Am 19.03.2019, am Tag des Beginns der Frequenzversteigerung, berichteten alle Leitmedien über die Erklärung des Bundesamtes für Strahlenschutz. So berichtet die FAZ unter dem Titel "Strahlenbelastung durch 5G muss untersucht werden": "Der neue 5G-Standard nutze mittelfristig auch „höhere Frequenzen“, erklärte Paulini. „Hier haben wir noch wenige Erkenntnisse und werden mittelfristig weitere Forschung betreiben“, kündigte die Wissenschaftlerin an. Ferner sei aus ihrer Sicht offen, was geschehe, wenn etwa unterschiedliche Betreiber am gleichen Ort Sendeleistung aufbauten.
- „Das werden wir beobachten und bewerten“, sagte die BfS-Chefin der Zeitung und mahnte weitere Untersuchungen über die Auswirkung der Strahlung durch zusätzliche Sendemasten an."
Ein Offenbarungseid. Das Vorsorgeprinzip wird zu den Akten gelegt. Die Präsidentin des BfS Dr. Inge Paulini fordert Untersuchungen, aber nicht zur Vorsorge, sondern zur Nachsorge. Heißt: wir lassen den Feldversuch zu, freie Bahn für die Industrie, und im Nachgang schauen wir mal ….
Bereits 2017 haben wir das BfS und Frau Dr. Paulini und Ihre wichtigsten Mitarbeiter*innen der Abteilung SG1 – Strahlenschutz und Gesundheit, persönlich aufgefordert, sofort Forschungsvorhaben zu den neuesten Mobilfunkstandards zu initiieren, geschehen ist nichts. Wie ernst sind die aktuellen Aussagen also gemeint?
Übrigens: das Bundesamt für Strahlenschutz selbst hat in zwei Wiederholungsstudien festgestellt, dass ein krebspromovierendes Potential der Mobilfunkstrahlung als gesichert (!) anzusehen ist. Bei Leistungsflussdichten weit unterhalb der Grenzwerte könne Mikrowellenstrahlung des Mobilfunks dazu führen, dass ein bereits vorhandener Krebs schneller wächst.
Relativierung der Ergebnisse der NTP-Studie
das Bundesamt für Strahlenschutz übernimmt die Sprachregelung der Industrie
Das Bundesamt für Strahlenschutz steht mit seiner Verharmlosungsstrategie mit dem Rücken an der Wand. Die US-amerikanische NTP-Studie und die italienische Ramazzini-Studie weisen das krebsauslösende Potential der Mobilfunkstrahlung nach. Dr. Paulini versucht auch das aktuell mit dem Argument herunterzuspielen:
- "In den Studien im Tierversuch wurden sehr hohe Strahlungen angewendet, die sehr weit entfernt sind von Strahlung, die wir im Alltag haben."(3Sat, nano, 26.2.2019) Das ist eins zu eins die Sprachregelung der Industrie.
In seinem Vortrag zu den Ergebnissen der NTP-Studie stellt Ron Melnick, der die Studie mit konzipierte, nochmals dar, warum diese Ergebnisse große Relevanz für die Gesundheit haben. Melnick erklärt, warum in der NTP-Studie Feldstärken von 1,5, 3 und 6 Watt/kg zur Gesamtkörperbestrahlung eingesetzt wurden. Es ging um das Ziel, an den einzelnen Organen eine reale Bestrahlungsstärke zu erreichen, wie sie von einem Handy am Ohr oder am Körper verursacht werden können. Man kann einer Ratte schließlich kein Handy ans Ohr binden. Die Kritik, die NTP-Studie ließe sich wegen der eingesetzten Feldstärken nicht auf die Realität übertragen, geht also ins Leere. Leider transportieren Journalisten solche bewußt gesäten Zweifel, die der Sprachregelung der Industrie entsprechen, immer wieder ungeprüft.
In einem Beitrag für das Magazin Environmental Research dokumentiert Ron Melnick dies auch schriftlich: >>> Environmental Research, Volume 168, January 2019, Pages 1-6
- Anmerkung: Der festgelegte Richtwert für Handystrahlung im Nahbereich liegt bei max. 2,0 W/kg (SAR) lokal am Kopf und 0,08 W/kg (SAR) für den gesamten Körper. Der Kopf-Wert bezog sich bis Mitte 2017 auf eine Mess-Entfernung von bis zu 25 mm vom Gerät. Bei 0 mm Abstand - an den Kopf gedrückt oder im BH auf der Haut getragen, halten 90% der Geräte (vor Mitte 2017) den SAR-Wert zudem gar nicht ein und erreiche SAR-Werte bis zu 14 W/kg (!). Vgl. "Phonegate").
BERENIS, die "Beratende Expertengruppe nicht-ionisierende Strahlung" der Schweizer Regierung, hat im Nov. 2018 eine Analyse beider Studien vorgelegt, darin heißt es im Fazit:
- „Es stellt sich also die Frage, wie übertragbar die Ergebnisse der NTP-Studie auf die tatsächliche Exposition in der Öffentlichkeit sind, wenn bei der Handynutzung nur Teile des Körpers so stark exponiert sind wie in der NTP-Studie das ganze Tier. Dazu lässt sich sagen, dass es in der Toxikologie üblich ist, höhere Dosen zu untersuchen, um mögliche Gefahren eines Wirkstoffs zu bewerten.“
- "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die BERENIS aufgrund der Ergebnisse und deren Bewertung das Vorsorgeprinzip zur Regulierung von HF-EMF unterstützt."
Ergänzend: In der Schweiz gelten sog. Vorsorgewerte, die 100-fach unterhalb der deutschen Anlagengrenzwerte liegen (Leistungsbezug). In Deutschland gibt es keine Vorsorgewerte, hier gelten die Werte des Industriekartells ICNIRP.