Das Umweltbundesamt (UBA) legt aktuell die Analyse "Energie- und Ressourceneffizienz digitaler Infrastrukturen" vor. Der Hintergrund ist wohl die Dystopie, die der WBGU (Wissenschafticher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) 2019 in seinem Gutachten zeichnet: Als Geschäftsmodell der Industrie ist die digitale Transformation ein Beschleuniger der Umwelt- und Klimakrise. Das UBA-Gutachten bestätigt unsere Forderung, dass jede Kommune einen ökologischen Fußabdruck für digitale Planungen, ob Mobilfunknetz oder WLAN an Schulen, vorlegen muss.
Ein ökologischer Fußabdruck muss die gesamte Produktions-, Nutzungs- und Verwertungskette umfassen. Das UBA-Gutachten untersucht die Frage: Gibt es eine nachhaltige Digitalisierung, kann sie vielleicht sogar der Energieeinsparung und dem Umweltschutz dienen?
Scharfe Kritik des UBA-Gutachtens an der gegenwärtigen Mobilfunk-Ausbaupraxis
In der IT-Branche herrscht eine regelrechte Wachstumseuphorie. Das UBA-Gutachten ist eine scharfe Kritik am Geschäftsgebahren der IT-Branche, die Kernkritiken:
1. Die Mobilfunknetze sind redundant, weil jeder Betreiber sein eigenes Netz hat. Das Gutachten fordert deshalb ein Netz für alle Anbieter:
- "Wenn Mobilfunkbetreiber Standorte und Geräte gemeinsam nutzen, spart das Energie und Ressourcen, weil Technik nicht doppelt bereitgestellt und betrieben werden muss. Darüber hinaus verbessert es den Netzzugang für alle Nutzer*innen." (S.7)
- "Der Ausbau von Mobilfunknetzen soll schlank und ressourceneffizient erfolgen, mit reduzierter mehrfacher Funkabdeckung der gleichen Regionen durch unterschiedliche Anbieter. Dazu sollen für Mobilfunknetze einheitliche und faire Netznutzungsentgelte eingeführt werden, die ein nationales Roaming ermöglichen. " (S.1)
2. Die Rechenzentren sind Energieschleudern. Deshalb braucht es einen Blauen Engel für Rechenzentren und Monitoringsysteme zur Eindämmung der Elektronikschrottmengen durch Recyclingsysteme.
3. Das Videostreaming frisst 80% des Datenverkehrs (S.11). Dem muss entgegengesteuert werden, indem die Standardauflösungen der Größe des Displays angepasst (S.2), keine Flatrates mehr für große Datenmengen angeboten werden und Datensparsamkeit finanziell belohnt wird (S.2).
4. Der Konsumwahn, forciert durch Werbung und Schnäppchenpreise "Jedes Jahr ein neues Smartphone" muss aufhören, denn: "Die Herstellung neuer Geräte verbraucht Ressourcen und verursacht Treibhausgas-Emissionen (rund 100 Kilogramm CO2-Äquivalente für ein Smartphone) (S.8, 13)."
5. Das UBA-Gutachten lehnt die Innenversorgung durch Funk ab und fordert die Trennung der Indoor- und Outdoorversorgung: "Der Mobilfunk ist für den Hausanschluss ungeeignet und aus Sicht des Umwelt- und Klimaschutzes nicht tragfähig (S.8)."Denn: "Die Übertragung von Daten in Mobilfunknetzen hat einen deutlich größeren ökologischen Fußabdruck als die in kabelgebundenen Breitbandnetzen (S.12)."
Die entscheidende Schlussfolgerung des UBA Gutachtens: Der Ausbau des Glasfasernetzes muss Priorität haben:
- "Beim Breitbandausbau ist dem Ausbau von energieeffizienten Glasfasernetzen bis zum Endverbraucher klar der Vorzug gegenüber anderen Übertragungstechnologien zu geben."
Das alles sind Forderungen, die diagnose:funk schon immer aufstellt. Die Fakten des Gutachtens mit dem Schwerpunkt auf den Energie- und Ressourcenverbrauch bestätigen eindrucksvoll die Möglichkeit, durch den Glasfaserausbau, durch Roaming, Trennung der Indoor-und Outdoorversorgung und den Verzicht auf immer neue Geräte und Konsumanreize die Umweltbelastung, aber auch die Gesundheitsbelastung durch die Strahlung (die nicht Thema im Gutachten ist), massiv zu senken.
- Die Gretchenfrage ist nun: Nimmt die Bundesregierung diese Handlungsempfehlungen des UBA-Gutachtens ernst und setzt sie gegenüber den Mobilfunkbetreibern durch?
5 G Nachhaltig? Nur die halbe Wahrheit!
Weil 5G zu weniger Energieverbrauch und Treibhausgasen wie die bisherigen Frequenzbereiche (GSM, UMTS, LTE) führe, empfiehlt das Gutachten seine bevorzugte Anwendung. Damit verlässt das Gutachten die Prinzipien einer gesamtökologischen Betrachtung. Das Gutachten vergleicht die Treibhausgasemissionen im Netzwerk pro Stunde beim HD-Videostreaming:
- Glasfaser: 2 g (Gramm)
- Kupferkabel: 4 g
- 5G: 5 g
- 4g: 13 g
- UMTS: 90 g
Das legt nahe, für Klima und Umwelt müsse man Glasfaser mit 5G kombinieren. Ministerin Schulze propagiert deshalb: 5G sei ein Schritt zum Klimaschutz. Das ist eine Halbwahrheit, die die ganze Wahrheit verdeckt. Denn welche Ziele sollen mit 5G verwirklicht werden? 5G soll der Motor für ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum sein. Das steht im Mittelpunkt aller offiziellen Begründungen.5G soll den explodierenden Datenverkehr ermöglichen, um Milliarden Geräte des Internets der Dinge reibungslos zu vernetzen, das autonome Fahren, die Landwirtschaft 4.0, die Digitalisierung des Militärs ermöglichen. Dafür braucht es Millionen zusätzlicher neuer Senderstandorte und neue riesige Rechenzentren.
Die Ersparnis durch 5G bei einem Einzelvorgang wird durch den Rebound-Effekt, der wesentlich erst eine Folge der erweiterten Möglichkeiten von 5G sein wird, bei weitem zunichte gemacht. Die Analyse und Prognose des Rebound-Effektes fehlt im UBA-Gutachten.