Die AutorInnen der STOA-Studie schreiben, dass diese politischen Optionen sich aus ihrer Studie ergeben und dass sie sich auf alle Mobilfunkfrequenzen beziehen, also von 700 MHz bis 26 GHz für die Anwendungen 2G (GSM), 3G (UMTS, in Deutschland inzwischen abgeschaltet), 4G (LTE) und 5G (alle Frequenzen bis 3,7 GHz sowie 26 GHz und höher). Die WissenschaftlerInnen richten sich an die aktuell herrschende Mobilfunkpolitik in der EU und damit auch an die deutsche Politik. Da sich die Forderungen der STOA-Studie leider hinter recht sperrigen Überschriften verbergen, übersetzen wir diese in leicht verständliche Formulierungen.
>>> Dieser Artikel erschien in Ausgabe 4/2022 unseres Mitgliedermagazins „kompakt“, als PDF in der rechten Spalte unter „Downloads“.
1. Weniger Strahlung von Mobiltelefonen
Die erste politische Forderung lautet: „Entscheidung für eine neue Technologie für Mobiltelefone, die eine Verringerung der HF-Belastung ermöglicht“. Dabei stellt die STOA-Studie klar, dass Mobiltelefone für eine deutlich höhere Strahlungsbelastung der Menschen verantwortlich sind als Mobilfunkmasten und Handys damit „die größte Bedrohung darzustellen“ scheinen. Nicht erwähnt wird, dass die rund um die Uhr sendenden Mobilfunkmasten eine Dauerbelastung der Bevölkerung darstellen, der sich niemand entziehen kann.
Ob man ein Mobiltelefon hat oder nicht, ob man es mit oder ohne dauersendenden Hintergrunddiensten betreibt (Tipp: mobile Daten ausschalten), und ob man beim Telefonieren das Gerät dicht ans Ohr hält oder lieber per Freisprecheinrichtung oder Air-Tube-Headset telefoniert und so das strahlende Gerät auf Abstand hält – all diese Entscheidungen zulasten oder zugunsten der persönlichen Strahlenbelastung kann jeder Mensch selbst treffen. Die Dauerbestrahlung durch die Mobilfunkmasten kann jedoch niemand „abwählen“, sie besteht immer und für alle – und je näher am Sendemast, desto eher gesundheitsschädlich.
Nun sind Mobiltelefone aber eine praktische Sache, deren Annehmlichkeiten offensichtlich kaum jemand missen möchte. Milliarden von Menschen sind also tatsächlich der Strahlung ihrer eigenen Telefone permanent ausgesetzt – und gefährden sich damit selbst. Da ist es nur folgerichtig, dass die Autorinnen und Autoren der STOA-Studie fordern, dass diese Geräte strahlungsärmer werden. Konkret fordert die STOA-Studie, dass
- „immer sicherere Telefongeräte hergestellt werden“,
- „die wenig Energie abgeben“
- „und möglichst nur in einem bestimmten Abstand zum Körper funktionieren.“
Begründet werden diese Forderungen damit, dass kabelgebundene Headsets unbequem und abschreckend seien (siehe auch Verbrauchertipp im Kasten) und die Freisprecheinrichtung nicht immer verwendet werden könne.
Medizinisch begründete Grenzwerte für Endgeräte notwendig
Schauen wir uns zunächst die funkenden Mobiltelefone der Gegenwart an: Grundsätzlich können LTE-Handys bereits heute mit sehr wenig Sendeleistung Daten und Telefonate („Voice over LTE“) austauschen. Ob sie es tun, also wie stark die Geräte strahlen, ist bislang eine Entscheidung der Hersteller. Doch die STOA-Studie setzt genau da an und fordert „strengere Grenzwerte in der EU für Mobilfunkgeräte“. Bislang gibt es keine gesetzlichen Grenzwerte für Smartphones, sondern nur den freiwilligen SAR-Wert (Spezifische Absorptionsrate) von max. 2 W/kg, gemittelt über 10 g Körpergewebe. Dieser SAR-Wert berücksichtigt lediglich den thermischen Effekt, wonach sich Gewebe durch Mikrowellenstrahlung erwärmt. Die athermischen Effekte, also der oxidative Zellstress mit all seinen Folgen wie Krebs und Fruchtbarkeitsschädigung, aber auch Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlaf- und Gedächtnisstörung bis hin zur Elektrohypersensibilität sind beim SAR-Wert nicht beachtet.
Daher benötigen wir gesetzliche, medizinisch begründete maximale Strahlungswerte für alle strahlenden Endgeräte wie Smartphones, Smartwatches, Laptops, Tablets und Smart Home-Produkte. Vermutlich meint die Forderung aus der STOA-Studie genau dies. Bereits die dazu nötige Diskussion über weniger stark strahlende Geräte würde das Problembewusstsein sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung steigern. Ein gesteigertes Problembewusstsein wäre der erste Schritt zur dringend notwendigen Verhaltensänderung: Kabel statt Funk.
Doch „Kabel statt Funk“ klappt beim Telefonieren mit dem Smartphone nur, wenn man zu Hause oder im Büro ist, das Handy strahlungsfrei per LAN-Adapter am Router betreibt und das Gerät Telefonate als IP-Telefonie (Voice over IP, VoIP) führt. All das ist technisch sofort umsetzbar, eine entsprechende IP-Telefonat-App vorausgesetzt. Würden die Hersteller gesetzlich dazu verpflichtet, LAN-Adapter zum Lieferumfang hinzuzufügen und Telefonate immer als VoIP übers Internetkabel zu ermöglichen, sobald eine LAN-Verbindung vorhanden ist, wäre dies zudem ein einfacher Verbrauchertipp.
Die politischen Optionen der STOA-Studie war auch Inhalt von Webinar Nr. 21, dessen Mitschnitt Sie hier ansehen können: