Nachweis von genotoxischen Wirkungen in isolierten Säugerzellen nach elektromagnetischer Feldexposition
EINFÜHRUNG
Seit Jahren sind wir mit der Irrationalität der für elektromagnetische Felder (EMF) geltenden Grenzwerte konfrontiert. Obwohl es längst offensichtlich ist, dass diese Werte den natürlichen Lebensbedingungen angepasst werden müssen, sind die Bestrebungen, dieses zu erreichen, bisher nicht sehr erfolgreich verlaufen. Ich begrüße es deshalb sehr, dass bei diesem Treffen hier in Stavanger ein neuer Versuch gemacht werden soll, diese unglückliche Situation zu ändern. Mein Beitrag handelt von Ergebnissen der Grundlagenforschung. Da epidemiologische Befunde immer noch mit großer Unsicherheit behaftet sind, bietet die Grundlagenforschung im Moment die einzige verlässliche Möglichkeit herauszufinden, ob elektromagnetische Felder eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen können.
Alexander Lerchl, Vorsitzender des Ausschusses für Nichtionisierende Strahlung bei der Strahlenschutzkommission (SSK) im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und Professor an der Jacobs-Universität in Bremen, hat dies offensichtlich ebenfalls erkannt. Lerchl ist, wie so viele Wissenschaftler in diesem Forschungsgebiet, jedoch fest davon überzeugt, dass neben den thermischen Wirkungen der EMF keine weiteren Wirkungen mit biologischer Relevanz existieren und dass die Menschen mit den geltenden Grenzwerten ausreichend vor thermischen Wirkungen geschützt sind. In seinem Buch über Datenfabrikation in der Mobilfunkforschung, in dem er seinen Standpunkt verteidigt, schreibt er:
„Die Ergebnisse von Diem et al.2 waren in der Tat Besorgnis erregend. Sollten sie sich bestätigen, wäre dies nicht bloß ein Alarmsignal, sondern der Anfang vom Ende des Mobilfunks, da DNA-Schäden die erste Stufe zur Krebsentstehung sind.“ Der in der Diem et al.-Arbeit erbrachte Nachweis von DNA-Schäden durch EMF, durch die Zellen veranlasst werden, unkontrolliert zu wachsen, weil der Stoffwechsel an entscheidenden Stellen fehlgeleitet und die natürliche Blockade der Zellteilung aufgehoben wird, hätte nach Meinung von Lerchl ernsthafte wirtschaftliche Konsequenzen zur Folge – und dies muss unbedingt verhindert werden, wofür ihm jedes Mittel recht zu sein scheint.
Dass es keinen Zweifel mehr daran geben kann, dass Lerchls Annahme der biologischen Wirkungslosigkeit von EMF, die mit ihm von der Industrie und weitgehend auch von der Politik geteilt wird, dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse widerspricht, möchte ich im Folgenden aufzeigen.
WISSENSCHAFTLICHER ANSATZ
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REFLEX: ELF-EMF
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WIENER ERGÄNZUNGSTUDIE: UMTS
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REFLEX: RF-EMF
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ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE
Die Ergebnisse der REFLEX-Studie widersprechen unserer Ausgangshypothese von der Nullwirkung von EMF ganz entschieden. Niederfrequente und hochfrequente EMF weit unterhalb der Grenzwerte verändern Struktur und Funktion von Genen in verschiedenen tierischen und menschlichen Zellen. Im Detail sahen wir
- einen Anstieg der DNA-Strangbrüche in menschlichen Fibroblasten, HL60-Zellen und Granulosazellen von Ratten, aber nicht in menschlichen Lymphozyten,
- eine Zunahme der Mikrokerne und Chromosomenaberrationen in menschlichen Fibroblasten,
- Veränderungen in der Gen- und Proteinexpression verschiedener Zelltypen, insbesondere in menschlichen Fibroblasten, menschlichen Endothelzellen und embryonalen Stammzellen von Mäusen.
Unsere Ergebnisse, die Alexander Lerchl als fabriziert bezeichnet hat, weil sie mit seinen Vorstellungen nicht in Einklang zu bringen sind, wurden kürzlich von anderen unabhängigen Forschungslabors bestätigt:
1. Eine Forschergruppe aus Bologna, Italien, publizierte gerade einen Artikel in Mutation Research4, in dem sie feststellen, dass amplituden-modulierte GSM-Signale bei einer SAR von 2 W/kg die DNA-Strangbruchrate in menschlichen Trophoblasten nach einer 16- und 24-stündiger Exposition deutlich erhöhten. Sie kommen zu dem Schluss, dass hochfrequente EMF mit einer Trägerfrequenz und einer Modulation typisch für das GSM-Signal Auswirkungen auf die Unversehrtheit der DNA haben können. Das ist genau das, was wir in unseren Studien gefunden haben.
2. Eine Forschergruppe aus China publizierte gerade einen Artikel in Brain Research5, den ich persönlich für den wichtigsten in diesem Forschungsgebiet halte. Sie setzten Nervenzellen der Hirnrinde aus Primärkulturen für 24 Stunden einer Strahlung ähnlich dem GSM-Signal mit einer SAR von 2 W/kg aus und beobachteten einen deutlichen Anstieg von Sauerstoffradikalen (ROS) und zusätzlich von 8-OHdG-DNA-Addukten (Biomarker für oxidativen Stress) in den Mitochondrien der Neuronen.
Einige weitere Publikationen dieser Art sind in Vorbereitung. Somit ist kein Zweifel mehr gerechtfertigt, dass ELF-EMF ebenso wie GSM- und UMTS-Signale unter in-vitro Bedingungen eine genotoxische Wirkung auf menschliche Zellen ausüben. Ob sie das auch unter in-vivo Bedingungen tun, ist momentan eine Frage höchster Priorität.
WIRKMECHANISMUS
Weitere wichtige Forschungsergebnisse stammen aus dem Labor von Rony Seger am Weizmann Institute of Science in Israel. Seine Erkenntnisse helfen besser zu verstehen, wie RF-EMF ihre biologische Wirkung entfalten: