Dafür gibt es eine Reihe guter Argumente und wissenschaftlicher Erkenntnisse. Sie tauchen klar umrissen und gut verständlich im Buch auf („Wissenschaft und Argumente“), immer nach der „TINA-Lösung“, die sich als schlichte Mainstream-Antwort entzaubert. Geht es nicht viel besser? Ja! Das beweisen die Autoren mit ihrer „Idealen Lösung“ in jedem Kapitel: Eltern sammeln Smartphones am Abend ein - und stimmen sich dabei auf dem Elternabend ab. Schon wirkt das AADDA-Syndrom nicht mehr so stark. Für die „Star Wars“-Fans gibt es statt einer DVD Lichtschwerter aus Holz, grün und blau angemalt. Die Porno-Erfahrung wird verständnisvoll verarbeitet, wobei die Eltern nicht auf eine falsch verstandene „Pseudotoleranz“ hereinfallen. Und: Statt überzuckerten Pudding aus der TV-Werbung zu kaufen, ertragen die Eltern lieber das Gequengel - und kochen zum Vergnügen der Kinder einen eigenen Pudding.
Doch wir leben selten in einer idealen Welt - daran haben die Autoren ebenfalls gedacht und über 100 „Weitere Lösungen“ ins Buch gepackt. Lauter kleine und große Schritte zu einem „entspannten Familienleben“ - mit und ohne digitale Medien. Denn: Bei aller Kritik wollen Bleckmann und Leipner das digitale Rad nicht zurückdrehen. Sie plädieren aber für einen altersgemäßen Umgang mit Smartphone und Co., was für sie heißt: Kindergärten und Grundschulen müssen Orte bleiben, an denen Kinder Grundlagen erwerben, um in der digitalen Welt Gestalter und nicht nur Konsumenten zu werden. Also sagen die Autoren Ja zu Daumenkino, Schach-AG und Theaterprojekten - und Nein zur digitalen Grundschule und erst recht zur Digital-Kita. Der Grund: Es gilt, dafür zu sorgen, dass Kinder in erster Linie Erfahrungen in der realen Welt sammeln (Sport, Musik, Natur).
Das passt zu wichtigen Erkenntnissen der Neurobiologie. So ist die kognitive Entwicklung der Kinder eng mit senso-motorischen Erfahrungen verknüpft, was die Autoren in einem Kapitel anschaulich schildern (mit kleinen Experimenten zum Selbermachen). Außerdem haben sie ein spezielles Kapitel geschrieben, das Kammerspiel: Es zeigt abwechslungsreich, wie eine Elterninitiative gegen die Digitalisierung ihrer Grundschule kämpft.
Ein „Alternativprogramm für ein entspanntes Familienleben“? Diesem Anspruch auf dem Cover werden die Autoren wirklich gerecht. Sie bleiben nämlich nicht bei einer Digital-Kritik stehen, im Gegenteil: Der besondere Wert dieses Buch besteht im Praxisbezug! Neben aktuelle wissenschaftliche Befunde treten viele positive Ansätze, das Leben „heute mal bildschirmfrei“ zu gestalten. Manfred Spitzer („Digitale Demenz“) zu dem brandaktuellen Buch: „Seit Jahren warne ich vor den Risiken und Nebenwirkungen digitaler Medien - insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. ‚Heute mal bildschirmfrei‘ gibt Familien wertvolle Tipps, wie die Gefahren vermindert oder ganz vermieden werden können.“