Neue Studie des World Future Council warnt: Digitalisierung ist ein Klimakiller!

Ampel-Koalitionsvertrag: Versprechen von nachhaltiger Digitalisierung ist Greenwashing.
In der neuen Studie des Think Tanks World Future Council "Wie kann das verbliebene CO2-Budget gerecht auf die Weltbevölkerung aufgeteilt werden? Zur Problematik zusätzlicher globaler Energieverbräuche bei begrenztem CO2-Budget und endlichen Ressourcen" von Martin Kroll werden einige Hauptklimakiller detailliert analysiert: der Auto- und Luftverkehr, die Landwirtschaft, Fleischkonsum, Zementproduktion und ganz prominent: Die Digitalisierung und 5G. Die Studie zeigt aber auch, wie bei einem Umsteuern in der Politik die Katastrophe noch verhindert werden könnte.
Titelbild WFC-Studie

Die Studie des World Future Council fordert zu jedem Digitalisierungsprojekt einen ökologischen Fußabdruck mit der Konsequenz:

  • "Nicht alles, was technisch machbar ist, muss auch umgesetzt werden ... Neue Technologien, die zu einem Anstieg des Energieverbrauchs führen, müssen von der Energieverbrauchsfolgenabschätzung identifiziert und gegebenenfalls bestmöglich verhindert werden können (S.21)."

 

 

Auf die diagnose:funk Eingabe zum Koalitionsvertrag antworteten Kandidierende verschiedener Parteien, die Digitalisierung sei entgegen unserer Befürchtungen eine Bedingung für Nachhaltigkeit. Im neuen Koalitionsvertrag heißt es: "Nachhaltigkeit in der Digitalisierung. Wir wollen die Potentiale der Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit nutzen (S.18)."

Liest man den neuen Koalitionsvertrag, so sollen all die Projekte beschleunigt werden, die der WFC als Klimakiller identifiziert. Die WFC-Studie weist detailliert nach, dass unter kapitalistischen Vorzeichen die Potentiale der Digitalisierung für Nachhaltigkeit nicht zum Tragen kommen, weil sie das zerstörerische Wachstum ankurbeln soll. Der Koalitionsvertrag stellt die Ampel bei der Digitalisierung auf Grün für mehr Ressourcen- und Energieverbrauch. Und der Bock wird zu Gärtner gemacht: Die vom Wachstumsvirus infizierte FDP bekommt das neue Digitalisierungsministerium. Der Koalitionsvertrag enthält keine Leitplanken für eine nachhaltige Digitalisierung. Für die Argumentation gegen eine weitere klimakillende Politik, die dadurch droht, bietet die neue WFC-Studie entscheidende Argumente. Im Fazit der Studie heißt es:

  • "Es ist extrem wichtig, dass der Globale Norden seine Energienachfrage nicht für viele verschwendende Anwendungen steigen lässt, deren Wohlstandsvermehrungen eher im Bereich des Luxus- und Bequemlichkeitskonsum liegen. Beispiele dafür sind das energieintensive und schnell zunehmende Videostreaming, viele neue 5G-Anwendungen, das Fahren mit zu großen und zu schweren Autos, ein zu hoher Fleischkonsum und zu viele Flugreisen.(S.36) "

Für jedes Digitalisierungprojekt, auch in der Kommune, muss ein Klimavorbehalt gefordert werden. Man sollte den WFC-Gesamttext für das Verständnis der Zusammenhänge lesen, wir zitieren hier einige Kernaussagen zu Digitalisierung und 5G (Zwischenüberschriften d:f):

Klimakiller Streamingdienste, der Mobilfunkstandard  5G und künstliche Intelligenz (KI)

  • "Für den Zeitraum, der zur Dekarbonisierung verbleibt, sind im Globalen Norden besonders jene Energieverbrauchssektoren problematisch, in denen weitere Anstiege zu erwarten sind ... Dazu gehört insbesondere die schnelle Expansion digitaler Anwendungen wie Streamingdienste, der Mobilfunkstandard 5G und künstliche Intelligenz (KI). Aber auch der Trend hin zu immer größeren und energieverbrauchsintensiveren Autos droht weiter anzuhalten – trotz Umstellung auf Elektromobilität. (S.5)"

Neue Verbrauchsmuster gefährden 1,5°C-Ziel

  • "Da die derzeitige Erderwärmung bereits bei ca. 1,1°C liegt, ist von einer Erwärmung auf bis zu 3 °C auszugehen, wenn die aktuellen Politiken fortgesetzt werden. ( S.7)"  "Der deutsche Beitrag zur globalen Energiewende zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels lässt sich noch erreichen, wenn der beschriebene Ausbau der erneuerbaren Energien bis spätestens 2040 erfolgt. Sollte aber der Energiebedarf durch neue Verbrauchsmuster deutlich ansteigen, ist es nicht mehr möglich, das Ziel zu erreichen.(S.11)"
  • "Allein die Produktion von Zement als wichtigstem Bestandteil von Beton ist mit hohen prozessbedingten CO2-Emissionen verbunden. In den letzten Jahren sind sie auf mittlerweile fast 10 % der gesamten CO2-Emissionen angewachsen. Ebenso problematisch ist der Verbrauchsanstieg, der durch die fortschreitende Digitalisierung verursacht wird.(S.18)"
  • "Eine der wichtigsten Ursachen für zusätzliche Energieverbräuche im Globalen Norden sind die Digitalisierung und die mit ihr verbundenen vielfältigen Anwendungen wie 5G, Videostreaming oder KI. Zunächst besteht ein nicht unerheblicher Energiebedarf bei der Herstellung der schnell veraltenden Hardware wie Laptops, Drucker und Smartphones, die die digitalen Anwendungen erst möglich machen. Greenpeace hat in einer Studie ermittelt, dass sich nur für die weltweite Smartphone-Herstellung der jährliche Energieverbrauch von etwa 20 TWh im Jahr 2010 auf knapp über 250 TWh im Jahr 2016 mehr als verzehnfacht hat. Das ist knapp die Hälfte der jährlichen Stromproduktion Deutschlands. Die Anzahl der produzierten Smartphones ist dabei von 305 Millionen auf 1,47 Milliarden Stück angestiegen. Vermutlich wird sich dieser Anstieg seit 2016 nicht in gleicher Weise fortgesetzt haben, weil allmählich eine Sättigung eingetreten ist. Dennoch ist aufgrund der immer noch kurzen Lebensdauer der Geräte von einer weiteren Zunahme auszugehen. Hinzu kommen der Energieverbrauch, den die Geräte der Endnutzer verursachen, und jener für den Aufbau der kompletten Netzinfrastruktur und der Datenzentren. (S.18)"

Energieverbrauchsanstieg durch Datenzentren, Internetnutzung und 5G

  • "Vom laufenden Betrieb der digitalen Infrastrukturen geht die Gefahr eines noch größeren Energieverbrauchsanstiegs aus. Auch wenn in Datenzentren die Effizienz verbessert und so der Energieverbrauchsanstieg unter dem Anstieg des Datenvolumens gehalten werden konnte, wird sich dies voraussichtlich nicht ewig fortsetzen lassen. Eine Studie von 2020, die diese Frage untersuchte, blickt daher eher auch pessimistisch auf die zukünftige Entwicklung. Obwohl die Verfasser Effizienzgewinne durchaus für möglich halten, erkennen sie ein erhebliches Risiko, dass die schnell wachsende Nachfrage nach Informationsdienstleistungen die Effizienzgewinne weit übersteigen wird. (S.19)"

Die Entwicklung des 5G-bedingten Energieverbrauchs in Deutschland

  • "Eine Studie, die das Energieunternehmen E-ON mit der RWTH Aachen durchgeführt hat, ergab, dass der Mehrverbrauch in den deutschen Rechenzentren durch neue Anwendungen mit 5G-Technik bis 2025 auf 3,8 TWh ansteigen wird. Hier sind neben Anwendungen in der Industrie insbesondere Anwendungen wie Smart Homes als Ursache für den steigenden Energieverbrauch erkannt worden. Mit 3,8 TWh ist der Studie zufolge der Anstieg aber noch nicht beendet. Je nachdem, wie sehr sich 5G-Anwendungen durchsetzen, ist mit einem weiter zunehmenden Stromverbrauch auch nach 2025 zu rechnen. Der tatsächliche Wohlstandsgewinn durch sogenannte Smart Homes dürfte eher gering ausfallen.(S.20)"

Selbstfahrende Autos erzeugen einen sehr hohen Energieverbrauch und sind Teil des Problems, nicht der Lösung

  • "Noch wird in den Medien überwiegend positiv über selbstfahrende Autos berichtet. Doch es zeigt sich immer mehr, dass sich deren weitere Automatisierungsstufen aufgrund der hohen Komplexität des tatsächlichen Straßenverkehrs praktisch nicht realisieren lassen ...  Bei Menschen, die sich ernsthaft mit der Technik sowie den rechtlichen Fragen rund um das autonome Fahren beschäftigen, ist der Hype eigentlich schon wieder vorbei. Kaum jemand glaubt heute noch, dass die autonom fahrenden Autos kommen werden." (S.21)
  • "Aber selbst für den Fall, dass die Technik wider Erwarten sicher und zuverlässig genug arbeiten wird, wäre dies für eine klimafreundliche Verkehrswende keine gute Nachricht. Ein autonom fahrendes Auto würde jeden Tag gut 4.000 GB Daten generieren und entsprechende Mengen zusätzlicher Energie benötigen. Sollte auch nur ein Teil der über 40 Millionen Pkw auf deutschen Straßen aus selbstfahrenden Autos bestehen, wäre das eine Katastrophe für den Klima- und Ressourcenschutz. Denn nicht nur die ungeheuren Mengen an Datentransfers brauchen entsprechend mehr Strom, auch die digitalen Infrastrukturen wie Serverparks, Rechenzentren und natürlich die neuen 5G-Netze würden erhebliche Mengen an Ressourcen verbrauchen. Daher führt die Argumentation, man bräuchte flächendeckend ausgebaute 5G-Netze, um autonomes Fahren zu ermöglichen, in die Irre. Hier wird mit sehr hohem Energieaufwand eine neue 5G-Technik für KI-Trainings einer Anwendung eingesetzt, die nach aktuellem Wissenstand niemals umgesetzt wird.(S.21) "

Eine öffentliche Debatte ist notwendig

  • "Das Problem, dass neue Technologien eingeführt werden, ohne dass vorher eine öffentliche Debatte über ihre Notwendigkeit geführt wurde und ohne Abschätzung, ob der zusätzliche Energieverbrauch in einer sinnvollen Relation zum Nutzen steht, bedarf einer Lösung. Hier könnte eine demokratisch legitimierte Kommission eine Energieverbrauchsfolgenabschätzung durchführen, wenn dies vom Parlament oder von einer bestimmten Anzahl von Petitionen gefordert wird. Nicht alles, was technisch machbar ist, muss auch umgesetzt werden. Viele Dinge werden nur umgesetzt, weil sie technisch möglich sind, und nicht, weil sie vom Endverbraucher gefordert wurden. Erst recht wird nicht geprüft, ob sie zu einem Wohlstandsgewinn im Sinne einer der 17 SDGs führen. Neue Technologien, die zu einem Anstieg des Energieverbrauchs führen, müssen von der Energieverbrauchsfolgenabschätzung identifiziert und gegebenenfalls bestmöglich verhindert werden können.(S.21)"
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