BI-Info / Stellungnahme zu einem Presseartikel in der Stuttgarter Zeitung vom 13.1.2009 mit Quellenverweisen
Erstaunliche Interpretationen einer Studie zu Handys, Kindern und Jugendlichen in der Presse
Bei der Bekanntgabe der Ergebnisse des Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms (DMF) im Juni 2008 musste von der Bundesregierung und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ein Offenbarungseid in Bezug auf Kinder und Mobilfunk geleistet werden. Von der in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie zu Kindern wurde nichts umgesetzt, Langzeitstudien wurden nicht in die Wege geleitet, das BfS sprach deshalb von weiterem Klärungsbedarf. Trotzdem wird ohne jede Überprüfung die UMTS-Technik v.a. für die Zielgruppe der Heranwachsenden vermarktet. Der BUND kritisierte: „Einen „Klärungsbedarf“ mit der Fortsetzung des Großversuchs in der Bevölkerung zu quittieren, zeugt eher von einer Missachtung grundrechtlicher Pflichten.“ Dieser Makel soll jetzt offensichtlich durch PR-Aktionen entsorgt werden.
Dafür soll wohl eine jetzt veröffentlichte Kurzzeitstudie innerhalb des DMF „MobilEe-Mobilfunk: Exposition und Befinden, Klinikum der Universität München, 2008“ herhalten. Sie hatte das wichtige Studienziel, die Auswirkungen der Strahlenbelastung auf Kinder und Jugendliche zu erfassen. Wie will man aber mit Kurzzeitstudien aussagekräftige Ergebnisse erzielen, wo doch unbestritten ist, dass es v.a. um langfristige und kumulative Auswirkungen geht? Diese Studie wurde auf nur 24-Stunden angelegt, mehr als kurzfristig. Sie liest sich auch wie ein veritabler Eiertanz zwischen Entwarnung, Ergebnissen von signifikanten Effekten, deren Psychologisierung und Relativierung und dem Hinweis, dass man eigentlich noch zu wenig weiß.
Man darf nun den Wissenschaftlern nicht die Vermarktung der Studie anlasten, so wie das BfS das nun unseriös und simplifizierend tut: „Erneut Entwarnung bei Handystrahlung“. Wirklich?
Was in der Münchner Studie an Erkenntnissen und kritischen Hinweisen steht, fällt in der Presseberichterstattung unter den Tisch.
H.-Peter Neitzke vom renommierten ECOLOG-Institut kritisiert in seiner Analyse der DMF – Forschungen das generelle Vorgehen der Behörden bei der Interpretation der DMF-Ergebnisse:
„Auf neue (z.T. sehr deutliche) Befunde wird nicht eingegangen und es fehlen durchgängig kritische Anmerkungen zur Aussagekraft der Studien bzw. kritische Anmerkungen der Autoren `fallen unter den Tisch`“.
Dies trifft auch bei der Münchner Studie zu. Die Aussagekraft dieser Studie ist auf Grund der Kurzzeitigkeit nicht hoch, dennoch geben einige Erkenntnisse wichtige Hinweise. Die Zeitungsmeldung und das BfS berichten als Ergebnis der Studie von 9 Prozent der Minderjährigen, die sich von der Strahlung beeinträchtigt fühlen, das sind hochgerechnet bei 12 Millionen Minderjährigen (2005) in Deutschland 1.080.000 Kinder! Das wäre Gefahr im Verzug! Hier zu schreiben, es zeige sich „kein Zusammenhang“ ist mehr als verharmlosend.
In der Studie wird über „signifikante“ Zusammenhänge zwischen Handy, DECT, WLAN, Handymasten und Befindlichkeitsstörungen berichtet. Davon ist in der Presseberichterstattung nichts zu lesen.