"Was zählt die Meinung von 3000 Freiburgerinnen und Freiburgern? Unsere drei Fachleute redeten gegen eine Wand der Arroganz."
Bericht einer Aktivistin
Es war harte Arbeit. In hunderten Gesprächen an Ständen hatten wir für unseren Antrag gesammelt. Mit mehr als 3000 Unterschriften haben wir das Quorum erreicht. Unser Antrag an den Gemeinderat bestand aus 3 Forderungen:
"Der Freiburger Gemeinderat möge zum Schutz vor einer drohenden Vervielfachung von Mobilfunksendeanlagen in öffentlicher Sitzung jeweils über folgende Forderungen bzw. Vorschläge befinden und ggf. beschließen:
- "1. Gebäude, Grundstücke und Einrichtungen in Straßenräumen, die zum Eigentum oder Besitz der Stadt und ihrer Eigenbetriebe gehören, werden für Sendeanlagen des neuen Mobilfunkstandards 5G („New Radio“) nicht zur Verfügung gestellt.
- 2. Gemäß den höchstrichterlich bestätigten Möglichkeiten erstellt die Verwaltung Mobilfunkkonzepte mit Baustopp für Sendemasten (z.B. auch zugunsten des Glasfaserausbaus), damit in Wohngebieten Strahlenbelastung und Stromverbrauch minimiert sowie Wohnungen strahlen- und überwachungsfrei gehalten werden können. Zudem richtet die Stadt eine Beratungs- u. Meldestelle für Mobilfunknebenfolgen (Empfehlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg) und ggf. Schutzzonen ein.
- 3. Der Gemeinderat fordert politisch und bundesweit ein Moratorium für 5G, bis alle verantwortlichen Stellen ihre verfassungsrechtliche Pflicht zur Vorsorge durch eine unabhängige wissenschaftliche Prüfung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von 5G und eine Technikfolgenabschätzung erfüllt haben."
Simulation von Demokratie als Alibi
In der Beschlussvorlage der Verwaltung wurden unsere Forderungen abgelehnt. Wir waren uns sicher, wenn über 3000 Freiburgerinnen und Freiburger uns unterstützen, nehmen das die Stadträtinnen und Stadträte ernst und werden auf der Sitzung darüber beraten. Unsere drei Redner waren gut vorbereitet, die Zuschauerempore gut gefüllt. Gespannt warten wir auf unseren Punkt. Er wird aufgerufen. Unsere drei Redner tragen sachlich vor (Reden s. Downloads). Oberbürgermeister Horn und ein Großteil der Räte nutzen diese Zeit anders: Statt Zuhören daddeln sie auf ihren Mobilgeräten. Schaut man in die Reihen der Räte, wird man den Eindruck nicht los: Die Entscheidung ist längst gefallen, das hier ist ein nettes Theaterstück des Gemeinderates. Drei Wortmeldungen kamen aus dem Gemeinderat – eine verhöhnende (Aluhüte), eine unpassende und eine vorbildliche (für die dritte großen Dank, sie erreichte einige Köpfe). Keine Nachfragen. Unsere drei Fachleute, u.a. ein Arzt und ein Jurist, von denen man lernen könnte, redeten gegen eine Wand der Arroganz. Die Botschaft: Bürgerbeteiligung ist nicht gefragt, sie ist störend. 3000 Unterschriften interessieren nicht. Wir sind betroffen. Oder hätten wir es wissen müssen: Vor uns saßen einfach Handysüchtige?
Alle Räte waren informiert, dass EU-Gremien wie der Wirtschafts- und Sozialausschuss EWSA und der EU-Technikfolgenausschuss eine Schutzpolitik vor Mobilfunkstrahlung fordern, auch für den Umwelt-, Arten- und Klimaschutz. Ein Redner wies explizit auf diese Folgen hin. Selbst das interessierte die Räte, die sich bei jeder Gelegenheit, gerade jetzt wieder bei den Kommunalwahlen, als Umweltschützer inszenieren, nicht. Haben die mahnenden Stimmen an unseren Infoständen Recht behalten, die warnten, es nützt bei diesem Gemeinderat sowieso nichts?
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