Am Dienstag den 1. Dezember 2020 war es soweit. Ab 18 Uhr startete im Internet der Livestream der deutschen Bundesregierung zum Thema 5G, in dem aufgeklärt und Fragen von Bürgern beantwortet werden sollten. Den Dialog führten Verkehrsminister Andreas Scheuer, Umweltministerin Svenja Schulze, die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz Dr. Inge Paulini und der stellvertretende Vorsitzende der Strahlenschutzkommission Prof. Achim Enders. Sie waren sich einig: 5G in allen Frequenzen kann bedenkenlos eingeführt werden, zu den Frequenzen über 20 GHz gibt es noch Unsicherheiten.
Diese Symbiose aller Behörden erhellt eine alarmierende Tatsache: Wir haben keine Kontrollbehörde, alle gebärden sich als Sprachrohre der Geschäftsinteressen der Mobilfunkindustrie und legitimieren den 5G Ausbau. Unterschlagen werden unisono die Ergebnisse und die heftige Debatte in der Wissenschaft über die Risiken der Mobilfunkstrahlung,
- dass die Strahlung von der IARC der WHO seit 2011 als "möglicherweise krebserregend" eingestuft wird, die Europäische Umweltagentur (EUA) in "Späte Lehren aus frühen Warnungen" (Deutsch 2016) im Kapitel 21, S.32 ff. das Krebsrisiko als real analysiert, ein neuester Review von Choi et al. 2020 zum Forschungsstand Handy und Gehirntumoren dies erneut bestätigt und BERENIS, die "Beratende Expertengruppe nicht-ionisierende Strahlung" der Schweizer Regierung, aufgrund der Ergebnisse der NTP-und Ramazzini- Studien die Anwendung des Vorsorgeprinzips zur Regulierung von HF-EMF anmahnt,
- dass sogar der wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments und das Österreichische Institut für Technikfolgenabschätzung in seinem Parlamentsbericht auf Grund der Studienlage vor der 5G-Einführung warnen,
- dass auch der WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) vor der Digitalisierung als Brandbeschleuniger der Klima-und Umweltkrise warnt.
Die Zuschauer konnten im Chat Fragen stellen. Wer den Chat in einem zweiten Fenster geöffnet hatte, der konnte sehen, dass die meisten Bürger-Kommentare sehr kritisch waren, dass aber insbesondere diejenigen, die auch auf Fakten, Studien oder die Rechtsprechung hinwiesen, kaum verlesen wurden. Heute Morgen am 2.12.2020 postete Lukas Markus:
- „Bis hier 299 Kommentare/Fragen, die fast ausschließlich 5G kritisch sind. Also mir würde das zu denken geben, wenn ich Politiker wäre!“
Vertrauen gewinnt man nicht durch Halbwahrheiten oder Lügen
Die Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz, Frau Dr. Inge Paulini, forderte das Vertrauen der Bürger ein, und betonte immer wieder: "Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Mobilfunk unterhalb der in Deutschland geltenden Grenzwerte negative gesundheitliche Auswirkungen hat," und dass diese Effekte ausschließlich durch die Erwärmung von Körpergewebe verursacht werden können. Das ist schlicht die Unwahrheit.
- Denn erstens gibt es sehr wohl eine Vielzahl von Hinweisen auf ein Gefährdungspotential von nicht auf Erwärmung beruhenden Effekten von Mikrowellen, worauf im Februar 2020 der wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments die Abgeordneten explizit hingewiesen hat.
- Zweitens: Wiederum täuscht Frau Dr. Paulini mit Scheinwissenschaftlichkeit: Es sei noch kein kausaler Zusammenhang zwischen Mobilfunkstrahlung und biologischen Schädigungen nachgewiesen. Dass dies falsch ist, begründen wir in unserem Brennpunkt "Der Kausalitätsbetrug". Zudem ist es fahrlässig, weil damit auch eine Vorsorgepolitik verhindert wird, die nur Hinweise auf Risiken, aber keine Kausalität erfordert.
- Und drittens: diagnose:funk hat im Mai 2020 den offenen Brief "Wann gibt es in Deutschland wieder einen Strahlenschutz" an Frau Dr. Paulini geschrieben, in dem mit Quellenangaben dokumentiert zur Studienlage die Debatte geführt wird. Die Fachzeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft bot Frau Paulini an, ihre Antwort zu veröffentlichen. Bis jetzt kam nicht einmal eine Eingangsbestätigung an diagnose:funk.
Dem Bundesamt für Strahlenschutz, also auch Frau Dr. Paulini, sind sehr wohl reproduzierte Studienergebnisse bekannt, die z.B. an Versuchstieren zu einem beschleunigten Wachstum von absichtlich ausgelösten Krebstumoren geführt haben. Würde es zutreffen, dass Mikrowellen ausschließlich über thermische Effekte biologisch wirksam werden KÖNNEN, dann hätte es diese Studienergebnisse gar nicht geben dürfen. Trotzdem werden andere als thermische Effekte weiterhin kategorisch ausgeschlossen und entsprechende Studien als fehlerhaft oder unwissenschaftlich diskreditiert. Das trifft auch auf die vielen Studien zur Fruchtbarkeit oder zu WLAN zu. Auf unserer Homepage www.EMFdata.org dokumentieren wir diese Studien und Reviews, und immer aktuell in den ElektrosmogReports.
Angeblich finden sich kaum Wissenschaftler, die Mobilfunkforschung betreiben wollen.
Prof. Achim Enders, stellvertretender Vorsitzender der Strahlenschutzkommission, begründete die Unbedenklichkeit von 5G mit der angeblichen grundsätzlichen Unbedenklichkeit nicht-ionisierender Strahlung unterhalb der Grenzwerte. 5G sei nur ein neues Protokoll und hätte daher keine anderen biologischen Auswirkungen wie bisherige Frequenzen. Dem widerspricht eine Analyse für die EU von Blackman/Forge vehement:
- "Es gibt erhebliche Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit, die sich aus einer potenziell viel höheren Belastung durch hochfrequente elektromagnetische Strahlung durch 5G ergeben könnten. Eine erhöhte Exposition kann sich nicht nur aus der Verwendung wesentlich höherer Frequenzen bei 5G ergeben, sondern auch aus dem Potenzial der Bündelung verschiedener Signale, ihrer Dynamik und den komplexen Interferenzeffekten, die insbesondere in dichten Stadtgebieten auftreten können.
- Die 5G-Funkemissionsfelder unterscheiden sich deutlich von denen früherer Generationen durch ihre komplexen strahlförmigen Übertragungen in beide Richtungen - von der Basisstation über das Mobilteil und zurück. Obwohl die Felder der Strahlen stark fokussiert werden, variieren sie schnell mit Zeit und Bewegung und sind daher unvorhersehbar, da die Signalpegel und -muster als geschlossenes System interagieren. Dies muss noch zuverlässig für reale Situationen außerhalb des Labors abgebildet werden.
- Während die Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) Richtlinien zur Begrenzung der Exposition gegenüber elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern (EMF) herausgibt und die EU-Mitgliedstaaten der Empfehlung 1999/519/EG des Rates unterliegen, die den ICNIRP-Richtlinien folgt, besteht das Problem darin, dass es derzeit nicht möglich ist, 5G-Emissionen in der realen Welt genau zu simulieren oder zu messen." (S.11/12)
Prof. Achim Enders argumentierte, dass die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Effekte finden zu können, für Wissenschaftler zu gering sei, um sich damit zu beschäftigen. Es könnte aber auch damit zusammenhängen, dass die Mobilfunkindustrie viel Erfahrung damit hat, den wissenschaftlichen Ruf von Menschen, die unangenehme Ergebnisse veröffentlichen, dauerhaft zu beschädigen. Siehe dazu den folgenden Film.