Das Verschwinden der Kindheit

400 000 Kinder gelten als „verhaltensauffällig“
Jedes fünfte Kind leidet an Stresserscheinungen. Schon 1996 wurden 15 Prozent aller Psychopharmaka Kindern verschrieben. 'stern' berichtet.

Die deutsche Illustrierte „Stern“ Nr. 39 vom 20.9.07 hat die markanten Veränderungen im Leben der heutigen Kindergeneration in Wort und Bild sehr ausführlich von verschiedenen Seiten beleuchtet. Der Beitrag ist sehr lesenswert, vor allem für Eltern und Erziehungsberechtigte. An dieser Stelle seien nur einige wenige Punkte aus dem zehnseitigen Report herausgegriffen:

Die deutsche Illustrierte „Stern“ Nr. 39 vom 20.9.07 hat die markanten Veränderungen im Leben der heutigen Kindergeneration in Wort und Bild sehr ausführlich von verschiedenen Seiten beleuchtet. Der Beitrag ist sehr lesenswert, vor allem für Eltern und Erziehungsberechtigte. An dieser Stelle seien nur einige wenige Punkte aus dem zehnseitigen Report herausgegriffen:

„..... Wir bauten Höhlen hinter Hecken und klauten Äpfel von den Bäumen. Wir machten Feuer, was wir nicht sollten und fielen von Mauern, was wir nicht wollten. Die schlimmste Strafe war Hausarrest. Wenn wir eine Uhr brauchten, schauten wir hoch zur Kirche. Wir hatten Zeit. Das ist lange her. 30, 40 Jahre..... Wenn Jungen und Mädchen sich heute verabreden wollen, brauchen sie ein Telefon und in der Küche hängen Terminpläne.“

„Das Kind bekommt, was es will, nicht was es braucht. Vergebens klagt ein Vater, er habe sich an einem Elternabend für ein Handyverbot auf der Reise einer fünften Klasse eingesetzt. Er sei überstimmt worden. Die Mehrheit der Väter und Mütter wollten dies ihren Kindern nicht zumuten. Oder sich selbst nicht. Denn das Handy wird zur verlängerten Nabelschnur. Heute besitzt jeder dritte Achtjährige ein mobiles Telefon. Eltern wollen wissen, wo sich ihr Kind gerade befindet. Telefongesellschaften bieten Rundumüberwachung. Kommt das Kind nicht pünktlich aus der Schule, ortet es ein Satellit auf 50 Meter. Ein Kaffeeröster bot jetzt ein "kindgerechtes Handy mit Paniktaste"an.“

Der Bielefelder Soziologe Klaus Hurrelmann sagt, jedes fünfte Kind leide an Stresserscheinungen, wie Nervosität, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen. Schon 1996 wurden 15 Prozent aller Psychopharmaka Kindern verschrieben. Vor allem Antidepressiva. Das Medikament der kontrollierten Kindheit heisst Ritalin. Dieser „Bravmacher“ verändert den Stoffwechsel des Gehirns und stellt das zappelnde Kind ruhig. Nach Angaben des Frankfurter Sigmund-Freud-Instituts stieg die Ritalin-Vergabe in den vergangenen zehn Jahren um das 270-Fache. Mittlerweile werden in Deutschland 150 000 Kinder wegen „Aufmerksamkeitsstörung“ und „Hyperaktivität“ behandelt.
400 000 Kinder gelten als „verhaltensauffällig“.

Soweit einige Ausschnitte aus dem Stern-Report.

Kommentar

Ganz offensichtlich liegt die Aufklärung der Eltern, Erziehungberechtigten und Schulbehörden über die Gefahren des Handytelefonierens insbesondere für Kinder, im Argen oder wird schlicht unterdrückt. Anders lässt es sich nicht erklären, dass Kindern immer noch Handys geschenkt werden, die sie zumeist als Spielzeug benützen und überängstlichen Eltern eine falsche Sicherheit vorgaukeln. Die gesundheitlichen Gefahren, wie die Öffnung der Blut-Hirn-Schranke, Stoffwechselstörungen und neurologische Schäden werden ausgeblendet, weil Informationen darüber entweder fehlen oder schlicht nicht zur Kenntnis genommen werden.

Die Ritalinverschreibung hat in allen Ländern markant zugenommen und sicherlich nicht rein zufällig gerade seit der Einführung des Mobilfunks. Der Gewinner ist die Pharmaindustrie, die die Profite auf Kosten der Gesundheit der jungen Generation macht. Gemäss einer Untersuchung mit Statistik des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit erhöhten sich die Ritalinverschreibungen seit 1996 um 690 Prozent.

Die Zahlen von Neuenburg gelten gemäss BAG-Studie auch für die übrige Schweiz, s. weiterführende Links.

Gewiss: es ist nicht das Handy allein, das für das vom Stern zitierte Verschwinden der Kindheit veranwortlich ist: Es ist z.B. auch der Leistungsdruck in den Schulen. Erfüllen Kinder zudem nicht die Erwartungen ihrer Eltern, dann bekommen sie vielleicht den damals gefürchteten Hausarrest. Doch das stört ein Kind heute kaum mehr. Denn dann kann es in Ruhe mit dem Gameboy spielen.

Artikel veröffentlicht:
12.10.2007
Autor:
diagnose:funk
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