Der Wind wird rauher- ziehen wir uns warm an!
Vorwort von Peter Hensinger
Liebe Leserinnen und Leser,
wir bekommen eine neue Regierung. Ihr größtes Projekt: Die digitale Transformation aller Lebensbereiche. Sie verspricht sich davon Wirtschaftswachstum und eine Ankurbelung des Konsums und glaubt im gleichen Zuge auch noch etwas für den Klimaschutz tun zu können. Mit unserer Wahlkampagne „Digitales Wunderland“ lagen wir richtig. Bürgerinitiativen und Engagierte sowie viele diagnose:funk-Mitglieder diskutierten mit den Kandidierenden, Wahlhelfer:innen und Bürger:innen über die Risiken dieser Politik für die Umwelt, das Klima, die Demokratie und die Gesundheit. (...)
Unsere Aktivitäten werden genau registriert. Das zeigen die Maßnahmen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Die BfS-Außenstelle Cottbus wird aufgerüstet, um die Kommunikation mit den Kommunen und Bürgern zu intensivieren mit dem Ziel, sie von der Harmlosigkeit der Mobilfunktechnologie zu überzeugen. Die BfS-Vertreter mussten feststellen: wo diagnose:funk Gelegenheit hat, den Diskurs in der Forschung vorzutragen, ziehen sie den Kürzeren. Das BfS, das Dialogbüro-5G der Bundesregierung und das BMVI (Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur) vereinbarten, nicht mehr auf Podiumsdiskussionen zu gehen, bei denen ein diagnose:funk-Vertreter anwesend ist. Diese seien „nicht konsensfähig“. Ihr Ziel: Unseren Argumenten kein Forum geben. Der Soziologe Ulrich Beck beschrieb diese Reaktion in seinem Buch Weltrisikogesellschaft:
„Die Normalreaktionen von Industrie und Politik sind das Abblocken von Forderungen nach wirkungsvollen Veränderungen und die Verurteilung des trotz offizieller Beschwichtigungen ausbrechenden Proteststurms als ‚irrational‘ und ‚hysterisch‘.” Andererseits schreibt Beck auch: „Die drei Säulen der Sicherheit erodieren – der Staat, die Wissenschaft, die Wirtschaft versagen bei der Erzeugung von Sicherheit – und ernennen den ‚selbstbewussten Bürger‘ zu ihrem rechtmäßigen Erben,“ und weiter: „Selbstverständlich ist ... das öffentliche Wissen um die Risiken häufig kein Experten-, sondern ein Laienwissen, dem die gesellschaftliche Anerkennung verweigert blieb.“
In der Geschichte der Bürger- und Umweltbewegungen wurden deren Vertreter als Kriminelle und Revoluzzer verteufelt, ignoriert und unterdrückt, von Whyl, Gorleben, Brokdorf, den Stationen der Anti-AKW-Bewegung bis zum Hambacher und Dannenröder Forst, oder wie bei Stuttgart 21 zu fortschrittsfeindlichen Wutbürgern erklärt. Es hat nicht viel genützt: ihre kritischen, „nicht konsensfähigen“ Argumente waren gut begründet und erwiesen sich als berechtigt. (...)
Es gibt eine klare Konsequenz aus der Geschichte der Bürgerbewegungen: Zäh am Ball bleiben. Mit fundierten Informationen und gut vernetzten Bürgerinitiativen. Dafür muss diagnose:funk stärker werden. Wir brauchen Mitglieder und mehr Geld, um personell besser ausgestattet Informationen und Aktionen planen und ausarbeiten zu können. Unsere Bitte für 2022: Werben Sie neue Mitglieder, spenden Sie, damit wir der Politik noch besser einheizen können.