"Strahlende Babysitter"

K-Tipp testet acht Babyphones
Die meisten Babyphones überzeugen im Praxis- und im technischen Test. Bei der Strahlung sieht es aber schlecht aus: Hersteller verwenden billigste Stecker und Kabel – und verlangen happige Preise.

Das Angebot an Geräten ist gross –die Preis-Spanne zwischen günstigen und teueren Modellen auch. Und Qualität sowie Strahlenbelastung eines Babyphones lassen sich beim Kauf nur schwer oder gar nicht abschätzen.

K-Tipp und Kassensturz haben acht Babyphones zwischen 99 und knapp 300 Franken gekauft. Das Ipi – Institut für Produktforschung im deutsche Esslingen – prüfte die Reichweite der Geräte in Häusern und im Freien. Weitere Kriterien: die Empfindlichkeit gegen Störungen durch elektrische Geräte im Haushalt und durch andere Babyphones, die Handhabung (Batteriewechsel, Kanäle einstellen usw.) und der Stromverbrauch. Zusätzlich hat die Firma Baubiologie Maes in Neuss (D) die Strahlung der Babyphones in unterschiedlichen Distanzen gemessen. Da die Steckdosen häufig in Zimmerecken angebracht sind, lässt es sich meist kaum vermeiden, dass Kabel nahe oder gar unter dem Bett hindurch zum Babyphone führen.

Das ist fatal: Die Distanz vom Kabel zum Körper oder gar zum Kopf des Kindes ist in diesem Fall extrem gering. Deshalb wurden hier die Messwerte in 50 cm Distanz für die Bewertung herangezogen. Nur zwei der Babyphones bekommen Noten im grünen Bereich. Hauptgrundsind die schlechten Werte bei den Strahlungsmessungen. Am ehesten zu verschmerzen sind die Funkwellen – ein Minimum ist nun mal für eine Funkverbindung notwendig.

Erschreckend sind die Messresultate von Kabeln, Steckern beziehungsweise Netzteilen und Babyphones selber. Solche elektromagnetischen Felder werden überall dort erzeugt, wo Strom fliesst. Sie sind aber gesundheitlich problematisch (siehe Kasten).

Nur wenige Kabel sind gut abgeschirmt

Der Schlussbefund: Die meisten Babyphone-Kabel überschreiten die Werte der allgemein anerkannten Norm für Computer-Arbeitsplätze (TCO) deutlich (siehe Kasten Seite 23). Es gehe doch nicht an, dass diese Norm gerade in nächster Umgebung von Kindern verletzt werde, sagt Prüfleiter Wolfgang Maes. «Denn für Kinder sind die ermittelten Werte viel problematischer einzustufen als für Erwachsene, an denen sich die Norm orientiert», ergänzt er.
Besonders anstössig: Die Strahlung von Netzteil und Kabel hat keinen Einfluss auf die Leistung des Babyphones, etwa auf die Reichweite oder auf die Empfangsqualiät. Sie ist deshalb überflüssig und liesse sich problemlos und vollständig vermeiden, wenn die Hersteller nur wollten. Doch die sparen lieber 1 oder 2 Franken – so wenig müssten sie nämlich in die Abschirmung von Kabel und Netzteil investieren. Das ist umso unverständlicher, als die Hälfte der getesteten Babyphones über 150 Franken kostet. Und: Seit dem letzten Test, den der K-Tipp vor drei Jahren machte, haben nur Angelcare-Hersteller Funny- Handel und Vivanco etwas gelernt.
Mit einem absolut strahlungsfreien Kabel und einem ebensolchen Netzteil bestückt ist einzig Vivanco Babyfon BM440 Eco Plus. «Eine erfreuliche, wenn auch längst überfällige Massnahme», sagt Fachmann Maes. Vivanco erbringt auch gleich den Beweis, dass das bessere Kabel überhaupt kein Kostenfaktor ist: Das Gerät für 120 Franken gehört zu den günstigen Babysittern.
Auf die ausdrückliche Frage an die Hersteller, weshalb sie keine besseren Kabel und Netzteile verwenden, haben nur Comptel und Angelcare geantwortet. Beide haben dem K-Tipp versichert, ihre getesteten Babyphones würden ab sofort nur noch mit abgeschirmtem Kabel sowie abgeschirmtem Netzteil und Stecker ausgeliefert.

Testsieger: Netzteil könnte besser sein

Punkto Strahlung landet Angelcare auf dem zweiten Platz: Ein mässig gut abgeschirmtes Netzteil ist der grösste Minuspunkt. Und auch die Funkwellen könnten etwas geringer sein. Damit erkauft sich Angelcare eine Reichweite von über 600 m – obwohl nur 120 m deklariert sind. Der Testsieger überzeugt – abgesehen von den erwähnten kleineren Nachteilen – in allen Belangen und erreicht eine sehr gute Note für Funktion und Handhabung. Dieses Babyphone ist aber sehr teuer. Der Hauptgrund sind die mitgelieferten Sensormatten, die die Atmung des Babys überwachen und im Notfall am Empfangsgerät einen Alarm auslösen. Man legt sie unter die Matratze des Betts. Das Babyphone soll laut Vertreiber ab Mitte Oktober auch ohne Sensormatten in den Handel kommen und so rund 100 Franken weniger kosten.
Lässt man die Strahlungswerte ausser Acht, überzeugen einige weitere Babyphones:
● Switel BCC 50 und Philips Babysitter SCD 463 erhalten bei Funktion und Handhabung ebenfalls eine sehr gute Note.
● «Gut» sind der Topcom Babytalker und Comptel CT-1800.

Fisher Price: Praktisch überall «schlecht»

Am anderen Ende der Tabelle steht das Babyfon Süsse Träume von Fisher Price, das nur eine Bezeichnung verdient: «schlecht». In Funktion und Handhabung ist es ausser beim Stromverbrauch in allen Kriterien «ungenügend».
Auch für die Strahlung kassiert es die schlechtesten Noten. Es erinnert die Prüfleiter beider Labors eher an ein Spielzeug denn an ein Babyphone. Den scheppernden Klang würden sie Kinderohren nicht zumuten.

Artikel veröffentlicht:
03.10.2007
Autor:
Rolf Muntwyler | Konsumentenzeitschrift K-Tipp
Quelle:
K-Tipp Nr. 16 | 3. Oktober 2007 Veröffentlicht auf diagnose:funk mit freundlicher Genehmigung der Redaktion

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