Am Ende stehen Demenz und Blindheit
Prof. Manfred Spitzer stellte in seinem Vortrag "Digitale Demenz und was wir dagegen tun können" u.a. dar, dass in Südkorea und China durch die Mediennutzung bis zu 90% der Kinder kurzsichtig (Myopie) geworden sind. Und obwohl das bekannt ist, wird in Deutschland geplant, Tablets in Kindergärten einzuführen. Das sei „vorsätzliche Körperverletzung“, denn die Folgen seien im Alter oder schon früher Makuladegeneration, Netzhautablösung, Glaukom („grüner Star), Katarakte („grauer Star“). „Zusammengenommen zeigen die Daten deutlich, dass Myopie weithin eine unterschätzte globale Herausforderung für das Sehen ist“, so Spitzer, es würden wissentlich viele spätere Blinde in Kauf genommen.
Spitzer führte als Beispiel die Stadt Stuttgart und deren ohne pädagogischen Verstand verfasstes digitales Medienkonzept an. Auf die Kritik vom Bündnis für humane Bildung an diesem Konzept, die auch auf Spitzers Forschungsergebnissen beruht, antwortete die Stadt wörtlich: „In einem anderen Kontext mögen Ihre wissenschaftlichen Ansätze durchaus ihre Berechtigung finden, allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Einsatz von Medien innerhalb unserer Einrichtungen.“ Spitzer äußerte sich empört über eine solche Ignoranz und die daraus folgende Schädigung der Kinder.
Für Erwachsene verboten - für Kinder erlaubt!
Im einem Gespräch am Rande der Tagung mit Prof. Spitzer stellten wir fest: Was hier für Kindergärten geplant ist, davor wird durch die Berufsgenossenschaften für Erwachsene gewarnt. In der neuen Leitlinie Bildschirmmedien wird auf diesen Widerspruch hingewiesen:
- „Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass digitaler Unterricht dieselben Beschwerdebilder mit sich bringt wie die klassische Büroarbeit bzw. Bildschirmtätigkeit: Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit, muskeloskelettale Erkrankungen und Erkrankungen der Augen ... Nicht zuletzt, weil viele Schulen zur Sicherstellung des digitalen Unterrichts dazu übergegangen sind, Tablets in großen Mengen zu kaufen oder von der Industrie als Geschenk entgegen zu nehmen, und als Leihgeräte an Schüler auszugeben. Diese Entwicklung ist bedenklich, da die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aufgrund der erhöhte Risiken physischer Beanspruchung dazu rät, Tablets und Smartphones nur kurzzeitig zu nutzen“ (LL S.17).
In Betriebsvereinbarungen werden oft Mindestgrößen für Bildschirme, Erhohlungspausen für die Augen und ergonomische Regelungen vereinbart. Kinder an KiTas und Schulen werden jedoch allen Risiken ausgesetzt.
Das Gehirn ist keine Festplatte
Prof. Manfred Spitzer stellte dar, wie unsinnig die Behauptung ist, dass durch digitale Medien Wissens- und Denkprozesse ausgelagert und damit angeblich das Gehirn entlastet würde. Das Gehirn sei keine Festplatte, sondern durch seine synaptische Plastizität ein nahezu endloser Speicher. Wer zwei Sprachen spreche, dem fällt es leichter, noch eine dritte oder vierte dazu zu lernen. Wer viel im Gehirn hat, dem sind keine Grenzen für weiteres Wissen gesetzt. Die Auslagerung von Wissen jedoch führt zu weniger Training des Gehirns, weniger Bildung und mit größerer Wahrscheinlichkeit zu Demenz im Alter. Das zeigte Spitzer anhand von Forschungsergebnissen. Die Bildungskatastrophe zeige, dass die Gesellschaft auf diesem Weg ist, den er schon vor über 10 Jahren in seinem Buch "Digitale Demenz" (Link zum Artikel von Spitzer: „10 Jahre Digitale Demenz. Vom Shitstorm zum Mainstream“) vorhersagte. Prof. Spitzer hat eine klare Meinung: In Erziehungseinrichtungen haben bis zum 14. Lebensjahr digitale Bildschirmmedien als Lernmittel nichts zu suchen. In seiner >>> neuen Überblicksstudie "Digitalisierung in Kindergarten und Grundschule schadet der Entwicklung, Gesundheit und Bildung von Kindern" hat er die Argumente dafür fundiert dargelegt. Eine aktuelle Studie von Cha et al. (2023) aus Südkorea bestätigt Spitzers Prognosen und Analysen:
- "In conclusion, our study revealed curvilinear relationships between smartphone usage time and undesirable health outcomes. The adverse effects of smartphone overuse became prominent after 4 hours of daily usage time. These results can help establish smart device usage guidelines and education programs for appropriate media use."
Mehr als 4 Stunden Nutzungszeit, heute "normal", korrellieren mit erhöhtem Stress, Schlafstörungen, Depression, Suizid, Alkohol, Rauchen und Smartphone-Sucht. Die Autoren fordern staatliche Leitlinien zum Umgang mit digitalen Medien.