ElektrosmogReport 3-2022 / Schwerpunkte: Schädigungen durch Mobilfunkmasten und der Fertilität

Neue, peer-reviewte Studien, die Risiken der nicht-ionisierenden Strahlung nachweisen.
Neue Studien: ● Wirkung der Hochfrequenz von Sendeanlagen ● Review zur Spermienqualitat ● Mobilfunkwirkung auf gesunde Spermien in vitro ● HF-Wirkung auf spermienbildende Zellen ● 5G-Wirkung auf Vertebraten ● Wirkung von 3,0 GHz auf Nervenzellen ● Oxidative Wirkung von Hochfrequenz ● DNA-Schäden: Mobilfunk im Vergleich zu Niederfrequenz ● THz-Strahlung und Calciumkanäle ● Magnetsinn des Menschen ● Mechanismen des Magnetsinns ● Natürlicher Elektromagnetismus und Biorhythmen
ElektrosmogReport 3/2022diagnose:funk

Im ElektrosmogReport 2022-3, 28. Jhg., werden 12 neue Studien zu Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf Mensch und Natur besprochen, davon 9 medizinisch-biologische Studien, 3 Reviews zu Wirkmechanismen und Grundlagenbetrachtungen. 

Einen Gesamtüberblick über die Studienlage gibt unsere Zusammenstellung von 113 Reviews, ein Impulsvortrag zum Stand der Forschung und unsere Datenbank www.emfdata.org. Die Datenbank enthält jetzt 514 HF-Studien, davon sind 330 detailliert ausgewertet.

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Neue Studien im ElektrosmogReport: Schwerpunkt Auswirkung Mobilfunk-Sendeanlagen und Schädigung der Fertilität

 

Mobilfunksendeanlagen: Der Review von Balmori (2022) gibt einen aktuellen vollständigen Überblick über die wissenschaftliche Literatur zur Wirkung von Mobilfunkantennen auf den Menschen. Von den 38 Arbeiten – die meisten hatten 900 und 1800 MHz untersucht – fanden 28 (73,6 %) Wirkungen: Mikrowellen-Krankheit 73,9 % (17 von 23), Krebs 76,9 % (10 von 13) und Veränderungen biochemischer Parameter 75,0 % (6 von 8) (s. dazu Grafik).

Daten aus dem Review von Balmori (2022)Grafik:diagnose:funk

Fertilität: Die Review von Kim et al. (2021), die Studien von Hassanzadeh-Taheri et al. (2022, Quelle Mobiltelefon), Jaffar et al. (2022, WLAN Frequenz)) und Panagopoulos (2019, Quelle Mobiltelefon 900 & 1800 MHz), zeigen, dass die Nutzung von Mobiltelefonen die Spermienqualität beeinträchtigt, u.a. die Beweglichkeit, Lebensfähigkeit und Konzentration, zur DNA-Fragmentierung führt und die Zellteilung der Spermatogonien beeinflusst.

Gehirn & Neurologie: Die Studie von Dasgupta et al. (2022) zeigt Störungen wichtiger biochemischer Prozesse während der neuronalen Entwicklung durch die Strahlung von 3,5 GHz, Echchgadda et al. (2022, 3,0 GHz) weisen nach, dass die Erregbarkeit der embryonalen Hippocampuszellen auf nicht-thermische Weise verändert war. Die Studie von Pooam et al. (2022, 1,8 GHz) zeigt Veränderungen bei ROS (reaktive Sauerstoffspezies) und der Signalgebung, Guo et al. (2022) untersuchten die Auswirkungen von THz-Frequenzen auf die Ionenkanäle von Nervenzellen.

Wirkmechanismen: Die Studien von Chae et al. (2022), Ikeya & Woodward (2021) und Price et al. (2021) befassen sich mit grundlegenden Mechanismen: Magnetsinn des Menschen, natürlicher Elektromagnetismus und Biorhythmen.

 

Studien im ElektrosmogReport 3/2022 von A-Z

 

Wirkung von Hochfrequenz

Belege für ein Gesundheitsrisiko durch Hochfrequenzstrahlung bei Menschen, die in der Nähe von Mobilfunk-Basisstationen leben: von der Mikrowellen-Krankheit zu Krebs

Balmori A (2022): Evidence for a health risk by RF on humans living around mobile phone base stations: From radiofrequency sickness to cancer. Environmental Research 214, 113851

  • Diese Übersichtsarbeit gibt einen aktuellen vollständigen Überblick über die wissenschaftliche Literatur zur Wirkung von Mobilfunkantennen auf den Menschen. Von den 38 Arbeiten – die meisten hatten 900 und 1800 MHz untersucht – fanden 28 (73,6 %) Wirkungen: Mikrowellen-Krankheit 73,9 % (17 von 23), Krebs 76,9 % (10 von 13) und Veränderungen der biochemischen Parameter 75,0 % (6 von 8).

Magnetsinn des Menschen

Der menschliche Magnetsinn wird durch einen licht- und magnetfeldresonanzabhängigen Mechanismus vermittelt

Chae, K. S., Kim, S. C., Kwon, H. J., & Kim, Y. (2022): Human magnetic sense is mediated by a light and magnetic field resonance-dependent mechanism. Scientific Reports, 12(1), 1-11. https://doi.org/10.1038/s41598-022-12460-6

  • Koreanische Forscher zeigen im Versuch, dass der Mensch einen funktionsfähigen lichtabhängigen Magnetfeldrezeptor in seinen Augen besitzt. Zahlreiche Organismen nutzen ihren Magnetsinn als sensorischen Anhaltspunkt für die Wanderung, die Ausrichtung des Körpers oder die Nahrungssuche. Trotz einiger widersprüchlicher Berichte wurde bislang allgemein angenommen, dass der Mensch keinen Magnetsinn besitzt.

5G-Wirkung auf Vertebraten (Wirbeltiere)

Transkriptomische Veränderungen und langfristige Verhaltensdefizite assoziiert mit 3,5 GHZ Hochfrequenzbestrahlung während der Entwicklung von Zebrabärblingen

Dasgupta, S., Leong, C., Simonich, M. T., Truong, L., Liu, H., & Tanguay, R. L. (2022): Transcriptomic and Long-Term Behavioral Deficits Associated with Developmental 3.5 GHz Radiofrequency Radiation Exposures in Zebrafish. Environmental Science and Technology Letters, 9(4), 327–332. https://doi.org/10.1021/acs.estlett.2c00037

  • Die Daten weisen darauf hin, dass Hochfrequenz Auswirkungen auf das Sozial- und Angstverhalten von adulten Zebrabärblingen haben konnte. Grund für diese, wenn auch subtile, Verhaltensstörung konnte die Kurzzeitbefeldung 3 Monate vor den Verhaltensanalysen sein. Die Untersuchung der zugrundeliegenden, molekularen Veränderungen weist auf Komponenten der Nukleinsäuresynthese sowie des Stoffwechsels hin. Laut den Autoren konnten Störungen solcher wichtiger biochemischer Prozesse während der Entwicklung auch die neuronale Entwicklung beeinträchtigen. Zebrabärblinge sind Modellorganismen in der Genetik und Entwicklungsbiologie.

Wirkung von 3,0 GHz auf Nervenzellen

Änderungen der Erregbarkeit primärer Hippocampuszellen nach Bestrahlung mit hochfrequenten Feldern von 3,0 GHz

Echchgadda I, Cantu JC, Tolstykh GP, Butterworth JW, Payne JA, Ibey BL (2022): Changes in the excitability of primary hippocampal neurons following exposure to 3.0 GHz radiofrequency electromagnetic fields. Scientific Report 12, 350; https://doi.org/10.1038/s41598-022-069

  • Die Bestrahlung mit 3,0 GHz geringer Intensität veränderte 15 Minuten nach Ende der 60-minütigen Bestrahlung deutlich die Aktivität der Nervenzellen, d. h. die Erregbarkeit der embryonalen Hippocampuszellen war auf nicht-thermische Weise verändert. Vor allem erzeugte die Strahlung eine signifikante Depolarisation des Ruhepotenzials und eine signifikante Abnahme der Amplitude des Aktionspotenzials, das von einem Anstieg der Ca2++-Ionen in der Zelle begleitet war und die synaptische Übertragung wurde durch die 3,0-GHz-Strahlung potenziert. Diese Befunde deuten auf die Möglichkeit veränderter Gehirnfunktion hin.

THz-Strahlung und Calciumkanäle

Theoretische Untersuchung zur Wirkung von Terahertz-Strahlung auf den Calciumtransport in den Calciumkanälen

Guo L, Bo W, Wang K, Wang S, Gong Y (2022): Theoretical investigation on the effect of terahertz wave on Ca2+ transport in the calcium channel. iScience 25 (1), https://doi.org/10.1016/j.isci.2021.103561

  • Die Forschung untersucht, ob Terahertz(THz)-Strahlung die Ionenkanäle von Nervenzellen beeinflusst und weitere Reaktionen hervorruft. Ca2+-Ionen und Ca2+-Kanäle spielen eine wichtige Rolle bei vielen physiologischen und biologischen Prozessen, von Kontraktionen des Herzmuskels und anderer Muskeln über Signalgebung (Impulse) im Nervensystem bis zur Transkription von Genen. Die Untersuchungen zeigten, dass externe THz-Strahlung den Ca2+-Transport durch den Ca2+-Ionenkanal beschleunigen kann. Wenn die Temperatur erhöht wird, ist die Bewegung der Ionen beschleunigt und das Strahlungsspektrum der Ca2+-Ionen verschiebt sich zu höherer Frequenz. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern eine theoretische Basis für zukünftige Betrachtung der THz-Wellen und für Behandlungen mit THz-Wellen im Bereich der Neurologie.

Mobilfunkwirkung auf gesunde Spermien in vitro

Die schädliche Wirkung von Handystrahlung auf die biologischen Eigenschaften von Spermien gesunder Männer (Normozoospermikern)

Hassanzadeh-Taheri, M., Khalili, M. A., Hosseininejad Mohebati, A., Zardast, M., Hosseini, M., Palmerini, M. G., & Doostabadi, M. R. (2022): The detrimental effect of cell phone radiation on sperm biological characteristics in normozoospermic. Andrologia, 54(1), e14257. https://doi.org/https://doi.org/10.1111/and.14257

  • Die zytologischen Tests zeigten, dass die Spermienbeweglichkeit und -überlebensfähigkeit nach der Befeldung statistisch signifikant vermindert waren. Gleichzeitig war die Anzahl apoptotischer Spermien sowie die DNA-Fragmentierung signifikant gesteigert. Daher empfehlen die Forscher Männern, ihre Mobiltelefone von ihrem Becken fernzuhalten.

Die zelluläre Autofluoreszenz ist magnetfeldempfindlich

Ikeya, N., & Woodward, J. R. (2021). Cellular autofluorescence is magnetic field sensitive. Proceedings of the National Academy of Sciences, 118(3), e2018043118. https://doi.org/10.1073/pnas.2018043118

  • Forscher der Universität Tokyo haben nun den direkten Beweis erbracht, dass Magnetfelder im Millitesla-Bereich in vivo zu chemischen Reaktionen führen, die durch Fluoreszenzmikroskopie zu beobachten sind. Hierbei wurde Flavin als das direkt durch Magnetfelder in seinen Elektronenspin-Eigenschaften veränderte Molekül identifiziert. Spektroskopische und mechanistische Hinweise identifizierten Flavin als das Trägermolekul von Elektronentransferreaktionen, welche durch den Radikalpaar-Mechanismus erklärt werden können.

HF-Wirkung auf spermienbildende Zellen

Wirkung langfristiger WLAN-Exposition von der Vorpubertät bis zum Erwachsenenalter auf die Spermatogonien-Zellteilung und schützende Wirkung einer Nahrungsergänzung mit essbarem Vogelnest

Jaffar, F. H. F., Osman, K., Hui, C. K., Zulkefli, A. F., & Ibrahim, S. F. (2022): Long-Term Wi-Fi Exposure From Pre-Pubertal to Adult Age on the Spermatogonia Proliferation and Protective Effects of Edible Bird’s Nest Supplementation. Frontiers in Physiology, 13. https://doi.org/10.3389/fphys.2022.828578

  • Die langfristige WLAN-Befeldung von sich entwickelnden Ratten besitzt negative Auswirkungen auf ihr Fortpflanzungssystem. Die Zellteilung der Spermatogonien wurde signifikant vermindert. Laut den Wissenschaftlern konnten die Ergebnisse möglicherweise das Fortschreiten der Unfruchtbarkeitvon Kindern, welche das f ortpflanzungsfähige Alter erreichen, erklären.

Review zur Spermienqualität

Auswirkungen der Nutzung von Mobiltelefonen auf die Spermienqualität – keine zeitabhängige Beziehung zur Nutzung: Eine systematische Übersichtsarbeit und aktualisierte Meta-Analyse

Kim, S., Han, D., Ryu, J., Kim, K., & Kim, Y. H. (2021): Effects of mobile phone usage on sperm quality – No time-dependent relationship on usage: A systematic review and updated meta-analysis. In Environmental Research (Vol. 202). Academic Press Inc. https://doi.org/10.1016/j.envres.2021.111784

  • Die Nutzung von Mobiltelefonen verringert die Spermienqualität, indem sie Beweglichkeit, Lebensfähigkeit und Konzentration beeinträchtigt. Die Subgruppenanalyse lasst auf eine nicht-thermische Wirkung mit Dosis-Wirkung-Beziehung schließen.

DNA-Schäden: Mobilfunk im Vergleich zu Niederfrequenz

Vergleich von DNA-Schäden, die durch Mobiltelefonie und andere Arten von anthropogenen elektromagnetischen Feldern verursacht werden

Panagopoulos, D. J. (2019): Comparing DNA damage induced by mobile telephony and other types of man-made electromagnetic fields. Mutation Research/Reviews in Mutation Research, 781, 53-62. https://doi.org/10.1016/j.mrrev.2019.03.003

  • Es wurde festgestellt, dass die Strahlungsexposition durch Mobiltelefone während des normalen „Sprech“-Modus die DNA Fragmentierung  im Gegensatz zu zytotoxischen Chemikalien und niederfrequenten EMF, in allen Entwicklungsstadien und darüber hinaus in allen drei Typen von Eikammerzellen induziert. Der entscheidende Parameter für die intensive Bioaktivität scheint die extreme Variabilitat der polarisierten Mobilfunk-Signale zu sein, hauptsächlich aufgrund der großen unvorhersehbaren Intensitatsänderungen. Es wurde festgestellt, dass Mobilfunk- EMF signifikant gefährlicher sind als die anderen Arten von EMF.

Oxidative Wirkung von Hochfrequenz

1,8-GHz-Strahlung verändert ROS in menschlichen HEK293-Zellen als Funktion der Signalamplitude

Pooam M, Jourdan N, Aguida B, Dahon C, Baouz S, Terry C, Raad H, Ahmad M (2022): Exposure to 1.8 GHz radiofrequency field modulates ROS in human HEK293 cells as a function of signal amplitude. Communicative & Integrative Biology, 15:1, 54–66, DOI: 10.1080/19420889.2022.2027698

  • Diese Experimente zeigen, dass das Einwirken der 1,8-GHz-Felder von Telekommunikationsgeräten mit Feldstärken, die im normalen Umfeld vorkommen, eine direkte physiologische Wirkung auf zelluläre ROS-Biosynthese und Signalgebung haben können. Da intrazelluläre ROS nützliche und schädliche (positive oder negative) Wirkungen haben, können diese Ergebnisse eine Erklärung für die vielen physiologischen Wirkungen der Mikrowellen liefern.

Natürlicher Elektromagnetismus und Biorhythmen

Natürliche niederfrequente Felder in der Atmosphäre und in lebenden Organismen

Price, C., Williams, E., Elhalel, G., & Sentman, D. (2021): Natural ELF fields in the atmosphere and in living organisms. International Journal of Biometeorology, 65(1), 85-92. https://doi.org/10.1007/s00484-020-01864-6

  • Die zellulare elektrische Aktivitat bei Wirbeltieren und wirbellosen Tieren tritt bei extrem niedrigen Frequenzen (NF) auf, mit charakteristischen Maxima unter 50 Hz. Die typische elektrische Aktivität der Hirnrinde beim Menschen tritt in einem Frequenzbereich unter 50 Hz auf, wobei Alphawellen (8–13 Hz) für Entspannung, Betawellen (14–25 Hz) für normalen wachen Geisteszustand stehen, Gamma-Wellen (30–100 Hz) mit Wahrnehmung und Bewusstsein verbunden sind, Delta-Wellen (0,5–4 Hz) charakteristisch für Tiefschlaf sind und Theta-Wellen (4–8 Hz) für Kreativität und Träume. Die Autoren schlagen vor, dass die natürlichen elektromagnetischen Resonanzfrequenzen in der Atmosphäre, die kontinuierlich durch die globale Blitzaktivität erzeugt werden, über Milliarden von Jahren während der Evolutionsgeschichte die elektrischen Hintergrundfelder für die Entwicklung der zellulären elektrischen Aktivität lieferten. Die hier besprochenen Studien zeigen, dass sehr schwache magnetische Wechselfelder biologische Prozesse beeinflussen. Leider fehlt bislang ein physikalischer Mechanismus zur Erklärung dieser Befunde.
diagnose:funk

 

Artikel veröffentlicht:
06.09.2022
Autor:
diagnose:funk
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