher.
- Je später der Medienkonsum beginnt, desto besser die sprachlichen Fertigkeiten und desto geringer die Ausprägung der emotionalen und Verhaltensprobleme.“
Die ausgewerteten Daten sprechen eine deutliche Sprache: Je früher und je länger Kinder Medien konsumieren, desto größer sind die Risiken. Ein früher Start – etwa schon vor dem zweiten Geburtstag – geht oft mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten und mehr Verhaltensproblemen einher. Hinzu kommt, dass unbegleiteter Konsum und nicht kindgerechte Inhalte die negativen Effekte verstärken. Aber: „Das Ausmaß der Entwicklungsstörungen kann durch eine gezielte Unterstützung für die Eltern reduziert werden“, so die Autorinnen.



