Höher, schneller, weiter - wohin?
Vorwort von Jörn Gutbier, Vorstand von diagnose:funk
Auf Grund der vorliegenden Studienlage zu den Risiken der Mobilfunkstrahlung erwägt der im Januar verabschiedete Bericht zur Technikfolgenabschätzung (TAB) des Deutschen Bundestages die Einrichtung von Schutzzonen, also strahlungsfreien Orten. Das können Abteile im ÖPNV und der Bahn, Zimmer in Krankenhäusern und Altenheimen, Kindergärten oder auch Naturschutzgebiete sein. Zur Einführung von 5G kritisiert der TAB-Bericht die „unzulängliche Studienlage“ und fordert das Prinzip der „umsichtigen Vermeidung“ durch staatliche Leitlinien für den Sendeanlagenbau ein.
Der Staat hat eine Fürsorgepflicht. Der Schutz der Gesundheit ist eines der obersten Prinzipien. Obwohl alle Fraktionen dem TAB-Bericht zugestimmt haben, kennt kaum ein Bundestagsabgeordneter dessen Inhalt. Somit müssen wir die Politiker darauf hinweisen, welche weitgehende staatliche Regulierung zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt vor der Mobilfunkstrahlung hier gefordert wird. Konfrontieren wir sie mit den Aussagen des TAB. Und da sind auch noch die STOA-Studie des Technikfolgenausschusses des EU-Parlaments und die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), die vehement eine Schutz- und Vorsorgepolitik einfordern.
Im Hessischen Landtag wurden gerade erst gegenteilige Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur zu beschleunigen. Die Mobilfunkindustrie bestellt und der Landtag lieferte. Ich war eingeladen und konnte mit zwei anderen Vertreterinnen von Bürgerinitiativen dazu Stellung beziehen. Wir mussten feststellen, wie wenig bis nichts die anwesenden Abgeordneten über die Problematik der Mobilfunktechnologie Bescheid wissen. Es herrscht die Wachstumsideologie – höher, schneller, weiter – Augen zu und durch. Diese Politik, die vor allem Geschäftsmodelle bedient, ist eine der wesentlichen Ursachen für die Krisen unserer Zeit. Es ist eine Herausforderung für alle Umweltgruppen, diese Entwicklung zu durchbrechen.
Wichtig ist zu erwähnen: die Veränderungen der Bauordnungen, wie sie auch schon in Bayern und Baden-Württemberg beschlossen wurden, ändern nichts Wesentliches an den Rechten der Kommunen bei der Aufstellung von Sendeanlagen. Das stellen wir in diesem kompakt klar. Weitere Schwerpunkte in diesem Heft sind Berichte über neue Studienergebnisse und die psycho-sozialen Auswirkungen der digitalen Medien auf Kinder. ...