Dichtung und Wahrheit: STOA-, MOBI-Kids-, UK Million Women- und Röösli-Studie
Die Industrie will ihre Produkte verkaufen, und jeder Nachweis, mit dem Kauf und der Nutzung eines Produktes könnten Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Natur verbunden sein, darf nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Dafür werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, das erlebten wir u.a. beim Rauchen, bei Asbest, beim Diesel und nun auch bei der Digitalisierung und Mobilfunk.
Geradezu klassisch ist das Statement zur Mobilfunk-Studienlage von Telefonica-Chefs Markus Haas:
- „Uns beunruhigt diese Diskussion sehr, weil sie faktenfrei ist. Es gibt keinerlei wissenschaftlich fundierte Studien, die auch nur irgendeine Gesundheitsgefährdung sehen.“
Um diese Meinung zur öffentlichen Meinung werden zu lassen, derzeit v.a. um den reibungslosen 5G Ausbau zu rechtfertigen, wurde zunächst im Jahr 2020 die Kampagne der Bundesregierung "Deutschland spricht über 5G" inszeniert, und im ersten Halbjahr 2022 eine Medienkampagne, basierend auf vier Studien. Der EU Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst Cordis teilte z.B. über die politische Bedeutung der Mobi-Kids Studie mit: "Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich eine sehr hohe öffentliche Aufmerksamkeit erhalten und könnten erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen haben". Zu jeder dieser vier Studien hat diagnose:funk Analysen vorgelegt mit dem Ergebnis:
- Die verharmlosenden Interpretationen in den Medien sind falsch. Die Studien zeigen sehr wohl deutliche Hinweise für die Gesundheitsschädlichkeit der Mobilfunkstrahlung.
1. MOBI-Kids-Studie
Die MOBI-Kids Studie hat nicht nachgewiesen, wie v.a. das Bundesamt für Strahlenschutz behauptet, dass Kinder vom Handytelefonieren keinen Gehirntumor bekommen. Die überwiegende Zahl (mindestens 80%) der untersuchten Kinder mit Tumoren hatten den Tumor bereits bekommen, bevor sie ein Handy nutzten, pränatal oder kurz nach der Geburt. Die MOBI-Kids Studie weist darauf hin, dass durch die spätere Nutzung von Mobiltelefonen eine beschleunigte Entwicklung dieser Tumoren erfolgt sein dürfte. Lesen Sie dazu unsere Analysen:
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Ergebnisse der MOBI-Kids-Studie und ihre durch das Bundesamt für Strahlenschutz verbreitete Fehlinterpretation, umwelt-medizin-gesellschaft 3/2022 (erschien auch auf Englisch).
2. UK Million Women-Studie
Die Entwarnungen "Handys machen keine Tumoren!" der UK Million Women Studie beruhen auf Daten von Wenig-Telefoniererinnen, die Entwarnung ist damit ein Bluff. Die Daten von Langzeit-Telefoniererinnen, die die Studie auch enthält, geben stattdessen Hinweise auf ein erhöhtes Gehirntumorrisiko. Sie werden in der Berichterstattung nicht erwähnt. Lesen Sie dazu unsere Analysen:
3. Röösli-Studie in „Aktuelle Kardiologie“
Die Zeitschrift Aktuelle Kardiologie veröffentlichte in der Ausgabe 10/2021 den Artikel „Gesundheitsrisiko Mobilfunkstrahlung? Was ändert sich mit 5G?“von Röösli et al. Der Artikel ist irreführend, weil er mit Halbwahrheiten von den Risiken ablenkt, brisante Ergebnisse nicht dokumentiert und den Leser über Rööslis Verbindungen zur Industrie um Unklaren lässt. Lesen Sie dazu unsere Analysen:
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Eine Auseinandersetzung mit Prof. M. Rööslis Darstellung der Studienlage zu nicht-ionisierender Strahlung und 5G (als PDF aus umwelt-medizin-gesellschaft 2/2022, erschien auch auf Englisch).
4. STOA-Studie „Health impact of 5G“
Vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) werden Methode und Inhalt der STOA-Studie verfälscht dargestellt. Die Studie, herausgegeben vom Technikfolgenausschuss des EU-Parlaments, weist nach, dass Krebs und Fertilitätsstörungen durch Mobilfunkstrahlung ausgelöst werden können. Mit Behauptungen und Falschaussagen wird versucht, vom Inhalt und den Konsequenzen der Studie abzulenken. Lesen Sie dazu unsere Analysen:
Drehbuch, Vermarktung, Wording: Werbeagenturen am Werk
Die Medienkampagne im ersten Halbjahr 2022, die auf diesen vier Veröffentlichungen beruht, hatte die Botschaften:
- An Entscheidungsträger: Beim Mobilfunkausbau besteht kein Regulierungsbedarf, weil kein Risiko vorliegt.
- An Ärzte: Symptome, die Patienten auf Elektrosmog zurückführen, sind eingebildet.
- An Verbraucher: Kinder und Erwachsene können die mobilen Geräte bedenkenlos nutzen.
Kronzeuge für die Unbedenklichkeit der Mobilfunkstrahlung in den Medienberichten ist meist das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Dort, wo sich Widerstand entwickelt, geht das BfS jetzt mit neu ausgebildeten Referenten des KEMF (Kompetenzentrum Elektromagnetische Felder, Cottbus) aktiv auf Gemeinderäte und Bürgermeister zu, um sie von der Unbedenklichkeit zu überzeugen. Die Kommunikationsstrategie dafür wurde offensichtlich von der Werbeagentur Scholz & Friends [1] entworfen, die Geschäftspartner der Presseagentur dpa ist. Als dpa-Faktencheck oder Nachricht schaffen es diese Entwarnungsmeldungen flächendeckend in Presse und TV.
Sie können gegen diese Desinformationen aktiv werden!
Schreiben Sie der Chefredaktion ihrer Lokalzeitung, dass die Meldungen in der Zeitung über die MOBI-Kids und UK Million Women-Studie auf einer Fehlinterpretation beruhen, die von der dpa unüberprüft verbreitet wurde. Bitten Sie darum, dass dies wegen der Konsequenzen für die Gesundheit richtig gestellt wird. Verweisen Sie auf diesen Homepageartikel hin und auf die >>> Zusammenfassung der Studienlage.
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Quelle
[1] So heißt es in der Power Point Präsentation der Agentur Scholz & Friends im Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) zur Kampagne "Deutschland spricht über 5G":
- "Aufgabe: Die Bundesregierung stellte in ihrer Mobilfunkstrategie von 2019 den Bedarf einer Kommunikationsinitiative rund um das Thema Mobilfunk fest, um Bedenken und Desinformation der Bevölkerung zu begegnen und entgegenzuwirken.
- Lösung: Scholz & Friends Agenda hat im Corona-Jahr 2020 eine umfassende Dialoginitiative im digitalen Raum geschaffen, die seit Sommer 2021 zusätzlich durch Bürgerdialoge in den Regionen flankiert wird.
- Erfolg: Unter www.deutschland-spricht-ueber-5G.de ist die erste, echte Dialog Website der Bundesregierung entstanden. Der Dialog wird außerdem auf Facebook, Twitter und Instagram zielgruppengenau geführt. Informationsmaterialien für Kommunen sind vorhanden. Videos auf YouTube lassen ExpertInnen zu Wort kommen. Bürgerdialoge werden deutschlandweit in unterschiedlichen Formaten angeboten – vom digitalen runden Tisch bis Infomarkt und Bürgerversammlung. Bis September 2021 wurden bereits fünf „5G-Dialoge in Kommunen“ in den Pilotregionen Sachsen und Rheinland-Pfalz durchgeführt."
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