Überprüfung der Naila-Ergebnisse wurden verhindert
Der damalige BfS Präsident Wolfram König (Grüne) ließ Studien planen, die aber nicht verwirklicht wurden. König bedauerte dies in einer Rede (2005):
- „Drei weitere Projekte mit hoher Priorität mussten zu meinem großen Bedauern zurückgestellt oder gestrichen werden:
- Die Ausschreibung für das Projekt "Kurz- und mittelfristige Effekte von Mobilfunksignalen auf Gehirnfunktion und kognitive Leistungsfähigkeit", wurde aufgehoben, da kein wirtschaftliches Angebot eingegangen ist.
- Im Bereich Dosimetrie war es ein Ziel, die Möglichkeiten zur Minimierung der HF-Exposition der Bevölkerung durch regionale integrierte Netzplanung zu untersuchen. Um die bestehenden Mobilfunknetze zu evaluieren und Strategien zur Minimierung zu entwickeln, sind Informationen über den Netzaufbau verschiedener Betreiber erforderlich. Leider haben die Netzbetreiber in diesem Projekt der Zusammenarbeit nicht zugestimmt. Sie sehen in der Offenlegung der Netzstrategie ureigenste Unternehmensinteressen tangiert. Da bereits einige expositionsminimierte Netzmodelle ohne Einbeziehung von Betreiberdaten entwickelt wurden, ist von einer weiteren Studie, ohne eine aktive Beteiligung der Betreiber, kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten. Damit musste das Projekt gestrichen werden… “[3]
König drückt damit, diplomatisch formuliert, sein Bedauern aus, dass auf Grund der Weigerung der Netzbetreiber zur Mitarbeit, sowohl strahlungsminimierte Alternativen[4] als auch Überprüfungsstudien nicht durchgeführt werden können:
- „Es war uns jedoch auch ein Anliegen, die von der Bevölkerung an uns herangetragenen Fragen durch wissenschaftliche Studien zu objektivieren und zu beantworten. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist, dass ein belastbares Studiendesign gefunden werden kann, das eindeutige und aussagekräftige Ergebnisse liefert. Ist ein Studiendesign jedoch nicht belastbar - ich denke hier z.B. an den Bericht aus Naila - führen kleinräumig beobachtete Assoziationen zu schwerwiegenden Fehlinterpretationen und damit zu Verunsicherungen, die dann selbst Ursache für Gesundheitsbeeinträchtigungen sein können. Allzu leicht und allzu häufig werden zufällige zeitliche Korrelationen – von denen es im Leben ja allzu viele gibt - als Kausalzusammenhänge bewertet.
- Im letzten Fachgespräch habe ich für die Projekte des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms (DMF) einen hohen wissenschaftlichen Standard gefordert. Dass wir dem an uns mehrfach herangetragenen Wunsch einer "Naila- Wiederholungsstudie" nicht nachgegangen sind, soll für Sie eine Bestätigung der strikten Einhaltung meiner Forderung sein.“
Eine Kapitulationserklärung mit der Beteuerung hehrer Prinzipien, die man leider nicht umsetzen könne. Oder nach Faust: „Da steh' ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor! Heiße Magister, heiße Doktor gar, Und ziehe schon an die zehen Jahr' Herauf, herab und quer und krumm Meine Schüler an der Nase herum – Und sehe, dass wir nichts wissen können!“
BfS: Vom Bundesamt für Strahlenschutz zum Bundesamt für Sorglosigkeit
Oder nichts wissen wollen? Nach der Devise: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Im Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm (2008) wurden keine Sendemast-Studien durchgeführt, schon gar nicht Langzeitstudien begonnen. Die Linie des BfS verfestigte sich: Studien, die für die Industrie unangenehme Ergebnisse bringen könnten, wurden erst gar nicht konzipiert, Studien, die solche Ergebnisse nachweisen, werden angezweifelt oder fehlinterpretiert. Die Taktiken des "Anzweifelns" und der "Verwirrenden Debatten“, wie die Europäische Umweltagentur in ihren Dokumentationen "Späte Lehren aus frühen Warnungen" das nannte, werden bis heute praktiziert (s. dazu unseren Brennpunkt). Die Diskussion über die Naila-Studie endete wie das Hornberger Schießen. Das BfS knickte ein, die Industrie setzte sich durch. Das BfS übt sich seither in Untätigkeit. Bis heute wurde vom BfS keine weitere Sendemaststudie in Auftrag gegeben! Auf dieser Basis wird dann bis heute vom BfS mantrahaft behauptet: Von Mobilfunksendeanlagen gehen keine Gesundheitsrisiken aus!
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