Beispiele für Chromosomenaberrationen aus der Arbeit von Gulati et al. (zum Vergrößern anklicken)
Abschlussbericht zu allen Studienteilen
Nach der Publikation der Studie in englischer Sprache (Gulati et al. 2024) [1] liegt nun der Abschlussbericht in Deutsch vor (s.rechts Downloads). Auf den Seiten 145-156 wird eine auch für biologische Laien nachvollziehbare Zusammenschau gegeben. Der Abschlussbericht ermöglicht es, den Ablauf der Studie genau nachzuvollziehen und dokumentiert, dass sie auf höchstem wissenschaftlichem Niveau durchgeführt wurde. Dies hindert das Bundesamt für Strahlenschutz jedoch nicht daran, auf seiner Homepage die Studie als unwissenschaftlich zu diskreditieren. Darauf gehen wir unten kurz ein.
Wilhelm Mosgöller (2024): ATHEM-3 (2020-2024): Athermische biologische Wirkungen bei Langzeit-Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern niedriger Intensität.
Untertitel: Indikatoren für Gesundheitsrisiken nach Langzeit-Exposition durch stationäre Mobilfunk-Sender.
Verfasser der Teilberichte: Dietrich Moldan, Roman Schilling, Maximilian Moser, Igor Belyaev
Zusammenfassung des Studienergebnisses im Abschlussbericht (S.15)
„ATHEM-3 ist ein internationales und interdisziplinäres Forschungs-Projekt zu gesundheitlich relevanten Risiken durch Mobilfunk-Sender. Die zentrale Fragestellung war, ob kontrovers diskutierte Hinweise auf gesundheitsrelevante Effekte aus Labor-, Tier- und Humanstudien sich bestätigen oder alternativ als im Alltag nicht relevant herausstellen. Dabei galt die Blickrichtung und der Fokus der ATHEM-3 Studien zwei zentralen biologischen Konstituenten des Menschen: zum einen den autonomen Körperfunktionen und zum anderen dem Erbgut.
Um mögliche Langzeitfolgen der Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern am Menschen zu untersuchen, wurden 24 Freiwillige aus benachbarten Siedlungen, nach jahrelanger Exposition zu Mobilfunkfeldern - die entweder relativ hoch oder niedrig waren - untersucht. Die Freiwilligen waren in Bezug auf Alter, Ernährung, Lebensstil, berufliche Situation, Umweltbelastungen etc. gut vergleichbar. Die Gruppe der „relativ hoch exponierten Personen“ und „vergleichsweise niedrig Exponierten“ unterschieden sich klar und statistisch signifikant durch die Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) im eigenen Wohnumfeld.
So wie bei den Vorgängerprojekten ATHEM-1 und ATHEM-2 zeigten die Ergebnisse von ATHEM-3 beides, negative Befunde und solche, die auf gesundheitlich relevante Einflüsse der Exposition hinweisen. Aus der zusammenschauenden Analyse früherer und aktueller, sowie internationaler Befunde, die positiv und/oder negativ ausgefallen sind, ergibt sich ein Bild zu Auswirkungen und deren Mechanismen der chronischen Exposition bei niedrigen, aber überdurchschnittlichen Intensitäten hochfrequenter EMF.
Zustimmung der zuständigen Ethikkommission
Der Untersuchungsplan wurde der Ethikkommission der Ärztekammer NRW (Deutschland) vorgelegt. Der Untersuchungsplan wurde befürwortet. Es gab keine Änderungen zum ursprünglich geplanten und festgelegten Untersuchungsablauf.
Zentrale Merkmale und Ergebnisse von ATHEM-3
Die doppelt verblindeten Untersuchungen (autonomes Nervensystem, Chromosomenanalysen) wurden von ausgewiesenen Experten ihres Faches und international anerkannten Wissenschaftlern durchgeführt. Beide Untersuchungsarten zeigten einen signifikanten Unterschied zwischen Anrainern, die mit HF-EMF überdurchschnittlich hoch oder niedrig exponiert wohnen. Bei der HRV-Analyse waren tagsüber die Unterschiede zwischen hoch und niedrig exponierten Personen individuell verschieden. Während der Nachtruhe war die Erholungsfunktion des Schlafes (Vagus-Aktivität) bei der Personen-Gruppe mit höherer Exposition signifikant herabsetzt.
Die Chromosomen-Analyse in den Blutproben erbrachte Hinweise dahingehend, dass die HF-EMF Exposition DNA-Schäden verursacht, welche über Jahre hinweg zu einer Akkumulation von Chromosomenschäden führen. Die Beobachtung von Schäden bei Langzeit-Exponierten, steht nicht in Widerspruch zu Ergebnissen früherer Untersuchungen, sie ergänzt und erweitert die Ergebnisse gleichartiger Kurzzeit-Untersuchungen (Stundenbereich), bei denen keine Einflüsse festgestellt wurden.
Eine Frage zu Projektbeginn, nämlich ob die HF-EMF Exposition über Jahre zur Gewöhnung („adaptive response“), kann angesichts des beobachteten Schlafverhaltens und der Chromosomenveränderungen in der Gruppe mit überdurchschnittlich hoher HF-EMF Exposition verneint werden.
Befund-Bewertung
Die beobachteten Signifikanzen zeigen keine akute Gesundheitsbeeinträchtigung, aber liefern die Evidenz dafür, dass Langzeitexposition ein Gesundheits-Risiko mit sich bringt. Diese Studie ist auch aufgrund der geringen Patientenzahlen aussagekräftig genug, da die Gruppen hinsichtlich demographischer Daten, Lebensstilfaktoren und alternativen Risikofaktoren wie Exposition zu (medizinisch indizierten) ionisierender Strahlung vergleichbar waren.
Die Effekte auf das autonome Nervensystem bei relativ hoher Exposition, sind – bei Ausschluss unbekannter Einflussfaktoren - ein direkter Hinweis auf eine expositionsbedingte Herabsetzung der Erholungsfunktion der Tiefschlafphasen und eine expositionsbedingte Beeinträchtigung bei der Bewältigung entzündlicher Vorgänge im Körper.
Der Befund nach Jahren der Exposition in diesem Projekt erklärt sich, weil geringe und darum unbemerkte Chromosomenschäden durch Exposition sich über Jahre ansammeln können, um nach Jahren der Exposition in messbaren Mengen vorzuliegen. Chromosomenschäden sind Grundlage der biologischen Dosimetrie im Kontext mit ionisierenden Strahlen. Aus der Schadwirkung heraus bestimmt man die so genannte Äquivalenzdosis; deren Höhe ist durch Expositions-Richtlinien der Internationalen Atom Energie Behörde (IAEA) begrenzt. Die in diesem Projekt gefundenen Chromosomenschäden sind äquivalent zu einer Exposition mit ionisierender Strahlung, die die Grenzwerte der IAEO um ein Vielfaches übersteigen.“
>>> Diagnose:funk Artikelserie zur ATHEM-3-Studie