Es ist soweit, es gibt nun endlich eine offizielle Anlaufstelle für elektrosensible Menschen. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat am 8. September 2023 die Fachstelle MedNIS eröffnet.
Das ist ein grosser Schritt in die richtige Richtung! Damit wird eine individuelle medizinische Betreuung möglich und die Betroffenen werden nicht mehr einfach als psychisch Kranke schubladisiert.
Zudem ist mit dieser Fachstelle auch angedacht, generell Ärzte besser über dieses Thema informieren zu können.
Die Hauptziele von MedNIS sind:
- die Verbesserung der Versorgung von Personen mit elektromagnetischer Hypersensibilität in der Schweiz, indem ein Netzwerk von Konsiliarärzten und -ärztinnen geschaffen wird, an die Hausärzte und -ärztinnen ihre Patienten und Patientinnen zur fachärztlichen Beratung überweisen können
- die Verbesserung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf diesem Gebiet durch die Erhebung von Daten von elektromagnetisch hypersensiblen Personen.
Bei der Präsentation der Beratungsstelle MedNis durch die leitende Ärztin Frau Dr. Diana Walther fällt sofort deren grosse Sozialkompetenz, Offenheit und Ehrlichkeit auf. Das lässt hoffen, dass es besser verlaufen wird als im Jahr 2005, wo bereits eine Anlaufstelle im Kanton Luzern geschaffen wurde. Damals wurden jedoch die Betroffenen von Prof. Jan Olaf Gebbers sehr schnell und häufig als ʺpsychisch krankʺ diagnostiziert. Aufgrund der heutigen Umstände sind wir überzeugt, dass die MedNIS nun endlich bedeutend vorurteilsloser und wissenschaftlich fundiert mehr Licht in das dunkle Kapitel EHS (Elektrohypersensibilität) bringen wird.
Martin Zahnd, Vorstandsmitglied von diagnose:funk und selbst elektrosensibel, kann gut verstehen, dass Betroffene mit negativen Erfahrungen bei Arztbesuchen, sich kaum bei der Fachstelle melden werden. Auch bei ihm diagnostizierten die Ärzte meist eine psychische Ursache (Nocebo Effekt). Die Verantwortlichen der Fachstelle MedNIS sind sich dessen bewusst. Entsprechend werden fürs Beratungsnetz mehr neue Fälle erwartet, Menschen, welche erst seit Kurzen bemerkt haben, dass sie sensitiv auf Elektrosmog reagieren. Auf Anfrage hin möchte MedNIS in Zukunft auch Alternativmediziner vermehrt einbinden.
MedNIS fordert Betroffene auf zur Teilnahme an der Studie.
Der Fragebogen der MedNIS erfragt Gesundheitszustand, Symptome, Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern und anderen Umweltfaktoren, ergriffene Massnahmen, Auswirkungen des Zustands, Bedürfnisse und Erwartungen an das Gesundheitssystem.
Eine Vielzahl von Symptomen werden erforscht wie Kopfschmerzen oder Migräne, Schlafstörungen, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme, Reizbarkeit, Angst, Depressive Stimmung, Schwindel, Tinnitus, Sehstörungen, Gefühl auf der Haut oder Schädigung der Haut, Schneller oder unregelmässiger Herzschlag, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit und Andere.
Das Vorhandensein des Symptoms, die Häufigkeit und der Schweregrad etc. werden bewertet. Einige häufige Symptome werden mithilfe von validierten Instrumenten (Kopfschmerzen, Müdigkeit, Angst und Depression) weiter erforscht.
Wir möchten alle elektrosensiblen Menschen auffordern, an der Studie teilzunehmen. Die Teilnahme dauert ca. eine Stunde. Anmeldungsunterlagen (Kontaktformular) von MedNIS finden Sie hier.
Ein wichtiger Hinweis betrifft den Umstand, dass die MedNIS Fachstelle und die geplanten Studien nicht zur Erfassung der Anzahl Elektrosensibler in der Bevölkerung dienen wird. Laut letzter Umfrage aus dem Jahr 2020 sind 10,6% der Befragten elektrosensibel. Die Umfrage mit 7340 Teilnehmenden wurde durch die ETH Zürich zum Thema 5G durchgeführt. Es ist wichtig, dass das Ergebnis dieser wissenschaftlich relevanten Umfrage nicht durch Falschinterpretationen der geplanten Studie mit vergleichsweise kleiner Teilnehmerzahl in Frage gestellt wird.
Offen bleibt die Frage: Wie soll mit elektrosensiblen Menschen umgegangen werden?
In Schweden ist EHS seit 2002 als Behinderung anerkannt, und auch die EU anerkennt Elektrosensibilität seit 2022 als Krankheit. (1)
Ob Behinderung oder Krankheit, eigentlich ist beides nicht zutreffend. Elektrosensibilität kann man durchaus als Fähigkeit interpretieren, Elektrosmog zu fühlen.
Es ist jedoch bedeutungsvoll, dass ein solcher Status anerkannt wird, da dieser letztendlich auch für den Bezug von Krankengeldern und falls nötig auch für Invalidenrenten relevant ist. In der Schweiz ist dies aktuell leider noch nicht möglich.
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(1) Im Amtsblatt der EU stellt der EWSA (Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss) fest:
- „4.13. Das Europäische Parlament (9), der EWSA (10) und der Europarat (11) haben anerkannt, dass Elektrosensibilität bzw. Elektrosensitivität eine Krankheit ist. Hiervon sind eine Reihe von Menschen betroffen, und mit der Einführung von 5G, für das eine viel höhere Dichte elektronischer Anlagen benötigt wird, könnte dieses Krankheitsbild häufiger auftreten.“