Anderslautende Meldungen seien Beschwichtigungsversuche der Industrie und daher im Sinne eines medizinischen Vorsorgegedankens "strikt zurückzuweisen".
Laut Huber gehen die von der Mobilfunkindustrie vorgebrachten Argumente hinsichtlich einer zurückgezogenen Studie "völlig ins Leere". Die Ärztekammer habe sich bei der Erstellung ihrer "10 medizinischen Handy-Regeln" stets auf die Reflex-Studie bezogen, die eindeutig einen gentoxischen Effekt auf menschliche Zellkulturen von Mobilfunkstrahlen in der Stärke, wie sie von jedem GSM-Handy erzeugt werden, belegt hat.
Die Reflex-Studie sei nach wie vor unbestritten, so Huber. Es gäbe lediglich eine kritische Stimme zu einem Teilergebnis, wie dies in einem wissenschaftlichen Diskurs durchaus üblich sei. Diese komme von Alexander Lerchl von der Jacobs University Bremen, "einer Universität, die von der Industrie finanziert wird". Lerchl sei ein ausgezeichneter Biologe mit besonderer Expertise im Bereich Melatonin und Biorhythmus und daher "vielleicht nicht wirklich" kompetent, eine multinationale Studie wie die Reflex-Studie inhaltlich zu beurteilen, betont Huber.
Noch bedeutender als die Reflex-Studie sei ohnedies die epidemiologische Evidenz, auf die die Ärztekammer schon in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen habe. Huber: "Erst kürzlich hat eine Meta-Analyse der Langzeitdaten epidemiologischer Studien bei Personen, die bereits mehr als zehn Jahre ein Mobiltelefon benutzen, ein bis zu 200 Prozent erhöhtes Risiko für die Erkrankung an einem Hirntumor ergeben." Dies zeige, dass in Zukunft mehr Menschen mit der Entstehung von Krebs in von Handy exponierten Körperregionen rechnen müssten.
EMF mit Asbest und Benzol verglichen
Huber weist auch darauf hin, dass es die Mobilfunkindustrie von Anfang an verabsäumt habe, sich bereits im Vorfeld mit dem Problem elektromagnetischer Felder (EMF) auseinanderzusetzen. "Diese Technologie wurde vor ihrer großflächigen Verbreitung nie vertieft auf gesundheitliche Auswirkungen überprüft", so Huber. Die derzeit empfohlenen Grenzwerte würden absolut keinen ausreichenden Schutz bieten. Daher solle man sich von Beschwichtigungsversuchen wie: "Die Grenzwerte sind vollkommen ausreichend" nicht in die Irre führen lassen, betont Huber, der auch darauf hinweist, dass ein Medikament mit einer ähnlich unsicheren Datenlage wie derzeit bei der Mobilfunkstrahlung "nie im Leben zugelassen werden würde".
Der engagierte Umweltmediziner führt weiters aus, dass bereits im August 2007 mit der Veröffentlichung des "Bioinitiative Report" das EMF-Problem einer weltweiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Der Bericht veranlasste sogar die EU-Umweltagentur, EMF mit anderen Umweltschadstoffen wie Asbest oder Benzol zu vergleichen und unter Hinweis auf den Bericht die wissenschaftliche Basis der heutigen EMF-Grenzwerte in Frage zu stellen. Huber: "Wir sehen es daher als unsere Pflicht an, im Sinne des Vorsorgegedankens Patienten gegen die Interessen der Wirtschaft zu schützen."
Huber bekräftigt nochmals die wichtigsten von der Ärztekammer empfohlenen Vorsorgemaßnahmen:
- Prinzipiell so wenig und so kurz wie möglich telefonieren.
- Das Handy während des Gesprächsaufbaus von Kopf und Körper fernhalten (gilt auch beim Versenden von SMS). - Beim Kauf eines Handys auf einen möglichst geringen SAR-Wert achten.
- Zu Hause über das Festnetz telefonieren und das Handy ausschalten.
(S E R V I C E - Die Plakate "Strahlende Informationen: 10 medizinische Handy-Regeln" können in der Pressestelle der Ärztekammer für Wien kostenlos unter Tel. 01/51501 - 1223 DW, E-Mail: pressestelle at aekwien.at, bestellt werden. Plakat-Download auf der Homepage der Ärztekammer für Wien: http://www.aekwien.at/media/Plakat_Handy.pdf.)
Wiener Ärztekammer hält an Warnung fest
Erhöhtes Risiko für Hirntumore
Wien (OTS). Die Ärztekammer bleibt bei ihrer eindringlichen Warnung hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Schäden durch Mobilfunkstrahlen. Die Technologie sei nach wie vor zu wenig und zu kurz erforscht, um eine Entwarnung geben zu können, betont der Referent für Umweltmedizin der Ärztekammer für Wien, Erik Huber.