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Bewertung von oxidativem Stress und genetischer Instabilität bei Anwohnern in der Nähe von Mobilfunk-Basisstationen in Deutschland
Die biologischen Auswirkungen von Mobilfunksendeanlagen auf Menschen wurden in der Studie von Gulati et al. (2024) untersucht.[1] Die Feldstudie belegt ein Gesundheitsrisiko bei Langzeitexponierten bei einer Belastung von über 1 mW/m² (=1000 µW/m² bzw. 0,61 V/m). Für die Studie wurden von 24 freiwilligen Teilnehmern (Alter zwischen 24 und 63 Jahren) 2 Gruppen zu je 12 Personen gebildet. Die Kontrollgruppe (Gruppe C für Kontrolle, Entfernung 490 bis 1.020 m von der Sendeanlage) enthielt 6 männliche und 6 weibliche Probanden, die Gruppe mit relativ starker Hochfrequenz-Belastung (Gruppe E für Exposition, Entfernung 75 bis 160 m) 5 Männer und 7 Frauen. Die Befeldungsstärke entsprach realen Bedingungen:
- Bestrahlte Gruppe: 7 μW/m² bis 295 μW/m² (GSM); 54 μW/m² bis 804 μW/m² (LTE)
- Kontrollgruppe: 0 bis 4 μW/m² (GSM); 0,1 μW/m² bis 8 μW/m² (LTE)
Anmerkung: Die gemessene Werte stellen die Grundlast mit dem RMS-Detector dar, die Volllast beträgt ca. das 4-fache. Die Grenzwerte der 26.BImSch werden als RMS-Werte angegeben und die dargestellten Werte sind somit direkt vergleichbar.
Für einen Vergleich mit den Empfehlungen der EUROPAEM EMF-Leitlinie 2016 müssen die Werte von LTE mit dem Faktor 10 multipliziert werden, um den PEAK-Wert zu erhalten. Bei GSM sind die PEAK-Werte annähernd gleich wie die mit RMS.
In Großstädten sind die Werte oft wesentlich höher, v.a. wenn ein Gebäude im Hauptstrahl liegt.
Anwohner, die der Strahlung von Basisstationen länger als 5 Jahre ausgesetzt waren, wurden auf genetische Instabilität getestet, das Hauptergebnis sind Auswirkungen auf die Chromosomen:
- Die Langzeiteinwirkung der Strahlung von GSM- und LTE-Mobilfunkbasisstationen kann zur Chromosomenaberration[2] führen. Insgesamt deuten die hoch signifikanten Unterschiede zwischen der bestrahlten Gruppe und der unbestrahlten Kontrollgruppe darauf hin, dass die Langzeiteinwirkung der Mobilfunkstrahlung von GSM- und LTE-Basisstationen die Ursachen für die genetische Instabilität sind. Die gefundenen Chromosomenaberrationen können einen plausiblen biologischen Mechanismus liefern für das erhöhte Krebsrisiko bei Personen, die höheren Feldern von Basisstationen ausgesetzt sind.[3]
Die Chromosomenaberrationen waren statistisch signifikant. Zellbiologisch bedeutet dies eine Veränderung des Erbmaterials, da Chromosomen unsere genetischen Informationen enthalten. Die Konsequenzen können gesundheitliche Auswirkungen sein (s. Fußnote 2):
- „Unsere Erkenntnisse über Chromosomenaberrationen könnten daher einen biologisch plausiblen Mechanismus für die Daten über ein signifikant erhöhtes Krebsrisiko bei Personen liefern, die Signalen von Mobilfunk-Basisstationen ausgesetzt sind.“ (Studie, S.9)
Die Autoren schreiben weiter:
- „Die zytogenetischen Schäden, d.h. die Chromosomenaberrationen, waren bei den Bewohnern mit höherer Exposition gegenüber RF-EMF signifikant erhöht. Sie korrelierten negativ mit der Entfernung von Mobilfunkbasisstationen und positiv mit LTE- und GSM-Signalen von Mobilfunkbasisstationen." (ebda)
Im Klartext: Je näher und länger am Sender, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung im Erbgut. Eine Gewöhnung (Adaption) des Organismus fand nicht statt. Das bestätigt auch die Empfehlung der Studie von Pearce (2019), dass ein Mindestabstand von 500 Metern zu Mobilfunk-Basisstationen bestehen sollte.
Die Studie von Gulati et al. ist eine Studie von hoher Qualität und Aussagekraft. Die Blutuntersuchungen wurden am Institut von Prof. I. Belyaev an der Universität Bratislava durchgeführt, das über eine hohe Expertise verfügt, die Dosimetrie von dem Messtechniker Dr. Dietrich Moldan mit neuester Technik. Studiendesign und Koordination lag in den Händen von Prof. Wilhelm Mosgöller (Med. Univ. Wien). Die Studie untermauert in neuer Qualität frühere Studien, die ein Krebsrisiko beschrieben, u.a. Atzmon et al. (2012); Dode et al. (2011); Eger et al. 2004; Levitt / Lai (2010); Li et al. 2012; Wolf and Wolf 2004; Rodrigues et al. 2021. Einen Überblick gibt der Review von Balmori (2022).
Die Studie und Link zum Download des Volltextes:
Gulati S, Mosgoeller W, Moldan D, Kosik P, Durdik M, Jakl L, Skorvaga M, Markova E, Kochanova D, Vigasova K, Belyaev I (2024): Evaluation of oxidative stress and genetic instability among residents near mobile phone base stations in Germany. Bewertung von oxidativem Stress und genetischer Instabilität bei Anwohnern in der Nähe von Mobilfunk-Basisstationen in Deutschland: Ecotoxicol Environ Saf 2024; 279: 116486