Datenübertragung mit Licht – eine innovative Technik mit Zukunft

Die LiFi-Technik ist eine serien- und marktreife Alternative zu WLAN
Die Zeitschrift "Gymnasium Baden Württemberg" (9-10/2024) des Philologenverbandes veröffentlichte einen Gastbeitrag von Dr. Klaus Scheler zur Datenübertragung mit Licht. Seit 2013 wirbt diagnose:funk, dass die Risikobehaftete WLAN-Technologie durch Lichttechnologien ersetzt werden. Nun ist LiFi zur Serien- und Marktreife entwickelt. Dr. Klaus Scheler stellt den Stand der Technik dar.
Typisches VLC/LiFi-SystemBild: diagnose:funk

1. Einführung

Dass es möglich ist, mit sichtbarem Licht Daten zu übertragen wie mit WLAN oder den derzeit genutzten Mobilfunkwellen, mag für viele sicher unbekannt und verwunderlich sein, zumal über diese Möglichkeit in den Medien selten berichtet wird. Wie kann man sich eine Datenübertragung mit Licht vorstellen? Bereits das Morsen mit kurzen und langen Lichtimpulsen ist ja eine mögliche Datenübertragung mit Licht, die in ähnlicher Form auch bei der digitalen Datenübertragung Verwendung findet: Durch schnelles Ein- und Ausschalten von LEDs (ab 12 Millionen mal/Sekunde (12 MHz), bei weißleuchtenden LEDs derzeit bis 100 MHz möglich) werden Daten als Folge von Hellzeiten (Eins) und Dunkelzeiten (Null) kodiert (sog. On-Off-Keying-Modulation). In der Praxis werden in der Regel mehr oder weniger Zwischenstufen in der Helligkeit (sog. Intensitätsmodulation) und variable Ein-/Auszeiten genutzt, um mehr Daten pro Sekunde übertragen zu können [2]. Die schnellen Helligkeitswechsel sind für das Auge nicht wahrnehmbar, sie werden aber von sensiblen Fotodioden am Empfängergerät in elektrische Signale umgewandelt, die dann in verständliche Sinneseindrücke weiter verarbeitet werden.

Auch bei den meisten Fernbedienungen zum Beispiel für ein TV-Gerät löst jeder Druck auf eine Taste eine digitale Datenübertragung aus: Sender ist größtenteils eine LED im Kopf der Fernbedienung, die hier unsichtbares Infrarotlicht abgibt, das je nachdem, welche Taste gedrückt wird, als unverwechselbare Impulsfolge ausgesandt wird (10 – 20 kbit/s). Am Empfänger, dem TV-Gerät oder anderen Geräten, wird dieses Infrarotlicht-Signal empfangen und in elektrische Impulse umgewandelt, die dann das Gerät entsprechend einstellen.

Unter dem Überbegriff Optical Wireless Communication (OWC) werden alle Techniken verstanden, die Licht aus dem sichtbaren Bereich, sowie aus dem nahen Infrarot- und dem UV-Bereich zur Datenübertragung nutzen. Die Techniken werden seit ca. 15 Jahren intensiv erforscht. Mittlerweile wurden und werden weltweit zahlreiche Anwendungen mit dieser Art der Datenübertragung für verschiedenste Szenarien entwickelt. Anlass ist die wachsende Nachfrage nach schnellen und zunehmend umfangreicheren Datenübertragungen und die wachsende Zahl an Kommunikationsanwendungen (Machine-to-Machine Communication, Internet of Things, autonomes Fahren, Virtual Reality u.a.). Es besteht allgemeiner Konsens, dass die bisherigen Mobilfunkfrequenzen dafür nicht (immer) ausreichen. Hier stellt das elektromagnetische Spektrum rund um den sichtbaren Bereich einen vielversprechenden Kandidaten dar, extrem große Datenmengen mit hoher Geschwindigkeit übertragen zu können, was der Leistung von 5G - Datenübertragungen entspricht und diese sogar übertreffen kann. Weitere Vorteile von OWC sind: Lizenzfreie Frequenzen, keine Störung durch Mobilfunkfrequenzen, hohe Datensicherheit, da Licht nicht durch Wände dringt, hohe Energieeffizienz und nicht zuletzt eine aller Voraussicht nach bessere biologische Verträglichkeit. Die vielversprechendsten OWC-Technologien sind Visible Light Communication (VLC), Light-Fidelity (LiFi), Optical Camera Communication (OCC), die die Digital-Kamera im Smartphone als Empfänger nutzt, und Free-Space Optical Communication (FSO), was einem Richtfunk im freien Raum entspricht.

2. Visible Light Communication (VLC)

Als Pioniere der VLC-Technik für Innenräume gelten Prof. Nakagawa und seine Mitarbeiter an der Keio-Universität (Japan). LEDs der Raumbeleuchtung werden gleichzeitig als Sender genutzt. Fotodetektoren, die mit dem USB-Eingang am Endgerät verbunden sind, dienen als Empfänger. In der Regel wird VLC nur für den Downlink-Kanal genutzt. Hochleistungs-LEDs und neuere Sensormodule erreichen im Indoor-Bereich unter Verwendung von kommerziellen, echtzeitfähigen Chips maximale Datenraten von derzeit bis zu 1 Gbit/s [1] (G = Milliarde). Im Labor wurden bereits Datenraten von 10 Gbit/s [2] und mit Infrarot-Laserdioden als Sender sogar 100 Gbit/s [3] erzielt.

Bild: Zeitschrift Gymnasium / Serafimovski

3. Light-Fidelity (LiFi)

LiFi entspricht typischen WLAN – Anwendungen in Innenräumen. Für den Downlink-Kanal werden wie bei VLC LEDs der Innenraumbeleuchtung genutzt, aber auch zunehmend Infrarot-LEDs (IR-LEDs), die z.B. in die Deckenbeleuchtung integriert werden. Für den Uplink-Kanal werden in der Regel IR-LEDs als Sender (z.B. am PC) und IR-Sensoren beim Empfänger (VLC-Leuchte) genutzt (Abb. 1). Die Daten werden wie gesagt mit Hilfe hochfrequenter Intensitätsmodulation des Lichtstroms übertragen, was für das Auge nicht wahrnehmbar ist. Typische Datenraten, die bereits heute übertragen werden können, liegen zwischen 100 Mbit/s und 1 Gbit/s [4]. Damit steht LiFi den Datenraten der meisten WLAN-Standards (2,4 oder 5 GHz) in nichts nach: Diese liegen netto zwischen 30 Mbit/s und maximal 1,2 Gbit/s.

Die Verwendung von LEDs bei VLC und LiFi erfordert eine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger, die nicht durch andere Lichtquellen gestört, insbesondere nicht verdeckt sein darf. Außerdem ist der Bereich, in dem Daten empfangen werden können, beschränkt. Diese kritischen Einschränkungen werden technisch meistens folgendermaßen überwunden: Durch ein Netz von mehreren Sendern, die in die Deckenbeleuchtung integriert werden (Abb. 2) und alle die gleichen Daten in verschiedene Richtungen senden, bekommt man trotz möglicher Störung die gewünschten Daten (Multipunkt-zu-Punkt-Verbindung, Reichweite 10 – 20 m). Weiterhin kann man sich dann im Raum ohne Abriss der Verbindung bewegen. Außerdem kann durch optische Strahlaufweitung dafür gesorgt werden, dass eine Lichtquelle (LED) mehrere Geräte versorgt. Funklöcher werden dabei auf kleine Bereiche reduziert.

Die LiFi-Technik ist vor allem für Bereiche mit ständiger Beleuchtung geeignet, wie Großraumbüros, Industrie- und Messehallen, Museen, Labore, medizinische Bereiche, Bahnhöfe, sowie der öffentliche Fern- und Nahverkehr. Sogar beim Hamburger Sportverein (HSV) ist sie im Pressezentrum im Einsatz [5]. Weitere Anwendungen – z.B. Straßenlampen als Access Point, in Autoscheinwerfern und Rückleuchten zur car-to-car-communication – werden sich in Zukunft innovativ entwickeln [1], [3], [4].

4. VLC- / LiFi-Systeme für die Schule

Die optische Drahtloskommunikation mit VLC/LiFi ist auch insbesondere für Schulen eine vielversprechende Alternative zur bestehenden Datenübertragung mit WLAN. Die Stadt Stuttgart finanzierte bereits im Jahr 2015 ein LiFi-Projekt im Hegel-Gymnasium [6], das mit Erfolg abgeschlossen wurde und zur Serienreife beitrug. Nicht zuletzt kann so auch der Schutz insbesondere der Kinder und Jugendlichen vor der Dauerbelastung durch WLAN berücksichtigt werden.

Mittlerweile ist die Technik auf dem Markt erhältlich und bereits in mehreren Schulen in Europa integriert [7]. Zum Beispiel bietet die deutsche Firma Burmann in Osthofen [8] für Schulen das System LiFiMAX der französischen Firma Oledcomm [9] an, das vollständig mit Infrarotlicht in beiden Richtungen arbeitet.

Die niederländische Firma Signify [10] bietet unter der Bezeichnung TruLifi einen High-Speed-Internetzugang u.a. für Schulklassen an. Das System arbeitet ebenso ausschließlich mit Infrarotlicht mit Datenraten von 150 Mbit/s. Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) in Berlin bietet ein LiFi-System an, das mit handelsüblichen LEDs für die Raumbeleuchtung je nach verwendeter Modulation Datenraten von 100 Mbit/s bis zu 500 Mbit/s erzielt.

Inwieweit LiFi-Systeme mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind, ist zwar bisher nicht endgültig erforscht, es ist aber bereits bekannt, bei welchen Flimmerfrequenzen Belastungen zu erwarten sind. Diese können durch bestimmte Einschränkungen an die verwendete Modulationstechnik reduziert und wahrscheinlich sogar ganz vermieden werden [11].

5. Weiterentwicklungen der OWC-Technik

Im Juni 2019 haben sich 11 Unternehmen und Forschungseinrichtungen zur Light Communications Alliance (LCA [12]) zusammengeschlossen, um die Verbreitung optischer Kommunikationstechnologien zu fördern. Im Juli 2023 wurde der globale Standard IEEE 802.11bb für Lichtkommunikation (LiFi) als Teil des WiFi-Standards IEEE 802.11 ratifiziert. Der neue Standard ist ein wichtiger Meilenstein für den LiFi-Markt, da er einen weltweit anerkannten Rahmen für den Einsatz dieser neuen Technologie bietet.

In Deutschland sind die wichtigsten Forschungsstätten das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS [13]) in Dresden und das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut2 (HHI) in Berlin. Innovative Unternehmen sind die schottische Firma PureLifi [14] und ihre deutsche Partnerfirma aeroLifi [15] mit VLC-Anwendungen im Flugzeugbereich. Eine Übersicht von LiFi-Firmen weltweit findet sich unter https://lifi.co/lifi-companies/.

6. Referenzen

[1]  Chowdhury M Z, Hasan M K, Shahjalal M, Hossan M T, Jang Y M (2020). Optical wireless hybrid networks: Trends, opportunities, challenges, and research directions. IEEE Communications Surveys & Tutorials, 22(2), 930-966. Download: https://ieeexplore.ieee.org/iel7/9739/5451756/08960379.pdf

[2] Haas H, Elmirghani J, White I (2020). Optical wireless communication. Phil. Trans. R. Soc. A 378: 2020.0051. Download: https://royalsocietypublishing.org/doi/pdf/10.1098/rsta.2020.0051

[3] Karunatilaka D, Zafar F, Kalavally V (2015). LED Based Indoor Visible Light Communications: State of the Art. IEEE Communications Surveys & Tutorials, vol. 17, no. 3, pp. 1649-1678. Download: https://www.academia.edu/19279673/LED_Based_Indoor_Visible_Light_Communications_State_of_the_Art

[4] Serafimovski N, Jungnickel V, Min Jang Y, Li Qiang J (2017). An overview on high speed optical wireless light communications. IEEE 802.11-17/0962r3 July 2017. Download: http://ieee802.org/802_tutorials/2017-07/11-17-0962-03-00lc-An-Overview-on-High-Speed-Optical-Wireless-Light.pdf

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Zeitschrift "Gymnasium"

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Dr. Klaus Schler, Bild:diagnose:funk

ZUR PERSON

Dr. Klaus Scheler studierte Mathematik und Physik, promovierte 1980 in Physik, arbeitete dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Köln am Institut für Didaktik der Naturwissenschaften im Fach Physik. Von April 1990 bis März 2015 war er an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg in der Lehrerausbildung für das Fach Physik und für den Sachunterricht als Dozent tätig. Er ist Mitglied im Vorstand von diagnose:funk.

Quellen

[1] https://www.hhi.fraunhofer.de/abteilungen/pn/forschungsgruppen/optische-metro-zugangs-und-inhausnetze/indoor-lifi.html

[2] https://www.golem.de/news/vialight-communications-die-daten-kommen-per-laser-vom-himmel-1703-126505.html

[3] https://spectrum.ieee.org/fiber-to-the-living-room

[4] https://www.hhi.fraunhofer.de/abteilungen/pn/forschungsgruppen/optische-metro-zugangs-und-inhausnetze/light-communication-was-ist-lifi.html

[5] https://www.diagnose-funk.org/1449

[6] https://www.diagnose-funk.org/1232 und https://t1p.de/zu8ff

[7] https://t1p.de/9lvu5

[8] https://www.esmog-shop.com/vlc-lifi/ und https://www.oledcomm.net/lifi-max/

[9] https://www.oledcomm.net/

[10] https://www.signify.com/de-de/our-company/news/press-releases/2019/20190619-signify-launches-trulifi oder https://www.signify.com/de-de/ Suchwort: Trulifi

[11]  https://www.diagnose-funk.org/download.php?field=filename&id=469&class=DownloadItem

[12]  http://lightcommunications.org/

[13]  https://www.ipms.fraunhofer.de/

[14]  https://purelifi.com

[15]  http://www.aerolifi.com/

 

Bilder von 2013 bis heute: diagnose:funk förderte die Bekanntmachung der LiFi-Technik

LiFi-Projekte: Erste Präsentation 2013 im Landtag BaWü / Pilotprojekte Insel Mainau / Hegel-Gymnasium Stuttgart / Berufsschulzentrum GelnhausenBilder: diagnose:funk

Publikation zum Thema

Format: A4Seitenanzahl: 20 Veröffentlicht am: 15.06.2020 Bestellnr.: 241Sprache: deutschHerausgeber: diagnose:funk

LED-Licht zur Datenübertragung – ein gesundheitlich unbedenkliches WLAN?

Zusammenstellung bedeutsamer Aspekte zu VLC bzw. LiFi.
Autor:
Dr. Klaus Scheler
Inhalt:
Gibt es zum bekannten WLAN eine Alternative, deren Strahlung nicht gesundheitsschädlich ist? Ist die Datenübertragung über Licht eine Option? Der Physiker Dr. Klaus Scheler wurde von diagnose:funk beauftragt, hierzu die Studienlage zu VLC / LiFi und LED-Licht zu recherchieren. Sein Review, der als diagnose:funk Brennpunkt erscheint, macht eine klare Aussage: Wenn technische Bedingungen eingehalten werden, vor allem in Bezug auf die Minimierung des Blaulichtanteils von LED-Licht und die Vermeidung gesundheitsbelastender Flimmerfrequenzen, ist VLC/LiFi (Überbegriff Optical Wireless Communication (OWC)) für den Menschen nach heutigem Stand des Wissens biologisch verantwortbar. Der 20-seitige Brennpunkt kann über den Shop als Printversion bestellt werden.
Format: A4Seitenanzahl: 4 Veröffentlicht am: 12.06.2015 Bestellnr.: 230Sprache: Deutsch

Visible Light Communication (VLC)

Optische mobile Kommunikation
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) in Berlin hat eine Datenübertragungstechnik entwickelt, bei der das Licht handelsüblicher LED-Lampen, die für die Raumbeleuchtung Verwendung finden, mit eingebettetem Mikrochip als Datenträger genutzt wird. Dies könnte eine Alternative zu WLAN werden. Der Brennpunkt berichtet über den Start des ersten Pilotprojektes auf der Insel Mainau.
diagnose:funk
Stand: 03.12.2024Format: A4Seitenanzahl: 27 Veröffentlicht am: 14.06.2024 Sprache: deutschHerausgeber: diagnose:funk

Überblick Nr. 6: Ist WLAN schädlich?


Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Überblick Nr. 6 dokumentiert die Studienlage zu WLAN und die Alternativen. Da WLAN eine lizenz- und oft kostenlose Frequenz ist, die deshalb Jugendliche besonders oft nutzen, hat die Studienlage zu den WLAN-Frequenzen eine besondere Bedeutung. Die WLAN-Frequenz ist besonders gut untersucht. Es liegen Erkenntnisse über Auswirkungen auf das Gehirn und in der Folge auf den Schlaf, das Gedächtnis, räumliches Denken, das Erbgut, die Blut-Hirn-Schranke, vor, aber auch auf die Fertilität, das Auge, das EEG und auf die Auslösung entzündlicher Erkrankungen durch oxidativen Zellstress.
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