ElektrosmogReport Ausgabe 2021-1 erschienen

Inhalt: 2,45 GHz- WLAN in Kombination mit Feinstaub erhöht Toxizität ● Hochfrequenzstrahlung erhöht das Brustkrebsrisiko ● Feldbelastungen durch Roboter Rasenmäher ● BERENIS-Review zu oxidativem Stress ● UMTS verursacht DNA-Schäden in weißen Blutkörperchen ● Elektrohypersensibilität ist eine pathologische Störung ● Mobilfunk-Basisstationen und Krebssterblichkeit ● Essay: 5G und Gesundheit: Wo bleibt das Vorsorgeprinzip ● Review zu EMF und Insektensterben ● Auswirkungen eines 50-Hz-Magnetfeld auf Honigbienen ● Wirkung von Hochspannungsleitungen auf Honigbienen ● Artikel: EMF und Vogelzug ● Kommentar: Die Affäre Lerchl und Junk Science aus Bremen
Titelblatt ElektrosmogReport Bild: diagnose:funk - emfdata.org

ElektrosmogReport Ausgabe März 2021 

27. Jahrgang / Nr. 1

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Editorial: Die umfangreiche ElektrosmogReport Ausgabe 2021-1 mit 12 Beiträgen ist erschienen, nun im 27. Jahrgang. Wir freuen uns, dass sich die Redaktion mit Alain Thill, M.Sc. (Umweltwissenschaften) verstärkt hat, einem jungen Wissenschaftler. Sein Spezialgebiet sind Insekten und EMF, dazu hat er seine Masterarbeit in einem Feldversuch gemacht. 2020 hat er den Review für AKUT -Luxemburg über die Forschungslage zu Insekten verfasst.

Heftig läuft gerade wieder die Diskussion zu den Wirkungen von EMF, v.a. um die Erkenntnisse über LTE und 5G. Die Redaktion des ElektrosmogReport recherchiert und wertet die Studienlage zu EMF aus und hat in Deutschland inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal. Denn 2017 musste das EMF-Portal, bis dahin die Referenzdatenbank der WHO, diese wichtige Arbeit einstellen, weil die Bundesregierung die HF-EMF-Auswertung nicht mehr finanzierte. Das ist bedauerlich und vielsagend. Denn permanent erscheinen wichtige neue Studien, die entweder bisherige Erkenntnisse bestätigen oder auf neue Risiken hinweisen, so z.B. in diesem Review Studien über die Kombinationswirkung von EMF und Feinstaub, über Risiken von Roboter-Rasenmähern und neue Studien zu Bienen, Insekten und Vögeln.

Der ElektrosmogReport wird kostenlos online auf www.EMFData.org bereitgestellt. Die beteiligten Wissenschaftler werden für Recherche und Auswertung bezahlt. Das ist es wert, denn eine seriöse Kritik an der Strahlenschutzpolitik, die Forderung nach Alternativen muss wissenschaftlich begründbar sein. Der ElektrosmogReport und unsere Datenbank EMFdata.org sind dafür eine Grundlage für alle kritischen BürgerInnen, Bürgerinitiativen und WissenschaftlerInnen in Deutschland. Damit wir diese Arbeit fortsetzen können, können Sie uns gerne mit einer Spende an diagnose:funk, den Herausgeber, unterstützen.

 

Studienbesprechungen im ElektrosmogReport 2021-1

Neue Reviews

Der ElektrosmogReport enthält die Reviews von Shih et al. (2020) zum Brustkrebs, Mevissen / Schürmann (2021) zu oxidativem Zellstress, Belpomme / Irigaray (2020) zu Elektrohypersensibilität und Balmori zu Insekten (2021), um die die diagnose:funk Review-Liste auf nunmehr 94 Reviews erweitert wurde.

2,45 GHz- WLAN in Kombination mit Feinstaub erhöht Toxizität

Sueiro-Benavides RA, Leiro-Vidal JM, Salas-Sánchez AÁ, Rodríguez-Gonzalez JA, Ares-Pena FJ, Martín MEL (2020): Radiofrequency at 2.45GHz increases toxicity, pro-inflammatory and pre-apoptotic activity caused by black carbon in the RAW 264.7 macrophage cell line DOI:10.1016/j.scitotenv.2020.142681

  • Unter realen Bedingungen sind Lebewesen nicht nur einem Stressfaktor ausgesetzt. Insbesondere in Ballungsräumen gibt es ein Zusammenwirken von Umwelteinflüssen wie Luftverschmutzung durch Feinstaub und Elektrosmog. Nach Meinung der Autoren resultierte die Kombination von Kohlenstoffpartikeln zusammen mit nicht-ionisierender Mobilfunkstrahlung in einer dramatischen Zunahme der Zelltoxizität.

Hochfrequenzstrahlung erhöht das Brustkrebsrisiko (1)

Shih YW, O'Brien AP, Hung CS, Chen KH, Hou WH, Tsai HT. (2020): Exposure to radiofrequency radiation increases the risk of breast cancer: A systematic review and meta analysis. doi:10.3892/etm.2020.9455

  • Es handelt es sich hierbei um die erste Meta-Analyse, die Studien zu Hochfrequenzbelastung zusammenführt, um einen potenziellen Zusammenhang mit Brustkrebsrisiko zu bestimmen. Die Analyse liefert Hinweise auf ein statistisch signifikant erhöhtes Brustkrebsrisiko durch Belastung mit Hochfrequenzstrahlung .

Feldbelastungen durch Roboter Rasenmäher

Hansson Mild K, Johnsson A, Hardell L (2020): Robotic Lawn Mower: A New Source for Domestic Magnetic Field Exposure. Bioelectromagnetics 42 (1), 95–99

  • Nieder- und Hochfrequenz  durch Roboter-Rasenmäher analysiert diese Studie. Die gemessenen Feldstärken liegen unterhalb der ICNIRP-Richtlinien für 3 kHz bis 10 MHz (100 µT), aber nicht weit entfernt von den Werten für niederfrequente Magnetfelder, die die IARC als „möglicherweise Krebs erregend beim Menschen“ eingestuft hat (0,2–0,4 µT). Es wäre interessant, wie Tiere auf die Felder dieser Rasenmäher reagieren. Ebenso wäre interessant, wie sie sich auf die Pflanzen auswirken.

Schweizer Expertengruppe BERENIS: Review zu oxidativem Stress

Mevissen M, Schürmann D (2021): Gibt es Hinweise auf vermehrten oxidativen Stress durch elektromagnetische Felder? BERENIS – Beratende Expertengruppe nicht-ionisierende Strahlung, Newsletter-Sonderausgabe Januar 2021

  • Das Thema oxidativer Stress im Zusammenhang mit Magnet- und elektromagnetischen Feldern (EMF) ist seit langem präsent und vielfach nachgewiesen. In diesem Beitrag wurden etwa 150 Studien, hauptsächlich experimentelle Studien mit Tieren und Zellkulturen, beurteilt. Die Schlussfolgerungen lautet, „… dass die Mehrzahl der Tierstudien und mehr als die Hälfte der Zellstudien Hinweise auf vermehrten oxidativen Stress durch HF-EMF und NF-MF gibt. Dies beruht auf Beobachtungen bei einer Vielzahl von Zelltypen, Expositionszeiten und Dosierungen (SAR oder Feldstärken), …“. Dies gelte auch im Bereich der Anlagegrenzwerte und „sogar im niedrigen Dosisbereich“.

UMTS verursacht DNA-Schäden in weißen Blutkörperchen

Gulati S, Kosik P, Durdik M, Skorvaga M, Jakl L, Markova E, Belyaev I (2020): Effects of different mobile phone UMTS signals on DNA, apoptosis and oxidative stress in human lymphocytes doi:10.1016/j.envpol.2020.115632

  • In der Studie untersuchten die Autoren nicht-thermische Auswirkungen von drei verschiedenen UMTS Frequenzbändern auf menschliche Lymphozyten. Die Wissenschaftler  fanden bei dem höchsten UMTS-Frequenzband von 1977 MHz eine statistisch signifikante Erhöhung von DNA-Schäden. Nach dem Kenntnisstand der Autoren ist dies der erste Bericht, der darauf hinweist, dass nicht-thermische Mobilfunkauswirkungen die Gesamt-RNA Bildung beeinflussen kann.

Elektrohypersensibilität ist eine pathologische Störung

Belpomme, D. Irigaray, P. (2020): Electrohypersensitivity as a Newly Identified and Characterized Neurologic Pathological Disorder: How to Diagnose, Treat, and Prevent It, International Journal of Molecular Sciences, Multidisciplinary Digital Publishing Institute, 2020, 21, 1915

  • Elektrohypersensibilität als eine neu identifizierte und charakterisierte neurologische pathologische Störung, Diagnose, Behandlung und Vorbeugung beschreiben Belpomme, D. Irigaray, P. (2020) in ihrem Review. Die Autoren nehmen an, dass EHS und MCS aufgrund einer entgleisten und chronisch verlaufenden entzündlichen Kettenreaktion entstehen.

Mobilfunk-Basisstationen und Krebssterblichkeit

Rodrigues, N. C. P., Dode, A. C., Andrade, M. K. D. N., O’Dwyer, G., Monteiro, D. L. M., Reis, I. N. C., ... & Lino, V. T. S. (2021). The Effect of Continuous Low-Intensity Exposure to Electromagnetic Fields from Radio Base Stations to Cancer Mortality in Brazil. International Journal of Environmental Research and Public Health, 18(3), 1229.

  • Die Auswirkung einer kontinuierlichen Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern niedriger Intensität von Mobilfunk-Basisstationen auf die Krebssterblichkeit in Brasilien wurde untersucht. Die Studie ergab  einen klaren Zusammenhang zwischen Großstädten mit vielen Mobilfunkbasisstationen pro Quadratkilometer und erhöhten Krebsmortalitätsraten.

Essay: 5G und Gesundheit: Wo bleibt das Vorsorgeprinzip

Frank JW (2021): Electromagnetic fields, 5G and health: what about the precautionary principle? Journal of Epidemiology and Community Health, 2021; 0:1–5. doi:10.1136/jech-2019-213595

  • Dieser Essay des kanadischen emeritierten Professor für öffentliches Gesundheitswesen, Hygiene und Medizin, John William Frank diskutiert die Probleme, die in der Öffentlichkeit zu 5G bestehen.
  • Die erste Unklarheit: genaue Angaben zu machen, welche Technik bei 5G verwendet wird. Die zweite Unklarheit: die schnell ansteigende Anzahl von Laborstudien, die schädliche Wirkungen der Strahlung in vitro und in vivo zeigten, aber einige Studien haben methodische Mängel.  Die dritte Unklarheit: nahezu völlig fehlende qualifizierte epidemiologische Studien am Menschen speziell zu 5G, aber stark zunehmende Hinweise auf schädliche Wirkungen aus den früheren Generationen des Mobilfunks. Die vierte Unklarheit: in einigen Ländern beziehen die für Telekommunikation zuständigen Behörden neue wissenschaftliche Studien nicht in ihre Arbeit ein wegen Interessenskonflikten (siehe dazu auch unseren Homepageartikel).

Review zu EMF und Insektensterben

Balmori, A. (2021). Electromagnetic radiation as an emerging driver factor for the decline of insects. Science of The Total Environment, 144913, Review.

  • Wissenschaftliche Beweise für eine Beteiligung von elektromagnetischer Strahlung am Insektensterben legt der Review von Balmori vor und bestätigt den Review von Thill (2020).  Die aufgeführten Studien belegen, dass niederfrequente EMF von Hochspannungsleitungen, aber auch hochfrequente EMF von Handyantennen, zumindest in Laborexperimenten, deutliche Anzeichen von Schädlichkeit gezeigt haben.  Insekten reagieren nachweislich auf (nicht-thermische) elektromagnetische Strahlung im Mikrowellenbereich. 

Auswirkungen eines 50-Hz-Magnetfeld auf Honigbienen

Koziorowska, A., Depciuch, J., Białek, J., Woś, I., Kozioł, K., Sadło, S., Piechowicz, B. (2020). Electromagnetic field of extremely low frequency has an impact on selected chemical components of the honeybee. Polish Journal of Veterinary Sciences, 537-544.

  • Ein niederfrequentes elektromagnetisches Feld hat einen Einfluss auf ausgewählte chemische Komponenten der Honigbiene. Die Ergebnisse der Studie von Koziorowska et al. (2020)  bestätigen die Wirkung von EMF auf Bienen in Abhängigkeit von der Dauer der Exposition.

Wirkung von Hochspannungsleitungen auf Honigbienen

Lupi, D., Tremolada, P., Colombo, M., Giacchini, R., Benocci, R., Parenti, P., ...  Vighi, M. (2020). Effects of pesticides and electromagnetic fields on honeybees: a field study using biomarkers. International Journal of Environmental Research, 14(1), 107-122.

  • Die italienische Forschergruppe untersuchte den Einfluss einer Hochspannungsleitung auf verschiedene Biomarker bei Jungbienen und Arbeiterbienen im Vergleich zu Kontrollen in intaktem Umfeld und solchen an einem Standort mit Pestizidbelastung. Ein recht schwaches Magnetfeld (0,42 µT) einer Hochspannungsleitung scheint imstande zu sein, Biomarker der allgemeinen Fitness bei Honigbienen stärker zu beeinträchtigen als die indirekte Exposition mit Pestiziden.

Originalartikel: EMF und Vogelzug

Thill, A (2021):  Desorientierung durch elektromagnetische Felder beim Vogelzug, Erstveröffentlichung, ElektrosmogReport 1/2021

  • In einem Originalartikel für den ElektrosmogReport fasst Alain Thill die Studienlage zusammen.  Die zunehmende Lichtverschmutzung der Städte lockt ziehende Vögel an, die dann oftmals mit Gebäuden kollidieren. Nächtliches Kunstlicht scheint den richtungsweisenden Magnetkompass stören zu können. Inwiefern Elektrosmog zusätzlich auch noch die Navigation von Zugvögeln über Städten stört, ist noch nicht in Feldexperimenten untersucht worden. Es scheint jedoch der Fall zu sein, dass brütende Vögel Mobilfunkmasten und Radar meiden.

Kommentar: Die Affäre Lerchl und Junk Science aus Bremen

Der Artikel analysiert eine neueste Arbeit von Prof. A. Lerchl zu Auswirkungen nicht-ionisierender Strahlung auf die DNA, seinen Umgang mit der Wahrheit und das Bremer Urteil, das ihm verbietet, die REFLEX-Studien als gefälscht zu bezeichnen.

(1) Redaktionelle Anmerkung, 29.05.2021     

Die im ElektrosmogReport 1/2021 besprochene Arbeit:

  • Shih YW, O'Brien AP, Hung CS, Chen KH, Hou WH, Tsai HT. (2020): Exposure to radiofrequency radiation increases the risk of breast cancer: A systematic review and meta ‑ analysis. doi:10.3892/etm.2020.9455

wurde von der Redaktion der Fachzeitschrift zurückgezogen. Die Autoren waren mit der Zurückziehung dieses Artikels nicht einverstanden. Die Redaktion des ElektrosmogReport fragte bei den Autoren an, bekam aber bis jetzt keine Rückmeldung. Ihre Gegendarstellung liegt uns auch nicht vor. Die Redaktion von "Experimental and Therapeutic Medicine" stellt den Vorgang wie folgt dar:

"Nach der Veröffentlichung der oben genannten systematischen Übersichtsarbeit und Meta-Analyse machte ein interessierter Leser die Redaktion darauf aufmerksam, dass es möglicherweise eine Reihe von Bedenken im Zusammenhang mit den acht Quellenpapieren gab, auf denen die Studie basiert hatte. Zwei der Studien basierten auf elektromagnetischen 50 Hz-Feldern und nicht auf hochfrequenter Strahlung; außerdem verwendete eine Referenz eine ungenaue Risikoabschätzung für die falsche Exposition (Schichtarbeit statt HF), und eine der Studien konzentrierte sich auf männlichen Brustkrebs (die anderen befassten sich alle mit weiblichem Brustkrebs). Auf diese Probleme wurden die Autoren aufmerksam gemacht, die als Reaktion auf die Leserkommentare eine Gegendarstellung verfassten. Unabhängig davon führte das Editorial Board eine unabhängige Untersuchung der Behauptungen des Lesers durch und kam zu dem Schluss, dass die schiere Anzahl der möglicherweise erforderlichen Korrekturen die Veröffentlichung eines Corrigendum nicht ohne weiteres möglich gemacht hätte. Unter Berücksichtigung aller Faktoren hat der Herausgeber von Experimental and Therapeutic Medicine daher entschieden, dass der Artikel aufgrund der zahlreichen Unsicherheiten, die sowohl mit der Art und Weise, wie die Metaanalyse durchgeführt wurde, als auch mit den für die Studie ausgewählten Quellenpapieren verbunden sind, aus der Zeitschrift zurückgezogen werden sollte. Es ist anzumerken, dass die Autoren mit der Zurückziehung dieses Artikels nicht einverstanden waren. Der Herausgeber entschuldigt sich bei der Leserschaft des Journals für alle Unannehmlichkeiten, die durch die Zurückziehung dieses Artikels entstanden sind."

Artikel veröffentlicht:
25.03.2021
Autor:
diagnose:funk
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