Brennpunkt

Dreiste Datenfälschung in Mobilfunk-Forschung

Ein Insider warnt
„Kein Krebs durch Handys“, frohlocken die Mainstream-Medien rechtzeitig zum weihnachtlichen Kaufrausch. „Sorgen vor Elektrosmog“ seien „überflüssig“ [1]. Die Euphorie in den Zeitungen basierte auf einer dänischen Kohortenstudie, welche die Krebsraten von 420'095 Mobiltelefon-Abonnenten mit denen der restlichen Bevölkerung verglich [2].

07.01.2007

Die Studie ist dabei keineswegs neu. Es handelt sich um die Aktualisierung einer Untersuchung aus dem Jahr 2001 [3]. Die Durchschnittliche Abonnementsdauer lag nun bei 8.5 Jahren. Das Ergebnis: In der Gruppe der Abonnenten traten 14´249 Krebsfälle auf. In einer äquivalenten Gruppe von Nicht-Nutzern hätte man jedoch 15´001 Fälle erwartet (SIR=0.95). Eine Handy-Nutzung ist demnach statistisch signifikant gesundheitsfördernd.

Sind Handys gesundheitsfördernd?

Die Angaben zur Finanzierung der Studie klingen zunächst unverdächtig: Geldquellen waren der dänische „Strategic Research Council“ und die „Danish Cancer Society“. Doch unter Insidern ist längst bekannt, dass die „Danish Cancer Society“ immer wieder als „Waschmaschine“ für Industriegelder dient: Bereits die Basisstudie aus dem Jahr 2001 [3] wurde - durch die Dänische Krebsgesellschaft hindurch - von den zwei grössten Mobilfunkunternehmen Dänemarks, Teledenmark und Sonophone, finanziert [6].

Die Forscher der dänischen Studie sind zudem gleichzeitig in der europaweiten „Interphone-Studie“ eingespannt, einem beispiellosen Orchester industrienaher Forschung. Einer dieser Autoren der dänischen Studie, Prof. John Boice [7], erklärte in einem Artikel der Associated Press sogar „Es gibt wirklich keine biologische Basis um sich über Funkstrahlung Sorgen zu machen.“ [8] Eine Aussage, die einige hundert wissenschaftliche Studien in einem Satz unter den Teppich kehrt.

Insider warnt: Forscher boten sich an!

Angesichts dieser massiven Entwarnung meldete sich am folgenden Tag ein prominenter Gast auf der unabhängigen Nachrichtenplattform Omega-News [9]:

Der Epidemiologe Dr. George Carlo, ehemaliger Koordinator des 28.5 Millionen Dollar schweren US-amerikanischen „Wireless Technologie Research“ Programms (1993-1999), hatte während sechs Jahren die WTR-Forschungsgelder der amerikanischen Mobilfunkindustrie verwaltet.

Dr. George Carlo, ehemaliger Chef des weltweit grössten Forschungs-Programms zu Risiken drahtloser Kommunikation enttarnt am 6. Dezember 2006 korrupte Wissenschaftler. Bild: www.next-up.org

Als George Carlo Anfang 1999 darauf insistierte, die erschreckenden Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen, antwortete ihm der Chef des Industrieverbandes CTIA unmissverständlich: „Wenn du Erfolg hast, werde ich erfolgreich sein. Wenn du versagst, werde ich versagen.“ [10] George Carlo wurde daraufhin diskreditiert, gemobbt und finanziell ausgetrocknet. Am 6. Dezember enthüllte er nun brisante Details aus dieser Zeit:

  • Er bestätigt in seinem Beitrag auf Omega-News zunächst, dass die Dänische Krebsgesellschaft als Waschmaschine für die Gelder der Mobilfunkindustrie agiert.
  • Er bestätigt weiterhin, dass John Boice, Professor am Vanderbilt-Ingram Cancer Center, und einige seiner Kollegen seit Ende der 90er Jahre auf der Gehaltsliste der Mobilfunkindustrie stehen – „and for big money“ – durchgeschleust durch das „International Epidemiology Institute“.
  • Als Carlo damals die WTR-Gelder verteilte, bewarben sich John Boice und Joseph McLaughlin (beide Autoren der dänischen Studie) bei ihm, um exakt diese nun publizierte Studie anfertigen zu dürfen. Carlo verweigerte Ihnen jedoch damals die WTR-Gelder, weil Boice und McLaughlin in Ihrer Bewerbung unverblümt angaben, dass sie „immer Ergebnisse produzieren würden, die für die Industrie vorteilhaft wären“. Carlo dazu: „They thought they were playing to the audience“. Die Un-terlagen befinden sich heute noch in seinem Besitz.

Achtung doppelter Boden: Das "führende Zentrum für die Krebs-Pflege" als Retter rebskranker Kinder - und ein Professor, der für die Industrie immer angenehme Ergebnisse "produziert". Page: www.vicc.org

Diverse methodische Mängel lassen keinen Schluss zu

  • Die Autoren der „Dänischen Studie“ [2] bemerkten, dass Mobiltelefon-Nutzer im Durchschnitt wohlhabender sind. Gemäss einer vorgängigen Bevölkerungsstudie rauchen diese Personen seltener. Die Autoren gaben selber (auf S. 1708) an, dass das allgemeine Krebsrisiko der Mobiltelefonnutzer hauptsächlich durch den selteneren Auftritt der für Tabakkonsum typischen Krebsarten gesenkt wurde (SIR=0.88 bei Männern, welche 85% der Abonnenten ausmachten).
  • 200´507 unpersönliche Abonnemente (meist Firmen-Abonnemente) wurden vorgängig gestrichen, weil die Telefon-Nutzer hier nicht identifiziert werden konnten. Die Autoren erwähnten immerhin (auf Seite 1711), dass hier wohl die aktivsten Nutzer unter die Kategorie der Nicht-Nutzer gefallen sind. Insgesamt wurden 42% der Abonnemente der „Referenzpopulation“ von Nicht-Nutzern zugeordnet - deren Gesamtgrösse leider nicht angegeben wurde. Auch unpersönliche Pre-Paid-Nutzer, meist Jugendliche, konnten durch das Studiendesign nicht erfasst werden und fallen daher unter die Nicht-Nutzer.
  • Ein weiteres Problem ist die z. T. lange Latenzzeit bei Krebserkrankungen: Studien kritischer Wissenschaftler finden zwar schon nach wenigen Jahren Handynutzung Risiken für Gehirntumore [4], das Beispiel Tabak zeigt jedoch, dass es lange dauern kann, bis das Risiko schliesslich unmissverständlich explodiert: So wurde ein Anstieg der Lungenkrebsfälle erst Ende der dreissiger Jahre registriert - 20 bis 25 Jahre nach dem Gebrauch der ersten industriell hergestellten Zigarette.


Aus der dänischen Studie abzuleiten, das Risiko sei nicht erhöht, ist daher nach Überzeugung des Wiener Professors für Umwelthygiene, Michael Kundi, nicht gerechtfertigt. Die diversen methodischen Mängel liessen seiner Meinung nach diesen Schluss nicht zu [5]

Schamlose Datenfälschung und blinde Verleger

In den Pressemeldungen zur dänischen Studie gab Joshua Muscat von der Pennsylvania State University den Forschern Rückendeckung: „Dies ist wegen den umfangreichen Datensammlungen wahrscheinlich die gewichtigste Studie dieser Art.“ [8]

Doch wo steht Muscat? Muscat erhielt damals Forschungsgelder von Carlo und fand damit ein 2.4faches Risiko für Gehirntumore im Strahlungsbereich von Mobiltelefonen. Carlo erwähnt auf Omega-News, dass Muscats Daten nach Abschluss der Qualitätskontrollen auf mysteriöse Weise zweimal abgeändert wurden, nachdem die Industrie die Epidemiologin Linda Erdreich im WTR-Kontrollgremium platziert hatte:

  • In der Präsentation im Long Beach Kolloquium im Juni 1999 war der statistisch signifikante Zusammenhang zwischen der Kopfseite des Tumors und der Seite, auf der das Handy gehalten wurde, verschwunden.
  • Im Script, welches dem „Journal of the American Medical Association“ (JAMA) zur Publikation ausgehändigt wurde, war auch das statistisch signifikant erhöhte Tumorrisiko für eine Handynutzung verschwunden.

Beide Manipulationen waren laut Carlo schamlose Verstösse gegen die kontrollierten Protokolle. In einem Brief an den Herausgeber der JAMA wies Dr. Carlo als Koordinator der Studie auf diesen Betrug hin. Doch die Fachzeitschrift ignorierte den Brief und publizierte kurz darauf die gefälschte Studie. Obwohl die Manipulation gemäss Carlo schriftlich bewiesen werden kann, hat sie bisher noch kein Medium aufgegriffen. Kaum verwunderlich – denn beim heutigen Inseratemangel in den Verlagshäusern beisst man nicht die Hand, die einen am besten füttert …

Referenzen

[1] Süddeutsche Zeitung am 7.12.06

[2] Schüz, J., Jacobsen, R., Olsen, J.H., Boice, J.D. Jr., McLaughlin, J.K., Johansen, C., 2006: „Cellular Telephone Use and Cancer Risk: Update of a Nationwide Danish Cohort“. J. Natl. Cancer Inst.; 98; 1707-1713.

[3] Johansen, C., Boice, J.D. Jr., McLaughlin, J.K., Olsen, J.H., 2001: “Cellular Telephones and Cancer – a nationwide Cohort Study in Denmark”. J. Natl. Cancer Inst.;93; 203-207. In dieser Studie wurden Abonnemente der Jahre 1982 bis 1995 ausgewertet. In der neuen Studie verfolgt man Daten bis zum Jahr 2002.

[4] Auvinen et al. 2002 (bis 2.1fach bei analogen Tel.), Hardell et al. 2001 (bis 2.4fach bei Tumoren auf Nutzungsseite, n.s.), Hardell et al. 2002 (bis 2.5fach, ipsilateral, analoge Tel.), Muscat et al. 2000 in der WTR-Originalfassung (2.4fach, ipsilateral), Hardell et al. 2004 (bis 4.3fach für Schnurlostelefone), Hardell et al 2005a (bis 3.2fach bei ländl. Zone, digit. Tel.) , Hardell et al 2005b (bis 3.6fach bei digit. Tel. und >10 J. Nutzung), Hardell et al 2006 (bis 1.7fach bei analogen Tel., Astrozytoma Grad 3-4)

[5] Prof. Michael Kundi, Institut für Umwelthygiene, Universität Wien, im Artikel „Wiener Experte übt Kritik an dänischer Handystrahlungs-Studie“, Der Standard, 7. Dezember 2006.

[6] Quelle: Prof. Sianette Kwee, Aarhus Universität, Dänemark, in einem Schreiben zur Publikation der damaligen Studie im 2001.

[7] John D. Boice Jr., Professor am “Vanderbilt-Ingram Cancer Center” (Vanderbilt University School of Medicine), Nashville, Tennessee, USA (http://www.vicc.org/dd/dept/results.php?id=6), Direktor des “International Epidemiology Institute” (IEI), Mitglied der “Main Commission des International Commitee on Radiological Protection”, Mitglied des “National Council on Radiation Protection and Measurement“, und “First Chief” der “Radiation Epidemiology Branch” am “National Cancer Institute” (NCI).

[8] “Study finds no cancer risk from cellphones”, Associated Press, Washington, 5. Dez. 2006.

[9] Kommentar von Dr. George Carlo auf Omega-News, http://omega.twoday.net/comments.rdf am 6. Dezember 2006. Zur Person siehe auch
http://www.diagnose-funk.ch/gesundheit/000000980c0b92502/00000098170efcb04/index.html

[10] Auszug aus dem Buch “Cell Phones – Invisible Hazards in a wireless age”, George Carlo & Martin Schram, Carrol & Graf Publishers, New York, 2002, ISBN 0-7867-0960-X, Zitat von Thomas Wheeler, CTIA, auf Seite 5. Im April 1996 gerieten die Forschungsgelder erstmals ins stocken, als Carlo erste negative Meldungen brachte und diese publik machen wollte (S. 97).

[11] Print screen von http://jama.ama-assn.org/cgi/content/abstract/284/23/3001?maxtoshow=&HITS =10&hits=10&RESULTFORMAT=&fulltext=Muscat&searchid=1&FIRSTINDEX=0&resourcetype=HWCIT , am 27. Dez. 2006.

Dr. George Carlo's Original-Kommentar zur "Dänischen Studie" Schüz et al. 2006 ist nebenstehend in engl. Fassung unter den Downloads als PDF abrufbar!

Publikation zum Thema

Format: A4Seitenanzahl: 5 Veröffentlicht am: 07.01.2007 Bestellnr.: Nicht verfügbar!Sprache: Deutsch

Insider warnt: Dreiste Datenmanipulation in der Mobilfunk-Forschung

Dr. George Carlo enttarnt korrupte Wissenschaftler
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Der Epidemiologe Dr. George Carlo, ehemaliger Koordinator des 28,5 Millionen Dollar schweren US-amerikanischen „Wireless Technologie Research“ Programms (1993-1999), hatte während sechs Jahren die WTR-Forschungsgelder der amerikanischen Mobilfunkindustrie verwaltet. Am 6. Dezember 2006 enttarnte er korrupte Wissenschaftler.
Artikel veröffentlicht:
07.01.2007
Autor:
diagnose:funk
Quelle:
Bürgerwelle Schweiz, veröffentlicht auf diagnose:funk mit freundlicher Genehmigung des Autoren.

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