Musterbrief Vorschlag II ___________________________________________
Musterbrief der Stuttgarter Bürgerinitiative
Absender...
An Herrn Bürgermeister / Frau Bürgermeisterin ...
z.K. Fraktionen im Gemeinderat ...... Bürger:innen und Presse
Fragen zum Ausbau von 5G-Mobilfunk in der Region Stuttgart / Offener Brief
Sehr geehrte(r) Herr Bürgermeister / Frau Bürgermeisterin ....,
der Ballungsraum Musterstadt soll zu einer 5G-Modellregion werden. Neben hunderten neuer Makrosender sollen tausende neue Kleinzellen, vermutlich in 150 Meter Abständen, von allen drei Mobilfunkbetreibern als Parallelnetze aufgebaut werden. Die Stadt hat eine Verantwortung für die Gesundheit ihrer Bürger:innen und muss das Vorsorgeprinzip bereits bei Hinweisen auf Gefahren anwenden.
Die Stadt .... sollte zur Forschungslage Stellung beziehen. „5G ist Russisch Roulette“ – davor warnen zwei US-Radiologen in einem Brandbrief im International Journal of Radiation Oncology.[1] Es gibt Untersuchungen zu 5G mit besorgniserregenden Ergebnissen: die 5G-Strahlung im Millimeterbereich koppelt sich über die Haut in den Organismus ein, mit unkalkulierbaren Risiken. Die Forschergruppen fordern einen Ausbaustopp, bis medizinische Risiken geklärt sind.[2] Der weltweit renommierte Schweizer Wissenschaftler Niels Kuster warnt in einer neuen Arbeit davor, dass bereits nach kurzer Einwirkzeit von 5G dauerhafte Gewebeschäden entstehen könnten. Deshalb sei eine erneute Prüfung der ICNIRP-Expositionsrichtlinien dringend angeraten.[3] Bereits in den 70-er Jahren warnte eine interne Studie des CIA, in der sowjetische Forschungen ausgewertet wurden, detailliert vor den schädlichen Wirkungen der Millimeterwellen auf den Organismus.[4] Die Experimente wurden mit Frequenzen von 37,5GHz-60GHz und einer Leistungsflussdichte von 10 W/m2 durchgeführt, was dem heutigen Grenzwert entspricht. Mehr als 244 Wissenschaftler:innen und Ärzte/-innen aus 41 Ländern empfehlen inzwischen ein Moratorium beim Ausbau des 5G-Standards, ebenso der Ärztearbeitskreis digitale Medien aus Stuttgart, die IPPNW und die Vereinigung Schweizer Umweltärzte und -ärztinnen.[5] In einer Analyse für die EU-Kommission zu 5G wird festgestellt, dass niemand gesichert wisse, wie sich die 5G-Installation auf die menschlichen Zellen, auf alle Lebewesen und die Natur auswirken werde.[6] Und der beratende Ausschuss der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO hat empfohlen, mit hoher Priorität zu prüfen, ob nicht auf Grund neuer Studien eine Einstufung der mit der Hochfrequenz-Strahlung verbundenen Krebsrisiken in eine höhere Gefahrenkategorie als "möglicherweise krebserregend" notwendig sei.[7] Den Fachleuten der Bundesämter ist dies alles bekannt.
Der Technikfolgenausschuss des Bundestages hat den Auftrag, ein Gutachten zu 5G zu erarbeiten.[8] Auf eine Anfrage des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) erklärt der Projektleiter, man beginne erst mit der Recherche, ein parlamentarisches Ergebnis liege frühestens 2020 vor. Doch bis dahin soll 5G ohne Technikfolgenabschätzung installiert sein. Man hat dann vollendete Tatsachen geschaffen, das hinzunehmen ist dann sicher „alternativlos“. Die lückenlose Belastung der BürgerInnen mit elektromagnetischen Feldern wird enorm ansteigen. Die Verseuchung der Umwelt durch Dieselabgase und Feinstaub wird ergänzt durch Mobilitätssysteme, die die Umwelt mit Radar und Elektrosmog verseuchen. Die WHO hat bereits Autoabgase und Mobilfunkstrahlung in dieselbe Kategorie „möglicherweise krebserregend“ eingestuft, nach neuen Studien wird die Einstufung in „Krebs erregend“ gefordert. Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz Dr. Inge Paulini warnte: "Die Personengruppen, die wir besonders im Fokus haben, die besonders schützenswert sind - sind Kinder, Säuglinge, Kranke, alte Menschen. Der Ausbau der 5G-Netze sollte auf jeden Fall so erfolgen, dass sensible Orte, Orte, wo diese Menschen sich aufhalten - Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, – dass die erst mal ausgenommen werden." (Nano-3sat-Video ab Minute 2:20, http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=79212 ) In unserer Stadt wohnen diese Personengruppen überall.
Unsere Fragen an Sie: Können Sie dem Aufbau einer Technologie ohne Technikfolgenabschätzung zustimmen? Wie beurteilt die Stadt selbständig die Studienlage zu 5G? Wir bitten Sie, uns nicht Textbausteine übergeordneter Behörden zuzusenden und nicht mit scheinbar schützenden Grenzwerten zu argumentieren.
Ökologische Folgen abschätzen. Der 5G-Aufbau wird von allen Industriezweigen mit großem Druck gefordert, von der Autoindustrie für das autonome Fahren, der Verbrauchsgüterindustrie für das Internet der Dinge, der Werbebranche und den Datenbrokern für BigData. Für die Vernetzung aller Vorgänge in der Stadt für die SmartCity, SmartMobility und SmartSchools, also die erwarteten Milliardengeschäfte, scheint die Politik alle Risiken auszublenden. Die 5G-Technologie ist darauf ausgelegt, pro Quadratkilometer 1 Million Geräte zu vernetzen.[9] Smart City und 5G steigern durch den Konsum für das Internet der Dinge, also Millionen neuer vernetzter Haushaltsgeräte, durch explodierende Datenvolumen und neue Sendeanlagen selbst massiv den Energie- und Ressourcenverbrauch. Angesichts des Klimawandels ist das eine Katastrophe. Dazu kommt, dass die Sicherheitsbehörden mit 5G die Überwachungsstruktur perfektionieren und der gläserne Bürger verwirklicht werden kann. Kommunen werden von Orten gelebter Demokratie zu überwachten Zonen. Die SmartCity Pläne erhielten den BigBrother Award 2018.
Unsere Fragen an Sie: Wie wird der Datenschutz abgesichert? Wird von der Stadt der ökologische Fußabdruck der SmartCity recherchiert, werden darüber die Umweltverbände und die BürgerInnen informiert?
Bürgerbeteiligung. Die geplante digitale Transformation der Kommunen hat einschneidende Konsequenzen für alle Lebensbereiche. Schnelles Internet und Breitband gehören zur Daseinsvorsorge und zu den sensibelsten Strukturen. Mit dem bevorstehenden Vertragsabschluss mit den Mobilfunkbetreibern werden Tatsachen geschaffen, deren Konsequenzen weder gründlich im Gemeinderat noch mit den Bürger:innen diskutiert werden. Wie fordern deshalb eine Bürgerbeteiligung, wie sie die Stadt Barcelona vorbildlich durchgeführt hat.[10] In der Bürgerbeteiligung müssten die Alternativen, die zu einer profitorientierten, monopolgesteuerten Versorgung bestehen und zu der unsere Bürgerinitiative schon Vorschläge gemacht hat, besprochen werden.
Unsere Frage an Sie: Sind Sie zur Organisierung einer solchen Bürgerbeteiligung bereit? In Erwartung Ihrer Antwort noch vor einem Vertragsabschluss mit den Mobilfunkbetreibern.
i.A. der Bürgerinitiative mit freundlichen Grüßen
[1] McClelland IS, Jaboin JJ. The Radiation Safety of 5G Wi-Fi: Reassuring or Russian Roulette? International Journal of Radiation Oncology _Biology _ Physics Volume 101, Number 5 , 2018, S. 1274; https://www.redjournal.org/article/S0360-3016(18)30718-1/fulltext
[2] Betzalel N et al. The human skin as a sub-THz receiver – Does 5G pose a danger to it or not? Environmental Research 2018; 163, 208–216
Ciaula AD. Towards 5G communication systems: are there health implications? International Journal of Hygiene and Environmental Health 2018; 2018.01.011
Russell CL. 5 G wireless telecommunications expansion: Public health and environmental implications. Environmental Research 2018. https://doi.org/10.1016/j.envres. 2018.01.016
[3] Esra Neufeld / Niels Kuster (2018): Systematic Derivation of Safety Limits for Time-Varying 5G Radiofrequency Exposure Based on Analytical Models and Thermal Dose. Health Physics. 115(6):705–711, https://insights.ovid.com/pubmed?pmid=30247338
[4] Zalyubovskaya N. P. (1977): Biological Effect of Millimeter Radio Waves, Vrachnebnoye Delo, No 3 Gesamtdokument abrufbar unter: https://www.cia.gov/library/readingroom/docs/CIA-RDP88B01125R000300120005-6.pdf?fbclid=IwAR3LdGKm3zJWmqyQRaTu-3pQBooisYn5OkTsulNV3bE2Fzby32-MgDwV6fQ, https://tinyurl.com/y7cerhom
[5] https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail?newsid=1220
https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail&newsid=1305
https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail&newsid=1247
[6] Blackman C, Forge S. (2019): 5G Deployment: State of Play in Europe, USA, and Asia. Study for the Committee on Industry, Research and Energy, Policy Department for Economic, Scientific and Quality of Life Policies, European Parliament, Luxembourg, 2019; diagnose:funk Homepage 12.04.2019,
https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail&newsid=1388
[7] diagnose:funk Artikel 23.04.2019: Einstufung: "Wahrscheinlich krebserregend" oder höher? IARC soll Hochfrequenz-Krebsrisiko überprüfen; https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail&newsid=1397
[8] http://www.tab-beim-bundestag.de/de/untersuchungen/u30300.html
[9] Europäische Kommission (2016): MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN 5G, ein Aktionsplan für Europa: {SWD(2016) 306 final}:„Die geplanten 5G-Netze dürften in der Lage sein, bis zu 1 Mio. vernetzter Geräte pro Quadratkilometer zu bedienen, was im Vergleich zu den heutigen Kapazitäten einer Steigerung um das Tausendfache entspricht. Durch diesen massiven Anstieg der Gerätezahl wird sich auch der Verkehr pro Netzzugangspunkt erhöhen, sodass zum Erreichen der geplante Konnektivitätsleistung nicht nur immer kleinere Zellen erforderlich sein werden,
[10] „Die digitale Stadt. Warum Barcelona die Insel der Hoffnung ist“, von Carolin Wiedemann, FAZ, 1.11.2018