Reaktion auf die aktuelle Studienlage
Diese Kampagne war offensichtlich eine Reaktion auf zwei Faktoren.
1. Der erste Faktor für diese Entwarnungskampagne ist der Rechtfertigungsdruck durch neue Studienergebnisse, die Gesundheitsrisiken nachweisen. Im Jahr 2021 veröffentlichte der Technikfolgenausschuss des Europäischen Parlaments die STOA-Studie „Health impact of 5G“ mit dem Ergebnis: Mobilfunkstrahlung schädigt die Gesundheit, das mache eine Schutz- und Vorsorgepolitik zwingend notwendig.[3] Die Ergebnisse neuester Einzelstudien, der US-amerikanischen NTP-, der italienischen Ramazzini- und der österreichischen AUVA-Studien sind eindeutig: Mobilfunkstrahlung kann Krebs auslösen. Die Metaanalyse von Choi et al. (2020) bestätigt, dass für Vielnutzer -17 Minuten tägliche Handynutzung über 10 Jahre - signifikante Beweise für eine erhöhtes Tumorrisiko vorliegen.[4]
Zu den möglichen Auswirkungen von Mobiltelefonen auf die Spermienqualität führte ein Forscherteam unter der Leitung von Professor Yun Hak Kim von der Pusan National University, eine Meta-Analyse durch, die Spermienschädigungen nachweist. Der systematische Review von Balmori (2022) in der Zeitschrift führte zum Ergebnis, dass Menschen, die in der Nähe von Mobilfunk- Basisstationen leben, Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind.[5]
Im Fazit des bisher größten Reviews zu oxidativem Zellstress / ROS (Freie Radikale, Reactiv Oxygen Species) von Schürmann/Mevissen (2021) schlussfolgern die Autoren, dass dieser Wirkmechanismus nachgewiesen und damit die Strahlung Ursache entzündlicher Erkrankungen sein kann.[6]
diagnose:funk dokumentiert die Studienlage auf der Datenbank www.emfdata.org, im ElektrosmogReport und mit einer Liste von 120 Reviews. Auch die BioInitiative Gruppe dokumentiert die Risiken in ihren Summaries. Das stellt die Deutungshoheit des Bundesamtes für Strahlenschutz in Frage.
Dass aus EU-Gremien seit 2020 Forderungen nach einer Schutzpolitik kommen, führte bei Industrie und BfS wohl zu besonderer Nervosität. So veröffentlichte im März 2022 der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Union (EWSA) im Amtsblatt der EU (04.03.2022) eine Stellungnahme, in der aus der Studienlage und der Debatte darum Konsequenzen für eine Strahlenschutzpolitik und neue Grenzwerte gezogen werden.[7]
diagnose:funk hat in einem Impulsvortrag die aktuelle Studienlage zusammengefasst.
2. Der zweite Faktor: Diese Studienlage führte auch dazu, dass landesweit Bürgerinitiativen entstehen, die sich mit fundierten Argumenten gegen den Aufbau von Mobilfunkmasten wehren. Die Umfragen des Bitkom und des BfS ergaben, dass unter der Bevölkerung weiterhin eine große Besorgnis über Strahlungsrisiken vorhanden ist (15).[8]
Mit einer Medienoffensive wurde ab Anfang 2022 auf diese zwei Faktoren - zunehmend beweiskräftigere Studienergebnisse und Bürgerprotest - reagiert, um v.a. auf die Zielgruppen Eltern, Ärzte und Politiker einzuwirken. Die Entwarnungsmeldungen wurden fast flächendeckend von den Medien übernommen, auch von großen Medizinportalen.
Diese Reaktion zeigt die wichtige Rolle von diagnose:funk durch seine Dokumentation der Forschung und der Auseinandersetzung mit den Versuchen, Forschungsergebnisse zu ignorieren oder falsch darzustellen. diagnose:funk setzte sich mit dieser Propagandawelle ausführlich auseinander. Die gesamte Auseinandersetzung ist dokumentiert auf unserer Homepage: www.diagnose-funk.org/1866
Quellen
[1] https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/uns-beunruhigtdie-faktenfreie-diskussion-uber-5g-7343332.html
[2] diagnose:funk Artikelserie zur Kampagne der Bundesregierung: https://www.diagnose-funk.org/1657
[3] Download der Studie auf: https://www.diagnosefunk.org/1789
[4] NTP (2018a): NTP Technical Report on the toxicology an carcinogenesis in Hsd: Sprague Dawley SD Rats exposed to whole-body radio frequency radiation at a Frequency (900 MHz) an modulations (GSM an CDMA) used by cellphones, https://ntp.niehs.nih.gov/ntp/about_ntp/trpanel/2018/march/tr595peerdraft.pdf
NTP (2018b): NTP Technical Report on the toxicology an carcinogenesis in B6C3F1/N MICE exposed to whole-body radio frequency radiation at a Frequency (1,900 MHz) and modulations (GSM AND CDMA) used by cellphones, https://ntp.niehs.nih.gov/ntp/about_ntp/trpanel/2018/march/tr596peerdraft.pdf
Falcioni L et al.(2018): Report of final results regarding brain and heart tumors in Sprague-Dawley rats exposed from prenatal life until natural death to mobile phone radiofrequency field representative of a 1.8 GHz GSM base station environmental emission. Environ Res 2018; 165: 496-503
ATHEM-2 (2016): Untersuchung athermischer Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich, AUVA Report-Nr.70; Hrsg. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Österreich
Choi et al. (2020): Cellular Phone use und Risk of Tumor: Systematic Review and Meta-Analysis, International Journal of Environmental Research and Public Health, 2020, 17, 8079:
- "In sum, the updated comprehensive meta-analysis of casecontrol studies found significant evidence linking cellular phone use to increased tumor risk, especially among cell phone users with cumulative cell phone use of 1000 or more hours in their lifetime (which corresponds to about 17 min per day over 10 years), and especially among studies that employed high quality methods."
siehe auch: https://www.diagnose-funk.org/1635
[5] https://www.diagnose-funk.org/1891
[6] https://www.diagnose-funk.org/1692
[7] Alles zu der EWSA-Stellungnahme auf https://www.diagnose-funk.org/1828
[8] Bitkom veröffentlicht Umfrage und erbittet staatliche Hilfe: https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/1554, https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Studiezur-Akzeptanz-von-Mobilfunkmasten