Gesundheitsbeschwerden um Mobilfunkmasten

Selbitz-Studie: Ärzte befragen Bürger:innen
Ärzte der Stadt Selbitz stellen nach einer Bürger-Befragung fest, dass mit zunehmender Nähe zu Mobilfunkantennen deutlich mehr und intensivere gesundheitliche Beschwerden bestehen.
Dr. Horst EgerBild: diagnose:funk

Dr. Horst Eger: "Eine Abschaltung für ein paar Monate wäre die beste Kontrollmöglichkeit."

Die noch nicht veröffentlichten Ergebnisse sollen in Übereinstimmung mit Ergebnissen früherer Untersuchungen und Studien stehen. Die Selbitzer Ärzte appellieren daher an die zuständigen Behörden, mit allen technischen und finanziellen Mitteln umgehend in Selbitz eine verblindete Kontrolluntersuchung mit Senderabschaltung durchzuführen.

Lesen Sie folgend die zusammenfassende Wertung der Selbitzer Ärzte, sowie den Artikel der Frankenpost.

Selbitz-Studie: Zusammenfassende Wertung (Stellungnahme Dr. Eger)

Die “Selbitz-Studie“ wurde in Zusammenarbeit der Gemeinde Selbitz und den örtlichen Ärzten erstellt.

Die vorliegende Arbeit zeigt bei den Studienteilnehmer:innen signifikant höhere Beschwerdeangaben in der Nähe der untersuchten Mobilfunksendestation.

Die vorgestellten Ergebnisse sind zur Veröffentlichung eingereicht und befinden sich im peer-review Prozess, in dem auch methodische Grenzen der Untersuchung diskutiert werden. Nach der Publikation können wir die anonymisierten Daten wissenschaftlichen Instituten zur Verfügung stellen.

Die gefundenen Ergebnisse stehen im Einklang mit Untersuchungen aus der Betriebsmedizin (Professor Hecht) sowie mit Studien aus Frankreich, Spanien und Ägypten bei Anwohner:innen von Mobilfunksendestationen.

In Deutschland liegen dem Bundesamt für Strahlenschutz seit 2004 landesbehördliche Gutachten vor, die auf die Schädigung von Menschen in der Nähe von Mobilfunk- sendestationen hinweisen. Eine valide Abklärung ist bei diesen Personen bisher nicht erfolgt.

Aus ärztlicher Sicht appellieren wir jetzt an die zuständigen Behörden mit allen technischen und finanziellen Mitteln umgehend in Selbitz eine verblindete Kontrolluntersuchung mit Senderabschaltung durchzuführen.

Dass Mobilfunkfelder als Stressfaktor auf Menschen einwirken können, zeigte 2008 die Westsächsische Hochschule Zwickau (Professor Heiland) auf.
Die verwendete Messtechnik – ähnlich einem LangZeit-EKG - ist inzwischen für Patienten verfügbar. Aus ärztlicher Sicht sollte dieses Verfahren in Selbitz auf freiwilliger Basis eingesetzt und von offizieller Stelle finanziert werden.

Naila, 22.1.2010

Dr. med Horst Eger
Ärztlicher Qualitätszirkel "Elektromagnetische Felder in der Medizin - Diagnostik, Therapie, Umwelt"
Nr. 65143, Bayerische Landesärztekammer
95119 Naila
Marktplatz 16

Quellen:

HECHT, K.: Auswirkungen von Elektromagnetischen Feldern - eine Recherche russischer Studienergebnisse 1960-1996 umg 3/01 222-231
Im Auftrag des Bundesinstitutes für Telekommunikation Auftragnr 4231/630402

SANTINI, R. et al. ,Symptoms experienced by people in vicinity of base station: Influence of distance and sex, La presse medicale, 2001, Institut National des Sciences Appliquees, 20, Avenue Albert Einstein, 69621 Villeurbanne, France

NAVARRO, E.A., Segura, J., Portolés, M., Gómez-Perretta: The Microwave Syndrome: A Preliminary Study in Spain Electromagnetic biology and medicine, Vol. 22. No 2 & 3. pp. 161-169, 2003

ABDEL-RASSOUL,G. et al.: Neurobehavioral effects among inhabitants around mobile phone base stations NeuroToxicology 2006, NEUTOX-636;

LANDESUNTERSUCHUNGSANSTALT für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA), Schreiben vom 15.6.2004, Aktenzeichen 25-0221-K/ 569

PROTOKOLL des Fachgesprächs zum Thema „Gesundheitliche Auswirkungen der elektromagnetischen Felder des Mobilfunks – Befundberichte“ im Bundesamt
für Strahlenschutz, Neuherberg, 02.08.2006

HEILAND, L., Michael Süß , Seidel , University of Applied Sciences West Saxony Zwickau Faculty of Applied Physics and Computer Sciences Biomedical Engineering Group Faculty of Electrical Engineering Electromagnetic Compatibility Group Company M-C-S Medical Consult Analysis of Bioregulation as Indicator for the Influence of Humans by Electromagnetic Fields
http://www.fgf.de/english/research projects/ws23.html

Artikel in Frankenpost

Mobilfunk im Visier
Frankrankenpost vom 21.01.2010
Veröffentlicht auf DF mit freundlicher Erlaubnis der Redaktion

„Selbitz-Studie“ | Ärzte stellen nach einer Bürger-Befragung in der Stadt im Frankenwald fest, dass es mit zunehmender Nähe zu Mobilfunkmasten deutlich mehr und stärkere gesundheitliche Beschwerden gibt. „Die deutschen Grenzwerte sind viel zu hoch.“
Von Thomas Hanel

Selbitz - Nach seiner "Nailaer Studie", die 2004 für Aufsehen gesorgt hat, tritt der Allgemeinmediziner Dr. Horst Eger aus Naila nun mit dem Ergebnis einer weiteren Untersuchung an die Öffentlichkeit: der "Selbitz-Studie". Anders als vor sechs Jahren, als aus den Strahlungsstärken einer Mobilfunkanlage in Naila Rückschlüsse auf bereits registrierte bösartige Tumor-Erkrankungen gezogen worden waren, ging es Eger dieses Mal im wenige Kilometer entfernten Selbitz um Symptome von Krankheiten - genauer darum, herauszufinden, ob Mobilfunk Einfluss auf die Beschwerden hat.
Das Interesse galt den Auswirkungen einer Anlage auf dem Dach des städtischen Wohnhauses Feldstraße 28/30, auf dem zwei Funkmasten der Unternehmen O2 und E-Plus installiert sind. Und so wurden Anfang vorigen Jahres 1080 Fragebögen an Selbitzer Bürger verschickt, die allesamt über achtzehn Jahre waren und die der Geschlechts- und Altersstruktur der Erwachsenen in der 4600-Einwohner-Stadt entsprachen. Die Aktion fand in enger Abstimmung mit Bürgermeister Klaus Adelt und in Zusammenarbeit mit den Selbitzer Ärzten Dr. Manfred Jahn, Dr. Irmgard Müller, Dr. Max Feldwieser, Dr. Stefan Richter und Sabine Berkowski sowie den Schauensteiner Medizinern Dr. Klaus Brömel und Dr. Mirsada Prozder statt.

88 Symptome von 0 bis 5
Die Befragten wurden in fünf Gruppen eingeteilt: Die erste Gruppe wohnte bis zu 100 Meter von der Mobilfunkanlage entfernt, die zweite zwischen 100 und 200 Meter, dann zwischen 200 und 300 Meter, 300 und 400 Meter und ab 400 Meter, das war die "Kontrollgruppe". Den Probanden war diese Vorgehensweise bewusst nicht klargemacht worden, um eine Beeinflussung von vornherein zu vermeiden.

Nach gut einem Monat, im Februar 2009, war die Aktion beendet. 251 Bürger, knapp 25 Prozent der Adressaten, hatten die Fragebögen zurückgesandt. Für Eger eine beachtliche Zahl, denn immerhin mussten sich die Testpersonen Mühe machen: Insgesamt 88 Gesundheitsbeschwerden waren auf einer sechsstufigen Steigerungs-Skala zwischen 0 und 5 abgefragt worden - von Schlafprob-lemen, chronischer Erschöpfung, Kopfschmerz, Nervosität, Hitzegefühl, Gereiztheit, depressiver Stimmung und Panikattacken bis hin zu Konzentrationsstörungen, Gelenk- und Muskelschmerzen, allergischen Reaktionen, Herzrasen, Erhöhung des Blutdrucks, Schwindelgefühl, Augenproblemen und Verdauungsstörungen.

Jetzt sind die Fragebögen ausgewertet. Für Dr. Eger und die sieben beteiligten Kolleginnen und Kollegen ist das Resultat eindeutig: Je näher die befragten Bürger an der Mobilfunkanlage wohnen, desto stärker sind ihre Beschwerden. Konkret: Die vier Gruppen in einem Radius bis zu 400 Metern um die Funkmasten - zusammen 180 Menschen - weisen im Gegensatz zu der weiter entfernt lebenden Kontrollgruppe (71 Bürger) bei folgenden der abgefragten Symptome deutlich ausgeprägte Krankheitsmerkmale auf: Schlafstörungen, Depressionen, gestörte Hirnfunktionen, Gelenkbeschwerden, Infekte, Hautveränderungen, Störungen des Herz-Kreislauf-, des akustischen und optischen wie des Hormonsystems und auch des Magen-Darm-Trakts.

Die sogenannte Feldstärke der Mobilfunkstrahlung betrug im 200-Meter-Kreis um die Anlage durchschnittlich 1,17 Volt pro Meter, zwischen 200 und 400 Meter 0,7 V/m und ab 400 Meter 0,18 V/m. Durchweg unterschritten die Werte das gesetzlich festgelegte Höchstlimit deutlich - und doch gab es eine ganze Menge "signifikanter" Beschwerden: Diese Feststellung als Ergebnis des angewendeten Testverfahrens sagt aus, dass die Mikrowellen mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent schädigenden Einfluss auf das Nervensystem des Menschen haben.

Im rechtlichen Sinn ist das noch kein Beweis. Um den antreten zu können, schlägt Dr. Eger vor, die Selbitzer Mobilfunkanlage für einige Monate abzuschalten, ohne die Bürger darüber zu informieren, dann wieder in Betrieb zu nehmen - und eine erneute Untersuchung für den Zeitraum der Stilllegung zu starten. "So hätten wir die optimale Möglichkeit des Vergleichs. Das wäre die beste Kontrolle. "Fest steht für den Arzt als Konsequenz der Studie: "Die deutschen Grenzwerte sind viel zu hoch. Sie müssen dringend überprüft werden."

Artikel veröffentlicht:
10.02.2010
Quelle:
Frankenpost, 21.01.2010

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