Über das Interview in der Süddeutschen Zeitung (paywall) (18.01.22, golem & dpa Meldung) formuliert Markus Haas die Forderungen der Mobilfunkindustrie für den 5G-Ausbau an die Bundesregierung: Die Industrie will, dass es nach ihren Regeln läuft.
„Wir stecken in einem Regelungskorsett“, beklagt Markus Haas. Es gibt nur ein Korsett, das geltende Recht. Das Recht der Kommune, innerhalb von 8 Wochen eine Standortanfrage für eine Sendeanlage zu überprüfen, ggf. nach § 7a BImSchV ein Dialogverfahren über alternative Standorte zu eröffnen und ein Mobilfunkkonzept zu beschließen, ist juristisch gesichert.
Das ist Haas zu viel kommunale Demokratie. Haas formuliert es frank und frei:
- „Wir wünschen uns eine Freistellung der Mobilfunkstandorte ... Das heißt: Wir dürfen einen Mobilfunkstandort entlang einfacher, übergeordneter Regelungen an geeigneten Standorten bauen, und er wird erst danach abschließend genehmigt. Wenn die Genehmigung nicht erteilt werden kann, bauen wir den Standort zurück. Das Risiko liegt also vollständig bei uns. Das Vorgehen würde uns einen ordentlichen Boost geben und den Ausbau deutlich beschleunigen, weil wir nicht mehr sehr lange auf jede Einzelgenehmigung warten müssen. Das könnte man übrigens auch bei Windrädern so machen.“
Wir bauen erst mal, schaffen vollendete Tatsachen. Tesla in Brandenburg sei doch da vorbildlich! Besorgt fragt die Süddeutsche Zeitung: „Aber damit würden die Mitspracherechte von Kommunen und Anwohnern einfach ausgehebelt.“ Keine Antwort darauf von Haas. Er gibt sich selbstsicher. Warum, darüber gibt eine Stelle im Interview aufschlussreich Auskunft:
- „SZ: Glauben Sie, dass das ausgerechnet unter einem grünen Wirtschaftsminister umzusetzen ist?
- Haas: Warum nicht? Wir müssen dringend etwas ändern, um die Ziele zu erreichen. Aber es gibt natürlich auch große Unterschiede: Wenn Sie mit Politikern auf Bundesebene sprechen, ist die Sache klar. Wenn Sie auf kommunaler Ebene reden, wird es naturgemäß kleinteiliger. Das ist bei allen Parteien ähnlich.“
Im Klartext: Mit der Bundesregierung wurde dieser Vorstoß zur Entrechtung der Kommunen bereits besprochen. Das Lobbying war offensichtlich erfolgreich. Auf der ersten Klausur der Bundesregierung scheint diese Entrechtung auch schon Thema gewesen zu sein:
- “Beim Thema beschleunigter Planungs- und Verwaltungsverfahren wurde nach Auskunft von Finanzminister Christian Lindner (FDP) erst einmal „gesammelt“, mit welchen Maßnahmen die Infrastruktur der Zukunft schneller gebaut werden kann.“ (Stuttgarter Zeitung, 22.1.22)