diagnose:funk: Herr Dr. Imbesi, am 12. März 2024 hat der Regionalrat von Kalabrien einstimmig das Regionalgesetz 8/2024 verabschiedet (diagnose:funk berichtete), mit dem die soziale Bedeutung der Fibromyalgie und der Elektrosensibilität anerkannt wird. Wie kam es, wohl erstmals, zu einem solchen Beschluss?
FRANCESCO IMBESI: Zu dieser Initiative sind mehrere Bemühungen zusammengekommen. Seit längerem sind auf politischer Ebene betroffene Elektrohypersensible aktiv. Wohl wissend, dass die Anerkennung einer Krankheit ausschließlich über die Weltgesundheitsorganisation WHO möglich ist, wurden strategisch das Thema der sozialen Bedeutung und des Zugangs zu angemessenen Leistungen gewählt. Ebenso gut überlegt wurde außerdem, das Angehen zusammen mit dem Thema Fibromyalgie, nachdem in diese Krankheit mehr Patienten involviert sind, die auch unter Rheuma und Entzündungsproblemen leiden.
diagnose:funk: Welche Bedeutung hat der Beschluss für Sie? Der Beschluss beinhaltet, dass Ambulanzen eingerichtet werden. Wird das auch umgesetzt?
FRANCESCO IMBESI: Der Beschluss hat eine wesentliche Bedeutung, obwohl seine Anwendung durch die gesamtstaatliche Regierung zunächst blockiert wurde. Der Grund: Im Gesetzestext sind viele Positionen vorgesehen, etwa die Einrichtung von Ambulanzen, die mit wesentlichen Kosten verbunden sind. Gerade die Abdeckung solcher Kosten wurde leider vom Gesetz nicht vorgesehen, so dass der darauffolgende Schritt zur Genehmigung durch den Rechnungshof scheiterte. Das kann aber korrigiert werden.
diagnose:funk: Wie sind die Menschen mit Elektrohypersensibilität in Italien organisiert?
Die Elektrohypersensiblen sind in Italien in zwei größeren Vereinen organisiert: einmal durch den Verein Associazione Italiana Elettrosensibili (elettrosensibili.it) und durch den Verein AMICA (infoamica.it), welcher auch die chemische Belastung (MCS) als Thema verfolgt.
diagnose:funk: Hat der Beschluss Auswirkungen auf andere Regionen?
FRANCESCO IMBESI: Die Aktivisten Kalabriens werden nun dafür sorgen, dass der Gesetzestext im Regionalrat wieder behandelt - und hoffentlich auch genehmigt – wird. Inzwischen sind überhaupt viele Bürger auf das Anliegen EHS aufmerksam geworden. Dadurch sind auch Initiatoren aus anderen Gegenden in ihren Bemühungen gestärkt worden, etwa in den beiden großen Regionen Venetien und Lombardei. Gerade aus der lombardischen Hauptstadt Mailand hören wir gerade von großem Interesse an einem einschlägigen Gesetzesentwurf, man sei gerade auf der Suche nach politischen Kräften, die das Anliegen parteiübergreifend unterstützen.
diagnose:funk: Lieber Francesco Imbesi, danke für dieses Interview.
Das Interview führte Peter Hensinger, Vorstandsmitglied diagnose:funk