diagnose:funk: Wie kommt es, dass so viele Bürgerinitiativen rund um den Chiemsee aktiv sind?
LOTHAR LÖCHTER: Es gab zwei Vorträge von Prof. Klaus Buchner zum Thema Mobilfunk und Gesundheit – einer im November 2019 in Traunstein und ein zweiter im Februar 2020 in Übersee. Damit ging’s bei uns los. Ich bekam nach der ersten Veranstaltung das Faltblatt von diagnose:funk zu 5G-Mobilfunk in die Hand, habe davon 200 Stück bestellt und in Ruhpolding in den Geschäften ausgelegt. Diesen Flyer haben einige Leute gelesen, die wir dann in den Geschäften auch getroffen haben und wir haben uns gemeinsam die Frage gestellt: Was machen wir denn jetzt?
diagnose:funk: Und, was habt Ihr gemacht?
LOTHAR LÖCHTER: Nach dem Motto „wir müssen was tun!“ haben wir eine Bürgerinitiative gegründet. Wir haben uns dann über Ziele und Strategien der BI geeinigt und das auch zu Papier gebracht. Dieses Papier gibt es heute noch, es hat seit fast 2 Jahren Bestand für unsere gemeinsame Arbeit.
diagnose:funk: Wie viele Aktive seid Ihr denn?
LOTHAR LÖCHTER: Von ursprünglich 5 Gründungsmitgliedern ist unsere BI in Ruhpolding auf inzwischen 102 Mitglieder gewachsen.
diagnose:funk: Hoppla, 102?
LOTHAR LÖCHTER: Von denen sind nicht alle aktiv, aber sie unterstützen uns finanziell und ideell, mit ihrem Namen stärken sie uns den Rücken bei unseren Aktivitäten. Wir können so mit Fug und Recht sagen: Wir sind viele! Das schindet Eindruck, wobei die Politiker das gar nicht glauben wollen: Erst neulich hat unser CSU-Bundestagsabgeordneter in einem Brief an uns diese Zahl angezweifelt.
diagnose:funk: Das zeugt ja davon, wie politischer Druck entstehen kann.
LOTHAR LÖCHTER: Ja, die große Welle wurde durch die zweite Buchner-Veranstaltung ausgelöst. Damals war unsere Ruhpoldinger BI gerade einmal drei Tage alt. Der Saal in Übersee war genau wie der damals in Traunstein völlig überfüllt, über 300 Leute waren da. Darunter waren auch einige Bürgermeister. Inzwischen haben wir 23 Bürgerinitiativen, die sehr eng vernetzt sind.
diagnose:funk: Was habt Ihr Euch denn zur Aufgabe gemacht?
LOTHAR LÖCHTER: Wir wollen Informationen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung an die Bürgerinnen und Bürger bringen, aber auch an die Gemeinderäte und die Bürgermeister. Das ist mühsam, weil viele von Mobilfunk keine Ahnung haben und halt nur ihr Handy bedienen können. Wichtig ist uns dabei, dass wir sachlich sauber argumentieren und somit nicht in irgendeine Verschwörungsecke gestellt werden können.
diagnose:funk: Wie argumentierst Du?
LOTHAR LÖCHTER: Wenn ich vor Gemeinderäten spreche, sage ich immer: Ich sammle bei meinen Recherchen Mosaiksteinchen zu den Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung auf die Gesundheit. Wenn ich das Bild zusammensetze, sehe ich, dass wir ein Gesundheitsproblem haben. Und über das Problem sollten wir reden! Das ist also nicht meine eigene persönliche Meinung, sondern eine Summe an Informationen, die da sagen: Bürger, steht auf und sagt laut: So geht das alles nicht mit dem unkontrollierten Ausbau des Mobilfunks. Die Resonanz aus der Bevölkerung und von den Lokalpolitikern bei uns im Chiemgau gibt uns auch recht.