Kommentar der Woche von Kern & Hauser

November 2024
Kommentar der Woche, verfasst von Prof. a. D. Helmuth Kern und dem Journalisten Bert Hauser, ehem. Leiter der Redaktion Landespolitik des Süddeutschen Rundfunks. Sie verfassen diese Kommentare schon seit 20 Jahren für das örtliche Amtsblatt. Jede Bürgerinitiative kann sich dieser Kommentare von Kern & Hauser frei bedienen.
Kern & Hauser, Bild: Ingrid Schaeffer

06.11.2024

Wir informieren: KI ist ein Energiefresser …

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein potenzieller Klima-Killer, darüber berichtete kürzlich die Deutsche Presseagentur (dpa). Die Nachricht erschien in überregionalen Zeitungen, in lokalen, in der Börsenwelt.de und im „Stern“. Der Energiehunger der Künstlichen Intelligenz sei unersättlich und der Energieverbrauch von Rechenzentren für KI-Anwendungen und andere Digitalisierungsprojekte würde in Europa bis zum Jahr 2030 ansteigen. Er könne vermutlich nicht allein aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Eine Studie von MacKinsey sagt für diesen Zeitraum einen voraussichtlichen Strombedarf von mehr als 150 Terawattstunden bis 2030 voraus, fast eine Verdreifachung des heutigen Stromverbrauchs.

«Das macht rund fünf Prozent des gesamten europäischen Stromverbrauchs aus», sagte Diego Hernandez Diaz, Partner bei McKinsey & Company, der dpa. Bislang seien es nur zwei Prozent. Das könnte den Klimawandel beschleunigen, wenn er nicht durch erneuerbare Energien gedeckt würde. Wenn man dann noch die Nutzung digitaler Technologien wie Laptops und Smartphones dazu nähme, dann würden acht Prozent des weltweiten Energieverbrauchs erreicht. Ein großer Anteil dieses Energieverbrauchs gehe auf das Konto des Trainings von KI-Modellen. 

Wenn Texte und Bilder mit modernen KI-Modellen erstellt würden, würde ähnlich wie beim KI-Training viel Strom verbraucht: Das Generieren eines einzigen Bildes basierend auf einer Textanfrage verbrauche nach Berechnungen von Ralf Herbrich, Leiter des Fachgebiets «Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit» am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam so viel Energie wie eine halbe Handyladung. Das sind ca. 14,4 Wattstunden Wh.

(Quelle:  https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/netzwelt/article254296674/Energiehunger-der-Kuenstlichen-Intelligenz-ist-unersaettlich.html)

… Düstere Ahnungen

Der Nobelpreis für Physik wurde in diesem Jahr an John J. Hopfield und Geoffrey E. Hinton für ihre bahnbrechenden Entdeckungen und Erfindungen, die maschinelles Lernen mit künstlichen neuronalen Netzen ermöglichen, vergeben. Doch der britische Informatiker und Psychologe Geoffrey E. Hinton, sieht seine eigene Schöpfung sehr kritisch und mahnt: „es sollte uns nicht etwa die Sorge vor einer allzu menschlichen KI umtreiben, sondern eher jene vor einer maschinellen Lernfähigkeit, die uns irgendwann ebenso fremd wie überlegen sein könnte – eben wie das Denken von Außerirdischen.“  

(Quelle: https://www.zeit.de/2024/43/nobelpreis-physik-kuenstliche-intelligenz-gefahr-forschung)

Auch über KI aus der Sicht der Hirnforschung wird Prof. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt sprechen.

Herzliche Einladung zu unserer Informationsveranstaltung mit Prof. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt am Donnerstag, 14. November 2024, Auwiesenschule Neckartenzlingen, Beginn 20 Uhr 

Thema: Verbaut die digitale Revolution uns und unseren Kindern die Zukunft? 

Über die Erkenntnisse aus der Hirnforschung der letzten 40 Jahre spricht die Neurobiologin Gertraud Teuchert-Noodt. Sie war bis zu ihrer Emeritierung Leiterin des Bereichs Neuroanatomie an der Fakultät für Biologie an der Universität Bielefeld und ist Mitbegründerin vom "Bündnis für humane Bildung – aufwach(s)en in einer digitalen Welt“. 

Eintritt frei. Für einen Unkostenbeitrag sind wir dankbar.


Quelle: InfoMobilFunk Neckartenzlingen

12.11.2024

Wir informieren: KI generiert Illusionen

Als 1432 in der Kirche St. Bavo in Gent der neue Altar von Jan van Eyck enthüllt wurde, waren die Menschen seiner wirklichkeitsgenauen Darstellungskunst wegen sprachlos. So echt wie möglich zu malen, galt bis zur Erfindung der Photographie knapp 400 Jahre später als Maßstab für die Qualität von Kunst. Dass es sich dabei um Täuschungen handelte, wurde schon immer thematisiert und im 20. Jahrhundert grundsätzlich kritisch gesehen.

Da Manipulation durch Bilder immer eine gezielte Einflussnahme auf Menschen und deren Handlungen ist, geht es bei der Kritik an illusionistischen Bildern um die Ziele dieser Einflussnahme, sowie deren Wirkung auf die Betrachtenden. Bei Bildern, die durch KI generiert werden und täuschend ähnlich wirken, können auch diese für das Selbstbild eine sehr negative Wirkung haben.

Davon handelte der Artikel in der ZEIT: „Wer sagt den Kids, wie schön sie sind?“ vom 18. Oktober 2024 von Rabea Weihser. Sie zitiert darin die KI-Expertin Nina Schick, die sage, dass vom kommenden Jahr an 90 Prozent aller Internetinhalte generiert sein könnten. Das bedeute dann auch, dass 90 Prozent der im Netz abgebildeten Welt eine Erfindung von Maschinen wäre, folgert die Autorin. Dass Menschen sich ernsthaft mit Nichtmenschen verglichen, sei neu. Und wenn nicht mehr zwischen Analogrealität und Digitalfiktion unterschieden werden könne, dann könne der Neid auf das künstliche Bild des Menschen zum beherrschenden Thema auf dem Schulhof werden. Deshalb gelte es sehr genau aufzupassen, mit welchen Idealvorstellungen und Menschenbildern die Maschinen gefüttert würden. Doch je mehr Datenvolumen bei Softwareprogrammen verarbeitet werden müsste, umso höher würden die Kosten. Deswegen würde die Datenauswahl von dem bestimmt, was billig wäre, was einfach wäre, eben von Klischees.

Weihsers Kritik richtet sich nicht gegen neuronale Netzwerke, Machine-Learning und künstliche Intelligenzen, da diese den medizinischen und technischen Fortschritt rasant beschleunigen könnten. Doch wenn diese Maschinen Androide ausspuckten, die sich unbemerkt in den ohnehin schon giftigen Bilderstrom der sozialen Medien mischen könnten, sei nicht viel Preisverdächtiges zu erwarten, schreibt sie in Bezug auf die Verleihung des Nobelpreises für die KI - Grundlagenforschung in Chemie und Physik. (Quelle: Zeit-online vom 18. Oktober 2024)

Wer jedoch weiß, dass Bilder nie die Wirklichkeit sind, der wird sich auch von Bildern der KI nicht beeinflussen lassen, weil er weiß wie unser Gehirn, unsere Wahrnehmungs- und Denkprozesse funktionieren, wie sie verschaltet werden, welche Erfahrungen dazu notwendig sind und wie das alles im frühen Kindesalter beginnt. Auch davon handelte der Vortrag von Prof. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt am 14.11. 2024. 

Und über den berichtet Bert Hauser in unserem nächsten „Wir informieren.“

Anm.: Anlass dieses Beitrags war die intere Diskussion im Vorstand von diagnose:funk zur Frage der Verwendung künstlich erzeugter Porträtbilder in unserem Spendenaufruf im Herbst 2024. Die beeindruckenden und irritierend echt wirkenden Porträtbilder der Kinder (nur an den Fingern konnte man erkennen, dass da 'etwas nicht stimmt') sind mit der Anmerkung versehen: „Um die Integrität und Privatsphäre von Kindern zu schützen, wurde dieses Foto durch künstliche Intelligenz erzeugt.“ Die Begründung ist gut. Aber um die generelle Verwendung solcher Bilder entspannte sich eine lebhafte Diskussion.


Kern & Hauser, Bild: Ingrid Schaeffer

20.11.2024

Wir informieren: Hirnforscherin – Digitale Medien behindern die Entwicklung der Intelligenz (Teil 1)

Bert Hauser, zweiter Vorsitzender von InfoMobilFunk Neckartenzlingen und Umgebung, Ortsgruppe im Dachverein Mobilfunk-Bürgerforum e.V. hat zum Vortrag von Prof. Dr. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt „Verbaut die digitale Revolution uns und unseren Kindern die Zukunft?“ eine Pressemitteilung verfasst. Wir veröffentlichen sie in der Folge in zwei Teilen.  Der Vortrag mit anschließender Diskussion fand am Donnerstag, 14. November 2024 in der Aula der Auwiesenschule in Neckartenzlingen statt.

Hauser schreibt:
Neckartenzlingen – „Wir steuern auf eine gesellschaftliche Katastrophe zu. Digitale Medien machen unsere Kinder dümmer und lassen sie psychisch krank werden“. Diese Erkenntnis wird nach Auffassung der Neurobiologin Prof. Dr. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt durch wissenschaftliche Befunde ganz eindeutig belegt. Die Schädigung von Kindern und Jugendlichen durch die Nutzung digitaler Medien geschehe, weil die natürlichen Reifungsprozesse im heranwachsenden Gehirn gestört, behindert oder ganz verhindert würden, sagte die Referentin bei ihrem Aufsehen erregenden Vortrag am vergangenen Donnerstag vor mehr als 50 Gästen der Ortsgruppe „InfoMobilFunk Neckartenzlingen und Umgebung“ in Neckartenzlingen.

Zu den vielen wissenschaftlichen Belegen, auf die sie hinwies, gehörte eine Untersuchung von Neunjährigen, bei der herauskam, dass jene, die schon ein Smartphone nutzen, ein deutlich schlechteres räumliches Vorstellungsvermögen, ein schlechteres Zeitgefühl und ein schlechteres Erinnerungsvermögen haben, als jene die kein Smartphone nutzen. Die Smartphone-Nutzer und -Nutzerinnen konnten das Wort „Schneeballschlacht“ nicht wie von den Prüfern gewünscht, in vorgegebenen, unterschiedlich großen Rechtecken jeweils fehlerfrei und komplett eintragen, während die anderen dies durch Anpassung der Schriftgröße und der Schriftdichte jeweils geleistet haben. Dies ist nach Teuchert-Noodt ein klarer Beleg dafür, dass der zu frühe Umgang mit Smartphones die Entwicklung der Intelligenz beschränkt.

Digitale Medien bei Kindern stören nach den Erkenntnissen der heutigen Neurowissenschaftler nicht nur die Entwicklung des Geistes, sondern auch die körperlichen Fähigkeiten zur Bewegung, etwa den Gleichgewichtssinn, sowie den sinnvollen Umgang mit Emotionen. Es sei absolut notwendig, dass Kinder spielerisch, körperlich und im sozialen Kontakt mit anderen viele Erfahrungen machen, die im Gehirn gespeichert werden und stufenweise zur Vernunft und zum „Erwachsensein“ führen. Wenn sie z. B. Balancieren lernen, dann lernten sie auch Hemmungen zu überwinden und sich Mut, Kräfte, Raumgefühle und Erfolgserlebnisse anzueignen. Wenn sie dagegen nur mit dem Finger über ihr Smartphone wischten, würde die Entwicklung ihres Gehirns gebremst oder gar verfälscht, weil vieles nur oberflächlich zur Kenntnis genommen und im Gehirn nicht nachhaltig genug gespeichert werde. Dies führe zu anhaltenden geistigen Defiziten und befördere viele Ängste. Angst und Depression seien etwa in den USA seit 2008 dramatisch angestiegen. Und Menschen in aller Welt könnten zunehmend „von außen manipuliert“ werden.

Es folgt Teil 2.


Quelle: InfoMobilFunk Neckartenzlingen

26.11.2024

Wir informieren: Hirnforscherin – Digitale Medien behindern die Entwicklung der Intelligenz (Teil 2)

Bert Hauser, zweiter Vorsitzender von InfoMobilFunk Neckartenzlingen und Umgebung, Ortsgruppe im Dachverein Mobilfunk-Bürgerforum e.V. hat zum Vortrag am 14.11. 2024 von Prof. Dr. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt „Verbaut die digitale Revolution uns und unseren Kindern die Zukunft?“ eine Pressemitteilung verfasst. Wir veröffentlichen sie in zwei Teilen. Hier nun Teil 2:

Frau Teuchert-Noodt erläuterte die jüngeren Erkenntnisse der Neurowissenschaft über das wachsende Gehirn mit eindrucksvollen Grafiken, auf denen sie in den Altersstufen der Heranwachsenden die Entstehung von Nervenverbindungen und die damit fixierte Speicherung von Erfahrungen, die Verarbeitung von Emotionen, die Entwicklung von Sprache und Gedächtnis wie auch die Entstehung einer Drogensucht im Gehirn demonstrierte. Bis der Verstand beim erwachsenen Menschen greift, meinte sie, werde das kindliche Verhalten vorwiegend von „konditioniertem Lernen“ gesteuert, d. h. Kinder können sich noch nicht kritisch mit ihrem Leben auseinandersetzen, sie kleben gleichsam noch an dem, was sie gerade erfahren und lernen. Und dies sei auch der Grund, warum Kinder sich von ihrem Smartphone nur schwer trennen können. Der Umgang mit ihm werde zur Sucht und dies wiederum trage dazu bei, dass sie viele andere notwendige und sinnvolle Erfahrungen versäumten. Die gelte zum Teil bis zum Alter von 18 Jahren, denn „Kinder und Jugendliche werden durch die digitale Technik daran gehindert, andere wichtige Lernerfahrungen zu machen und sie in ihrem Großhirn solide zu verankern“, sagte die Wissenschaftlerin, die früher die Bereiche Neuroanatomie und Humanbiologie an der Universität Bielefeld geleitet hat. Eine Generation, die mit dem Smartphone aufwächst, könne auch die Künstliche Intelligenz (KI) nicht kritisch bewerten und sei ihr in gefährlicher Weise ausgeliefert.

Vernunft, Verantwortung und Kompetenz seien drei Eigenschaften des Menschen, die seine Persönlichkeit prägen, die aber alle erst einmal reifen müssten. Nur wenn Kinder und Jugendliche sich spielerisch und permanent mit den natürlichen Realitäten ihrer Umwelt auseinandersetzen, auch wenn sie sich dabei oft anstrengen müssten, könnten sie die vielen Millionen Hirnverschaltungen entwickeln, mit denen sie ihre Erfahrungen, ihre Emotionen sowie angemessene Reaktionen abspeichern und die sie zu einem „homo sapiens“ machen. Das beginne schon beim Baby: Wo der vom Kind unbewusst erwartete Mutter-Kind-Kontakt vernachlässigt werde, weil die Mutter sich mit ihrem Handy, statt mit ihrem Kind beschäftigt, würden die Kinder geschädigt und könnten z. B. das ADHS-Symptom, also Aufmerksamkeitsdefizite und Hyperaktivitätsstörungen erleiden. Eine Frau gar, die schon ein Kleinkind ans Smartphone setzt, „gehört gefoltert“, sagte die renommierte Wissenschaftlerin. Ein solches Kind könne „irreversible Schäden“ davontragen. Sprechen, Schreiben, Lesen Rechnen und vieles andere würden nur in der Kombination eines körperlichen und geistigen „Sportunterrichts“ gut entwickelt. Der vorzeitige Umgang mit Digitalgeräten aber behindere und schmälere alles, was eine gesunde und zukunftsorientierte Entwicklung möglich macht.

Am Ende ihres Vortrags hat Frau Teuchert-Noodt mit Hinweis auf die „Neurogenese“ noch etwas Hoffnung verbreitet: Wer Schäden erlitten habe, könne, wenn er auf digitale Geräte weitgehend verzichtet, mit Hilfe der bis ins hohe Alter anhaltenden, ständigen Bildung neuer Nervenzellen, manche geschädigten Funktionen „reorganisieren“ und in der Großhirnrinde neue Verbindungen und Gedächtnisleistungen herstellen. Mit Fachausdrücken: Jeder könne dann „auch dem ausgereiften Kortex eine neue systemische Neuroplastizität vermitteln“.

Werde die aktuelle, digitale Fehlentwicklung aber nicht gestoppt, meinte die Hirnforscherin provokant, „dann kommen wir zurück auf das Intelligenzniveau der Neandertaler“, auf das Niveau jener Menschen der Altsteinzeit, die vor etwa 40 000 Jahre vom „Homo sapiens sapiens“ verdrängt wurden


Wir freuen uns über neue Mitglieder im InfoMobilFunk Neckartenzlingen und Umgebung, Ortsgruppe im Mobilfunk Bürgerforum e. V. www.mobilfunk-buergerforum.de

Die Vorsitzenden: Prof. a. D. Helmuth Kern, Bert Hauser (Telefon: 07127/35655 bzw. 07127/35949)


Alle Kommentare finden Sie hier: diagnose-funk.org/kommentar

Artikel veröffentlicht:
06.11.2024
Autor:
Kern & Hauser

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