MdEP Michele Rivasi organisierte Workshop im EU-Parlament zu Elektrohypersensibilität

Videos vom Workshop: Menschen mit EHS tragen Anliegen vor
Am 7. Februar 2023 fand im Europäischen Parlament von 18:30-21:00 Uhr ein Workshop / eine Präsentation für Europaabgeordnete, die Kommission und Interessenvertreter statt. Der Workshop wurde von der Europaabgeordneten Michele Rivasi (GRÜNE/ALERT) organisiert und befasste sich mit den Gefahren der modernen drahtlosen Kommunikationstechnologien. In diesem Artikel: Kurzvideo vom Workshop, u.a. mit der Schlussrede von M. Rivasi. Ganz unten: Videos des gesamten Workshops.

Rob van der Boom, Mitinitiator der Bürgerinitiative "Stop 5G, Stay Connected but Protected" und aktiv in der sich derzeit gründenden Organisation "Europeans for Safe Connections", sprach zuerst und stellte die Schattenseiten des drahtlosen Zeitalters und der Einführung von 5G vor. Er wies auf die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Flora und Fauna hin. Er stellte die Auswirkungen auf die Privatsphäre der EU-Bürger dar, sowie die Abfall- und Umweltverschmutzung durch den Abbau seltener Ressourcen, die für elektronische Geräte bestimmt sind.

Beeindruckend wurde in Kurzvorträgen und einem Film dargestellt, was die Belastung durch Elektrosmog für elektrohypersensible Menschen bedeutet. Doch Peter Stuckmann (Europäische Kommission, GD CNECT), der als Vertreter der Kommission anwesend war, ignorierte die Ausführungen ohne jegliche Empathie und sprach davon, dass die EU wegen der Weltmarktführerschaft den Ausbau von 5G und 6G brauche.

Stuckmann ignorierte, dass die Forderungen der Elektrohypersensiblen nach Anerkennung von EHS als Krankheit und die Einrichtung von Schutzzonen bereits in der Resolution des Europarates 1815 von 2011 (>> Deutsche Fassung) und aktuell in der STOA-Studie und der EWSA-Stellungnahme gefordert werden. Man müsste die EU-Kommission auffordern, sich endlich mit den Papieren ihrer eigenen Gremien zu befassen und sich nicht weiter als geschäftsführender Ausschuss der Mobilfunkindustrie aufzuführen.

Sichtlich empört reagierte der ehemalige Europaabgeordnete Jean Huss auf Stuckmanns Präsentation. Die Abgeordnete Michele Rivasi beendete den Abend mit einem emotionalen Appell an Peter Stuckmann, vor allem auf das zu hören, was vorgetragen wurde, und nie wieder eine neue Generation von Drahtlostechnologie einzuführen, ohne eine fundierte Analyse der Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch, Flora und Fauna, die Umwelt und die Privatsphäre. Hier das Schlusswort von Michele Rivasi (Transkription & Übersetzung Elisabeth Birgit Madsen).

Michele Rivasi, MdEP

Schlussstatement Michele Rivasi: „Wir wollen nichts mehr von der ICNIRP hören!“
 

„Ich möchte Ihnen ein paar Botschaften an die Kommission mit auf den Weg geben. Erste Botschaft - erste Information. Sie haben gesagt, dass wir zwischen 2021 und 2027 900 Millionen Euro für 6G in die Forschung investieren werden.

Bitte, bitte versprechen Sie, dass Sie nie wieder eine Technologie ohne eine Folgenabschätzung auf den Markt bringen werden, denn in der europäischen Gesetzgebung steht geschrieben, dass wir Geld in die Industrieforschung investieren, egal in welchem Sektor, basierend auf einer Folgenabschätzung. Hätten wir die Folgenabschätzung nicht mit STOA finanziert, hätten wir keine gehabt. Also tun Sie das nie wieder.

Die zweite Botschaft ist, dass Sie die ICNIRP abschaffen. Wir wollen nichts mehr von ICNIRP hören. Das ist ein Skandal. Diese Leute sind voller Interessenkonflikte. Sie reden von wissenschaftlicher Unabhängigkeit, aber sie reden nur über die thermischen Aspekte, nur über die menschlichen Folgen, ohne Rücksicht auf die Umwelt oder Tiere. Bitte, ich will das nicht mehr hören. Und das habe ich auch der Kommission gesagt. Macht, was ihr wollt. Nehmt sie mit euren Wellen weg. Ich weiß nicht, wie Sie sie wegschicken können. Schickt ihnen ein paar Wellen, aber schickt sie weg. Bei allem Respekt vor der Gesetzgebung, lassen Sie uns konstruktiv sein.

Kontrolle des digitalen Ausbaus erforderlich

Sie wurden gefragt, und Mark Arazi hat Ihnen die gleiche Frage gestellt: Sind Sie bereit zur Zusammenarbeit? Damit wir erstens garantieren können, dass die Mitgliedsstaaten eine Kontrollorganisation haben, dass jedes verbundene digitale Gerät überwacht wird. Und es wäre sinnvoll, dass die Kommission die Nutzer und Verbraucher darüber  informiert. Wir werden also ein Projekt entwerfen, und wir möchten, dass dieses Projekt mit der Kommission beginnt, damit die Kommission jedem Mitgliedsstaat signalisieren kann, dass jedes einzelne Gerät und jeder Betreiber kontrolliert wird. So können wir das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherstellen.

Vierter Punkt: Diversifizierung der Konnektivität. Als ich auf der Folie 5G, 6G sah, sprachen wir immer von Wellen. Wir waren zusammen, Herr Stuckmann, ich erinnere Sie, wir waren zusammen mit der Kommissarin für Digitalisierung, Maria Gabrielle, und wir begrüßten einen Forscher, der an IFI arbeitet oder gearbeitet hat, wenn Sie sich richtig erinnern. Warum entwickeln wir nicht eine Technologie, sei es über Glasfaser, sei es LiFi, aber nicht WiFi, denn WiFi arbeitet mit Frequenzen, die für den Einzelnen weitaus schädlicher sind als andere Frequenzen, vielleicht ohne dass wir uns intensiv mit der Forschung beschäftigen, aber WiFi ist schädlich.

Lassen Sie uns also differenzieren und aufhören, all diese Menschen, die leiden, mit Strahlung zu bombardieren, denn wir leben in einer Gesellschaft, die durch elektromagnetische Felder stark belastet ist. Und schließlich kann man deutlich sehen, dass wir uns bei der Einführung einer neuen Technologie folgende Frage stellen müssen: Könnten wir nicht eine Bürgerdebatte einleiten, um zu erfahren, ob die Bürger mit dieser Art von Fortschritt einverstanden sind oder nicht? Handelt es sich um einen Fortschritt, der einen Mehrwert für unser Wohlergehen mit sich bringt, oder ist er es nicht?

Profit statt Mensch: Die Stimme der Bürger muss gehört werden!

Und bei allem Respekt und vielen Dank, dass Sie bei uns sind, denn ich halte es für sehr wichtig, verschiedene Visionen von der Welt zu teilen. Ich danke Ihnen also für Ihr Kommen, aber bei allem Respekt, die Kommission muss die Bürger im Auge behalten. Ich habe das Gefühl, dass Sie sich in einem Tunnel befinden und Ihre Sicht auf den Industriesektor verstellt ist und dass Sie die Menschen völlig vergessen haben. Aber glauben Sie, dass die Menschen das wollen? Dass sie ihre hypervernetzten Brillen, intelligenten Brillen, intelligenten Kühlschränke haben wollen?

An dem einen oder anderen Punkt, ja. Wir befinden uns in der grünen Übergangsphase. Wir sind auf einem neuen grünen Weg. Und vielleicht handelt es sich dabei um ein Gesellschaftsmodell, das sich von dem unterscheidet, das wir bisher hatten. Und um das zu erreichen, muss man die Bürger zusammenbringen.

Und wie Jean Huss schon sagte, bin ich besorgt, dass sich die Kommission irgendwann so sehr auf die Wirtschaft und die Finanzen konzentriert, dass man vergisst, warum wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, streiten, um Europa zu verteidigen. Das müssen Sie ändern. Sie brauchen Bürgerinitiativen, die unserer Zukunft wieder einen Sinn geben können. Die Zukunft, die Sie sich vorstellen, ist anders. Sie ist wie eine Seifenblase. Und ich bin sehr besorgt. Ich versuche, sehr ehrlich zu sein.

Wir dürfen keine Fehler machen. Wir müssen die Stimme der Bürgerinnen und Bürger wieder in die Debatte einbringen, denn auf europäischer und nationaler Ebene sind alle so sehr auf das Geschäft, auf das Geld konzentriert. Wir aber haben ein Europa aufgebaut, das auf den Menschen, auf dem Frieden, auf dem Wohlstand und auf der Zukunft basiert. Dies ist also eine philosophische Frage, die ich mit Ihnen teilen möchte. Ich danke Ihnen.”

  • 18:30 Eröffnung und Einführung, Michele RIVASI MEP
  • 18:35 "Europeans for Safe Connections", Präsentation von Rob VAN DER BOOM
  • 18:50 Phonegate-Klassen und SAR-Konformität in der EU, von Dr. Marc ARAZI
  • 19:05 Elektrohypersensibilität in der EU, ein öffentliches Zeugnis
  • 19:20 Die europäische Bürgerinitiative "Stop5G- Stay Connected but Protected", Präsentation von Pernille SCHRIVER
  • 19:30 Frage und Antwort, Diskussion und Kommentare der Abgeordneten, moderiert von MdEP Anne-Sophie PELLETIER
  • 19:50 Die Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates von 2011: "Die potenziellen Gefahren elektromagnetischer Felder und ihre Auswirkungen auf die Umwelt", eine Perspektive von Jean HUSS, Berichterstatter der Entschließung
  • 19:55 Die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 2021:"Die sozialen und ökologischen Auswirkungen des 5G-Ökosystems", ein Beitrag von Dumitru FORNEA, Berichterstatter für die Stellungnahme
  • 20:00 Die Leitinitiative 2030 Hexa-X der Europäischen Kommission, eine Präsentation von Peter STUCKMANN, Europäische Kommission, GD CNECT
  • 20:05 Diskussion und Meinungsaustausch, moderiert von MEP Ivan SINČIĆ
  • 20:25 Schlussfolgerung und nächste Schritte, von MdEP Michele RIVASI
  • 20:30 Ende des Workshops

Publikation zum Thema

Buch Titelbild diagnose:funk
Preis: 16,90 EuroFormat: A5Seitenanzahl: 368 Veröffentlicht am: 01.11.2022 Bestellnr.: 905ISBN-13: 978-3982058528Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk

Die unerlaubte Krankheit.

Wenn Funk das Leben beeinträchtigt.
Autor:
Renate Haidlauf
Inhalt:
Mindestens zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind elektrohypersensibel – durch Funk erkrankt. Das entspricht über 1,2 Millionen Erwachsenen. In diesem Buch berichten 50 Betroffene, wie sie auf Funk reagieren und welche Konsequenzen das hat für ihre Familien, ihr Wohnumfeld, den Beruf und ihr ganzes Leben. „Unerlaubte Krankheiten“ ziehen sich durch die Geschichte des Industriezeitalters. Menschen erkrankten durch Asbest, fast hundert Jahre lang verschloss man die Augen davor. Es durfte nicht sein, weil es ein lukratives Produkt infrage stellen würde. So ging es im Bergbau mit PCB-verseuchten Ölen, mit giftigen Stäuben und Dämpfen im Druckgewerbe, mit der Strahlung von militärischen Radaranlagen, die bei Soldaten Krebs verursachte. Man erkannte die Zusammenhänge mit den gefährlichen Stoffen nicht an, in jahrzehntelangen Gerichtsverfahren wurden die Betroffenen zermürbt, in den wenigsten Fällen erhielten sie eine Abfindung. In den letzten Jahren hat sich der Anteil der Menschen mit Kopfschmerzen und Schlafschwierigkeiten enorm erhöht. Sie suchen ärztlichen Rat, doch man findet keine Ursachen. Parallel dazu stieg auch die Funkbelastung durch WLAN, Sendemasten, Bluetooth etc. Solange Schmerzgeplagte und Schlaflose noch keinen Zusammenhang mit Funk erkennen, ist ihr Kranksein „erlaubt“. Stellen sie jedoch fest, dass ihre Beschwerden nachlassen, wenn sie WLAN und Co. vermeiden, dann wird ihr Urteilsvermögen schnell angezweifelt.
Format: A 4Seitenanzahl: 20 Veröffentlicht am: 01.02.2012 Bestellnr.: 215Sprache: Deutsch

Elektrohypersensibilität - Tatsache oder Einbildung?

Ein Forschungsüberblick von Genuis/Lipp
Inhalt:
Ein Forschungsüberblick der kanadischen Umweltmediziner Genuis/Lipp über die Ursachen von Elektrohypersensibilität. Als Download finden Sie den Brennpunkt mit einem Vorwort zur Studie. Der komplette Brennpunkt mit der dt. Übersetzung des Forschungsüberblicks ist beim diagnose:funk - Versand bestellbar.
Format: A4Seitenanzahl: 12 Veröffentlicht am: 27.05.2011 Bestellnr.: 208Sprache: Deutsch

Europarat fordert Kurswechsel

Die potentiellen Gefahren durch elektromagnetische Felder und ihre Auswirkung auf die Umwelt
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Der zuständige Ausschuss des Europarates hat ein Zeichen gesetzt. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution und dem dazugehörigen Report fordert der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und regionale Angelegenheiten am 06.05.2011 ein grundsätzliches Umsteuern in der Mobilfunkpolitik. Am 27.05.2011 wurde die Resolution vom Ständigen Ausschuss des Europarates modifiziert übernommen und angenommen. Detailliert wird in dem Report der Stand der Forschung wiedergegeben, werden Schutz- und Vorsorgemaßnahmen gefordert, eine Forschungsförderung für neue Technologien und besonders eine Aufklärung unter Kinder- und Jugendlichen angemahnt.
Format: DIN A4Veröffentlicht am: 28.04.2021 ISBN-13: ISBN 978-3-9820686-2-6Sprache: DeutschHerausgeber: Kompetenzinitiative e.V.

Die Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung: Interessenkonflikte, „Corporate Capture“ und der Vorstoß zum Ausbau des 5G-Netzes

Über die Rolle der ICNIRP
Autor:
Klaus Buchner / Michele Rivasi
Inhalt:
Die weltweite Diskussion über die biologischen Wirkungen von Funkstrahlung wird von einer kleinen, aber international bestens vernetzten Gruppe von Wissenschaftlern beherrscht, deren Stellungnahmen oft in direktem Gegensatz zur Mehrheit der Forscher stehen. Ein wichtiges Glied in dieser Gruppe ist der private Verein ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) mit Sitz im Bundesamt für Strahlenschutz in Neuherberg bei München. Wer sind seine Mitglieder? Sind sie wirklich unabhängig und frei von Interessenskonflikten?
Auflage Januar 2017Format: A4Seitenanzahl: 84 Veröffentlicht am: 28.09.2016 Bestellnr.: 591Sprache: DeutschHerausgeber: Europäische Akademie für Umweltmedizin (EUROPAEM) – Arbeitsgruppe EMF

EUROPAEM EMF‐Leitlinie 2016 zur Prävention, Diagnostik und Therapie EMF‐bedingter Beschwerden und Krankheiten

Europäische Akademie für Umweltmedizin (EUROPAEM) – Arbeitsgruppe EMF
Autor:
Igor Belyaev, Amy Dean, Horst Eger, Gerhard Hubmann, Reinhold Jandrisovits, Markus Kern, Michael Kundi, Hanns Moshammer, Piero Lercher, Kurt Müller, Gerd Oberfeld*, Peter Ohnsorge, Peter Pelzmann, Claus Scheingraber und Roby Thill
Inhalt:
Ärzte werden immer häufiger mit Beschwerden unbekannter Ursache konfrontiert. Studien, empirische Beobachtungen und Berichte von Patienten weisen ganz eindeutig auf Wechselwirkungen zwischen Beschwerden und der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) hin. Die individuelle Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen wird jedoch meist außer Acht gelassen.
Artikel veröffentlicht:
01.03.2023
Autor:
diagnose:funk
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