An die Mitglieder des Bundestags in den Ausschüssen:
- Wirtschaft und Energie (federführend)
- Recht und Verbraucherschutz
- Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
- Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen
Änderungsantrag zum GEG-Entwurf, Stand 20.01.2020 (als PDF):
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 schwächt die Mieterrechte und ist ersatzlos zu streichen
Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete,
am 18.06.2020 soll der Gesetzentwurf für das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden.
Wir begrüßen die Bemühungen zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude grundsätzlich, sehen aber große Probleme mit den Formulierungen des
§ 6 Verordnungsermächtigung zur Verteilung der Betriebskosten und zu Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen.
Wir beziehen uns auf den Absatz 1 Nr. 4, in dem es heißt:
- (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben,
- 4. dass die zum Zwecke der Datenverarbeitung eingesetzte Technik einem Stand der Technik entsprechen muss, der Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität gewährleistet.
Unsere Bedenken betreffen in der gewählten Formulierung explizit das Wort „Interoperabilität“.
Die Aussage des Absatz 1 Nr. 4 an sich, mit den Inhalten „Datenschutz und Datensicherheit“, sind an dieser Stelle rein deklaratorischer Natur und überflüssig, da diese Inhalte im § 6 Absatz 4 behandelt werden.
„Interoperabilität“ (der eingesetzten Technik) hingegen ist der Türöffner für die zwangsweise Einführung digitaler Messsysteme, die i. d. R. auf Basis von Funksystemen zur Anwendung kommen, welche sowohl gesundheitlich als auch datenschutzrechtlich hochproblematisch sind.
Wird „Interoperabilität“ verpflichtend, heißt dies, dass Nutzer de facto gezwungen werden, eine Signalübertragung per Funk in der eigenen Wohnung zu akzeptieren, weil
- von der Industrie kaum Geräte entwickelt und angeboten werden, die ohne eine Datenübertragung per Funk auskommen,[1]
- eine alternative Verkabelung aller Geräte – vor allem im Bestand – häufig aus Kostengründen nicht realisiert wird (vgl. den Einsatz von Wärmemengenzählern an Heizkörpern) und
- Mieter bei der Systemwahl keine Mitspracherechte haben oder mögliche Mehrkosten für Alternativen nicht tragen können.
Davon werden zukünftig auch Wohneigentümergemeinschaften mit externer Hausverwaltung betroffen sein, weil hier gem. der vorliegenden Gesetzesnovelle über bauliche Veränderungen nach Mehrheitsprinzip entschieden werden soll und kein Widerspruchsrecht gegen Funkstandards besteht.
Für die Zielerreichung der „zeitnahen und transparenten Erfassung der Verbrauchsdaten beim Wärmeenergieverbrauch“ reichen die formulierten Inhalte der Nr. 1 bis 3 des Absatz 1 aus. Auch die Erläuterungen zu § 6 im Teil B. ´Besondere Bedingungen` können nicht überzeugen und unterschlagen die Tragweite des Ermächtigungsgesetzes zur verpflichtenden „Interoperabilität“ in Bezug auf die eingesetzte Technik.
Verpflichtende Interoperabilität der Technik schwächt Mieterrechte
Es gibt keinen Grund, warum zur Stärkung der Mieterrechte die technischen Systeme „interoperabel“ sein müssen. Verpflichtende „Interoperabilität“ stärkt nicht die Mieterrechte, sondern wird die Mieter gegenüber den Vermietern, Hausverwaltungen und Versorgern schwächen, weil kein generelles Widerspruchsrecht und/oder eine kostenneutrale Wahlmöglichkeit besteht. „Interoperabilität“ ist hier ein Trojanisches Pferd der Systemhersteller und nutzt vorrangig deren Geschäftsmodellen. Es dient dazu, fernauslesbare Messsysteme zwangsweise in allen Haushalten zum Zwecke der Datenbeschaffung zu installieren. Welche Kontrollmöglichkeiten damit installiert werden, braucht hier nicht ausgeführt zu werden.
Wie die Daten den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden, muss technikneutral und vollständig anwendungsoffen bleiben. (Beispielhaft könnte dies auch dadurch realisiert werden, dass die Verbrauchswerte und die dadurch entstandenen Kosten direkt an den Geräten verständlich nachvollziehbar und damit dezentral abgebildet werden und so für den Nutzer jederzeit einsehbar sind.) Interoperabilität ist in der Datenverarbeitung sicherlich angebracht, aber nicht bei der eingesetzten Technik der Datenerhebung.