Nicht nur sie geben wegen der möglichen gesundheitlichen Auswirkungen Empfehlungen für den vorsichtigen Umgang mit Handys aus, auch der Oberste Sanitätsrat und die Europäische Umweltagentur warnen.
Die Positionen könnten nicht kontroversieller sein: Während von der Mobilfunkindustrie schädliche Wirkungen der modernen Telekommunikation vehement bestritten werden, verstummt auf der anderen Seite die Kritik der Gegner nicht. An vorderster Stelle dabei: die Wiener Ärztekammer, die das Thema Mobilfunkstrahlung erstmals im Jahr 2005 aufgegriffen hat.
Mittlerweile ist einiges geschehen: Die Infokampagne zum sorgsamen Umgang mit Mobiltelefonen „ist zur Erfolgsgeschichte geworden“, wie Wiens Ärztekammerpräsident Walter Dorner betonte. Erfolgreich war auch das zugehörige Plakat mit den zehn medizinischen Handyregeln: Mehr als 21.000 Stück wurden bis dato gedruckt und in Schulen, Vereinshäusern etc. aufgehängt. Mittlerweile ist es auch in englischer, französischer, italienischer, schwedischer, polnischer, ungarischer und holländischer Sprache erhältlich.
Ein besonderer Dorn im Aug sind Walter Dorner die Null-Cent-Tarife. „Auf die sollte man schön langsam verzichten“, wie er meint. Auch von seiner Forderung, Handys mit dem SAR-Wert (= Spezifische Absorptionsrate; bis zu 90 Prozent der abgegebenen Leistung werden im Kopf des Nutzers absorbiert) zu kennzeichnen, rückt er nicht ab. Ein Verbot von Werbung, die sich speziell an Kinder und Jugendliche richtet, soll dazu beitragen, dass sich das Image des Handys ändert. „Es kann zu gesundheitlichen Auswirkungen kommen“, betont der Ärztekammerchef. Und mittlerweile hätte ja sogar der Oberste Sanitätsrat eine Empfehlung für den vorsichtigen Umgang mit Handys ausgegeben, für Dorner ein „sensationeller Erfolg“. Warnungen gibt es auch auf europäischer Ebene. So hat erst kürzlich die Europäische Umweltagentur (EEA) ausdrücklich vor den Gesundheitsgefahren durch Handys gewarnt. Hintergrund: Es gebe klare Beweise, dass Personen, die ihr Handy mehr als zehn Jahre lang rund 460 Stunden im Jahr genutzt hätten, ein erhöhtes Risiko für Hirntumore gezeigt hätten.
Die Europäische Umweltagentur hat auch festgestellt, dass heute früher, länger und öfter telefoniert wird, auch bei Kindern und Jugendlichen, betonte der Umweltreferent der Wiener Ärztekammer, Erik Huber. Immerhin: 70 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 13 Jahren besitzen ein eigenes Mobiltelefon; von den acht- bis neunjährigen nennt es jedes vierte Kind sein eigen. In der „massiven Werbung, die ein positives Bild von Handys vermittelt“, sieht Huber ein großes Problem, der dies überdies „für eine Art von Manipulation“ hält. Sehr viel differenzierter hingegen geht man von Seiten der Wissenschaft an das Thema heran. „Die Wissenschafter streiten nicht mehr, ob Handys schädlich sind, sondern wie schädlich sie sind.“ Nachgewiesen sind Brüche von Doppelstrang-DNS; der ‚missing link“ sei der kausale Zusammenhang. Huber verweist darauf, dass es auch beim Lungenkrebs erst Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts gelungen sei, den kausalen Zusammenhang mit dem Rauchen nachzuweisen. „Ich hoffe, dass es beim Mobilfunk nicht so lange dauern wird.“ So habe etwa eine Metastudie ergeben, dass nach zehn Jahren Handynutzung das Risiko für Gehirntumore deutlich 200 Prozent erhöht ist.