Anmerkung vom 20.12.2018:
- Die Beratergruppe AGNIR wurde im Mai 2017 aufgelöst. Am 17.10.2018 hat das Investigativ-Portal http://truepublica.org.uk diese heimliche Abwicklung aufgedeckt.
- die ungenauen und irreführenden Schlussfolgerungen dieser Arbeitsgruppe bleiben aber Grundlage des politischen Umgangs mit dem Thema EMF.
Er steht exemplarisch für diese Gutachten, auch weil international Methoden und Verfasser ähnlich sind, ob dies der Bericht der SCENHIR für die EU ist, der Bericht des Wissenschaftlichen Beirats Funk (Österreich), oder der nun "Siebte Mobilfunkbericht der Bundesregierung" in Deutschland. So wird auch der für 2017 angekündigte Bericht der WHO von einem fast identischen Autorenteam verfasst. Dieses Betrugssystem, von der Industrie mit "zuverlässigen" Wissenschaftlern aufgebaut, ist international, und die Mechanismen der institutionellen Korruption, die S. J. Starkey aufdeckt, lassen sich auf nahezu alle westeuropäischen Länder übertragen. Diese Mechanismen basieren auf folgenden Hauptpfeilern, die S. J. Starkey am Bericht der AGNIR nachweist:
1. Es wurde ein selbstreferentielles System der Risikokommunikation geschaffen. In den "unabhängigen" Bewertungskommissionen, die Gutachten verfassen, sitzen dieselben nationalen und internationalen Experten, die in Regierungskommissionen die Schutzvorschriften erlassen. Sie schreiben sich also ihre eigenen Gutachten. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection), die keinerlei demokratische Legitimation besitzt, ihre Mitglieder nach konformer Meinung beruft und selbst mit Regierungskommissionen, auch mit deutschen, personell verflochten ist.
2. Unterdrückung: Man lässt in den Gutachten die Studien, die nicht in das Vermarktungskonzept passen, einfach weg oder teilt nur einen Teil der Studienergebnisse mit.
3. Selektion: Man erklärt alle Studien, die Gesundheitsrisiken nachweisen, zu "schlechtgemachten" Studien, selbst wenn sie in anerkannten Fachzeitschriften peer-reviewed publiziert sind. Studien, die keine schädigenden Effekte finden, werden dagegen generell als gut gemacht in den Vordergrund gestellt.
4. Betrug durch Sprache: Man benutzt eine Sprache, die die Studienlage verschleiert, zweifelt Ergebnisse an und stellt ihnen industriefinanzierte Einzelergebnisse gegenüber.
Organisierte Unverantwortlichkeit
Der Verwirrung, die solche Gutachten anrichten, stellt S. J. Starkey einen 20-seitigen Anhang (siehe Downloads), die "Ergänzenden Informationen", gegenüber, eine Dokumentation der Studienlage. Sie listet u.a. alle die Studien auf, die im AGNIR-Bericht unterschlagen oder verzerrt interpretiert werden.
Hier stellt sich die Frage: Wo steht die Wissenschaft? Warum geben sich Wissenschaftler dafür her, Gefälligkeitsgutachten für die Industrie zu schreiben? Die herrschende Wissenschaft wird von den Interessen der Industrie dominiert. Professor Christian Kreiß deckt in seinem Buch "Gekaufte Forschung. Wissenschaft im Dienste der Konzerne" (2015) die erschreckenden Ausmaße dieser Dominanz auf. Der Soziologe Ulrich Beck nennt dies einen Zustand der organisierten Unverantwortlichkeit. S. J. Starkey entzaubert die angebliche Schutzfunktion der Grenzwerte. Ihre Untersuchung entzieht den Legitimationsargumentationen, die die Vermarktung des Mobilfunks absichern sollen, den Boden.
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