Darstellung der REFLEX-Studie in BT-Drucksache

Stellungnahme Prof. Adlkofer
Prof. Franz Adlkofer kommentiert die Darstellung der REFLEX-Studie in der Bundestagsdrucksache 16/1791 vom 06.06.2006.

Auszug: Bundestagsdrucksache 16/1791 (16. Wahlperiode) vom 06.06.2006:

"2.5 Studien zu genotoxischen Effekten
REFLEX-Studie

Die REFLEX-Studie ist ein von der Europäischen Union (EU) finanziertes Gemeinschaftsprojekt von elf Forschergruppen aus sieben europäischen Ländern unter der Federführung, Koordination und finanzieller Beteiligung der deutschen VERUM-Stiftung. Im Rahmen dieser Studie wurde seit Anfang 2000 der Einfluß nieder- und hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf verschiedene Zellkulturen hinsichtlich möglicher krebserzeugender Mechanismen auf molekularer Ebene untersucht. Dabei wurde anstelle von Ringversuchen mit einheitlichen, standardisierten Versuchsprotokollen lediglich eine Vielzahl von Einzelexperimenten durchgeführt, die sich nur in wenigen Bereichen überschneiden oder ergänzen. Der Abschlußbericht zur REFLEX-Studie wurde 2004 vorgelegt. Nach eigenen Aussagen des Projektkoordinators Prof. Adlkofer sind die Ergebnisse ausschließlich an Zellkulturen gewonnen und daher nicht für Schlussfolgerungen auf die menschliche Gesundheit geeignet. Dennoch hat die REFLEX-Studie, wie auch die Naila-Studie, zu einer großen Verunsicherung in breiten Teilen der Bevölkerung geführt. Das BfS hat sich mit der REFLEX-Studie intensiv beschäftigt und eine Stellungnahme verfasst, die unter http://www.bfs.de/elektro nachzulesen ist. Demnach belegen die Ergebnisse keineswegs einen kausalen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und der Entstehung chronischen Erkrankungen oder funktioneller Störungen; auch wurden mehrheitlich keine genschädigenden Wirkungen festgestellt. Dennoch sind im Rahmen der REFLEX-Studie Unklarheiten in den Bereichen Genotoxizität und differentielle Genexpression aufgetreten; diese Bereiche werden daher im Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm umfassend bearbeitet."

Stellungnahme Prof. Franz Adlkofer

Die REFLEX-Studie wird in dem Text der Bundesdrucksache vom 06.06.2006 nicht ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt. Um den Eindruck zu erwecken, dass an ihren Ergebnissen durchaus Zweifel angebracht sind, werden insbesondere zwei kritische Anmerkungen in den Text eingefügt:

1) Anstelle von Ringversuchen mit einheitlichen, standardisierten Versuchsprotokollen wurden lediglich eine Viel-zahl von Einzelexperimenten durchgeführt, die sich nur in wenigen Bereichen überschneiden oder ergänzen.

2) Mehrheitlich wurden keine genschädigenden Wirkungen festgestellt.

Zu 1) Die REFLEX-Studie wurde durchgeführt um herauszufinden, ob elektromagnetische Felder unterhalb der geltenden Grenzwerte das Potential besitzen, in isolierten menschlichen Zellen biologische Wirkungen zu erzeugen, die bei der Entstehung von chronischen Erkrankungen wie Krebs eine Rolle spielen. Sollte dies nämlich nicht zutreffen, was in der Arbeitshypothese angenommen wurde, ist eine Gesundheitsgefährdung des Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die Antwort auf die gestellte Frage ist jedoch, dass solche schwerwiegenden Veränderungen tatsächlich auftreten können. Dies ist ein gewaltiger Schritt nach vorn in Richtung Erkenntnisgewinn. Zur Klärung einer solchen Fragestellung sind unterschiedliche molekularbiologische und toxikologische Methoden erforderlich, wie sie im REFLEX-Projekt angewandt wurden. Ringversuche sind dagegen erst dann sinnvoll, wenn bereits bekannt ist, was damit untersucht werden soll. Dies wissen wir aber erst, seit das REFLEX-Projekt beendet ist.

Zu 2) Im REFLEX-Projekt wurden von den beiden Arbeitsgruppen, die sich mit Gentoxizität beschäftigten, an isolierten menschlichen Zellen gentoxische Wirkungen festgestellt. In der Zwischenzeit wurde bei Wiederholungsversuchen außerhalb des REFLEX-Konsortiums diese Beobachtung teils bestätigt und teils nicht bestätigt. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. Beim der letzten mir bekannten Wiederholungsstudie führte eine ungeeignete Versuchsanordnung zum negativen Ergebnis. Unsere neuen Forschungsergebnisse, die wir gerade zur Publikation eingereicht haben, belegen jedoch erneut und unzweifelhaft, dass hochfrequente elektromagnetische Felder weit unterhalb des gegenwärtigen Grenzwertes die Gene in isolierten menschlichen Zellen schädigen können.

Unabhängig von den obigen Ausführungen gilt meine in der Bundesdrucksache wiedergegebene Feststellung, dass die REFLEX-Ergebnisse ausschließlich an Zellkulturen gewonnen und daher nicht geeignet sind, einen Zusammen-hang zwischen einer Belastung mit elektromagnetischen Feldern und der Entstehung von chronischen Krankheiten oder auch nur von vorübergehenden Befindlichkeitsstörungen zu beweisen. Damit wird eingeräumt, dass die REFLEX-Daten eine direkte Schlussfolgerung auf die menschliche Gesundheit nicht erlauben. So zu tun, als ob sie keinerlei Schlussfolgerungen gestatteten, ist jedoch grob fahrlässig und mit den vorherrschenden toxikologischen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Immerhin stehen Genschäden bzw. Änderungen der Genfunktion, wie wir sie im REFLEX-Projekt ebenfalls beobachtet haben, am Anfang wohl aller chronischen Erkrankungen. Was Not tut, ist die Bereitstellung von ausreichenden Mitteln für unabhängige Forschung um zu prüfen, ob Zellveränderungen, wie sie im Reagenzglas festgestellt wurden, auch im lebenden Organismus von Mensch und Tier auftreten, wenn sie elektromagnetischen Feldern ausgesetzt werden. Sollte dies dann wirklich der Fall sein, hätten wir ein gesellschaftliches Problem großen Ausmaßes, das ein Umdenken der Verantwortlichen erzwänge.

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Publikation zum Thema

Bundestagsdrucksache 16/1791Format: A4Seitenanzahl: 16 Veröffentlicht am: 06.06.2006

2. Bericht der Bundesregierung über die Forschungs-ergebnisse in Bezug auf die Emissionsminderungs-möglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen

Unterrichtung durch die Bundesregierung
Inhalt:
Im Jahr 2002 hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung beauftragt, alle zwei Jahre einen Bericht über alle aktuellen Forschungsergebnisse in Bezug auf Emissionsminderungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnologie (u. a. Handy [mobile Endgeräte], Minderung der Strahlungswirkung durch den Einsatz von Headsets, Mobilfunksendeanlagen) und Forschungsergebnisse in Bezug auf entsprechende gesundheitliche Auswirkungen vorzulegen (Bundestagsdrucksache 14/8584). Darüber hinaus soll die Frage erörtert werden, ob die geltenden Grenzwerte der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (26. BImSchV) vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse dem Vorsorgeprinzip genügen.
Artikel veröffentlicht:
05.02.2007
Autor:
Prof. med. Franz Adlkofer
Quelle:
Veröffentlicht auf diagnose:funk mit freundlicher Genehmigung des Autoren.

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