Bilder von links nach rechts:
Kontrast: nicht exponierter und exponierter Ahorn im gleichen Wohnviertel:
- 05.08.24 Kassel-Forstfeld, Ochshäuser Str., 30 µW/m²
- 05.08.24, Kassel-Forstfeld, Heinrich-Steul-Str., 3.600 µW/m²
Auch klimaresiliente Baumarten, die zur Pflanzung empfohlen werden, zeigen Schäden:
- 24.05.22, Solingen, Klinikum, Amberbaum, 23.100 µW/m²
KOMPAKT: Gibt es Kontakt zu Umweltverbänden?
WALDMANN-SELSAM: Kreisgruppen des BUND aus Lübeck und aus Diepholz haben mich bereits zu Vorträgen und Rundgängen an Sendeanlagen eingeladen, worüber ich mich sehr gefreut habe. In Lübeck gibt es jetzt Baumpaten, die den Zustand ausgewählter, hochfrequenzbelasteter Bäume im weiteren Verlauf dokumentieren. Mitglieder des NABU haben mir die 5G-Teststrecke im Erzgebirge gezeigt.
KOMPAKT: Aus aktuellem Anlass hast du ein umfassendes Schreiben zum Telekommunikationsnetzausbau-Beschleunigungsgesetz TKNaBeG an Bundesumweltministerin Lemke gesendet. Gibt es hierauf bereits Antwort?
WALDMANN-SELSAM: Noch nicht. Da in den letzten Monaten aus verschiedenen Regionen die alarmierende Zunahme von Eichenschäden berichtet wurde, enthielt das Schreiben an die Ministerin Beispiele von aktuellen und von früheren Eichenschäden, die auf einen Zusammenhang mit Hochfrequenzbelastung hinweisen.
KOMPAKT: In Laborexperimenten haben etliche Forschergruppen seit 20 Jahren Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Pflanzen nachgewiesen. Deine Beobachtungsstudien an Bäumen scheinen eindeutig zu sein – Wie könnte man die Ergebnisse wissenschaftlich absichern?
WALDMANN-SELSAM: Zum einen durch vergleichende Untersuchungen von gleichaltrigen, exponierten und nicht exponierten Bäumen in einem Gebiet mit ähnlichen Standortbedingungen. Das Wohngebiet Kassel-Forstfeld mit über zweihundert 40-jährigen Laubbäumen ist hierfür geeignet. Ein Teil der Bäume steht im Funkschatten von Mehrfamilienhäusern – ein Teil im Hochfrequenzfeld einer Mobilfunksendeanlage.
Zum anderen durch Untersuchungen geschädigter Buchen, bei denen kein Trockenstress vorliegt, z.B. Buchen an der Fulda oder Buchen im Kurpark von Garmisch-Partenkirchen. Die üblichen Parameter zur Bestimmung der Vitalität werden gemessen. Eine wissenschaftliche Absicherung könnte auch erfolgen durch eine Kartierung der Bäume im Umkreis einer Sendeanlage, die neu in Betrieb gegangen ist (z.B. westlich von Uffing, Landkreis Garmisch-Partenkirchen) oder durch die Erfassung von Bodenleben, Bodenzusammensetzung, PH sowie Enzymaktivitäten im Wurzelraum von umgestürzten Eichen/Buchen (Steigerwald, Rhön, Vordere Pfalz) im Vergleich mit Eichen/Buchen an funkarmen Standorten. Denn Bäume leiten einen Teil der hochfrequenten EMF über den Stamm in den Boden.
KOMPAKT: Was hast du als nächstes vor, was wünschst du dir?
WALDMANN-SELSAM: Als nächste Schritte werde ich aktuelle Fotos von vitalen, nicht exponierten Buchen und von geschädigten, exponierten, aber gut wasserversorgten Buchen an Forstwissenschaftler senden – verbunden mit der Bitte, hochfrequente elektromagnetische Felder als abiotischen Einflussfaktor mit in Betracht zu ziehen und zu untersuchen. Die Leitung der Nationalparks Bayerischer Wald und Schwarzwald werde ich bitten, den Zustand der Bäume an zwei Mobilfunksendeanlagen, die erst vor wenigen Jahren in Betrieb gingen, im weiteren Verlauf zu untersuchen. Auch den Kontakt zu Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern werde ich suchen. Mögen die objektiv sichtbaren Baumschäden dazu beitragen, dass bei Menschen auftretende Symptome nicht länger angezweifelt werden.
KOMPAKT: Ich danke dir für die detaillierten Schilderungen und dein unermüdliches Engagement. Wir wünschen dir alle viel Erfolg und die Anerkennung deiner Arbeit!
Das Interview führte Michaela Thiele.
* Studie zu Bäumen und elektromagnetischen Feldern:
Waldmann-Selsam C, Balmori-de la Puente A, Breunig H, Balmori A (2016): Radiofrequency radiation injures trees around mobile phone base stations, Sci Total Environ 2016; 572: 554-569, doi:10.1016/j.scitotenv.2016.08.045, https://www.emfdata.org/de/studien/detail?id=135
Bilder: Konsequenz der Strahlenbelastung: Bäume werden gefällt