Peter Hensinger führte zu Beginn seines Vortrages aus, dass die Stadt Stuttgart an der Erarbeitung der „Smart City Charta“ der Bundesregierung beteiligt war und für die Verwirklichung mit Millionen gefördert wird, wie viele andere Städte auch. Doch in der „Smart City Charta“ werden ein Worst-Case Szenario und ein Best-Case Szenario beschrieben. Das wird nicht zur Kenntnis genommen. Eine Technikfolgenabschätzung findet nicht statt. Digitalisierung gilt unhinterfragt als Fortschritt.
Das Worst-Case Szenario ist zum einen eine überwachte Stadt, in der jeder Bürger als Datensatz geführt wird.
- Smart City ist die mit Big Data-vernetzte Stadt, in der die Datenerfassung die Grundlage der Organisationsstruktur und politischen Steuerung ist.
- Von jedem Bürger immer zu wissen, wo er sich befindet und was er tut, ist die DNA der Smart City.
Der gläserne Bürger ist ihre Voraussetzung. Privatsphäre ade! Dafür bekamen die Smart City-Pläne im Jahr 2018 den Big Brother Award!
Zum zweiten werden durch das Internet der Dinge und die Vernetzung aller Dienstleistungen in Handel, Verwaltung und Versorgung das Datenvolumen und der Energie- und Ressourcenverbrauch explodieren. Die Digitalisierung und Smart City sollen das Wachstum, das unseren Planenten zerstört, weiter forcieren. Die Digitalisierung wird so zum Brandbeschleuniger der Klimakatastrophe. Hensinger wies darauf hin, dass der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU) gerade davor warnt und eine öffentliche Diskussion fordert:
- „In so mancher Hinsicht ist zu hoffen, dass die entworfene Dystopie nie Realität wird. Doch muss sie gerade deshalb jetzt erzählt werden, um ihre Verwirklichung rechtzeitig zu verhindern und eine konstruktive Nutzung der Digitalisierung für eine nachhaltige Zukunft möglich zu machen."
Und zum dritten, so Hensinger, wird sich dadurch die Mobilfunkstrahlenbelastung enorm erhöhen, durch hunderte neue Sendeanlage, v.a. 4G- und 5G-Kleinzellen für die Vernetzung aller Dienstleistungen, des Internets der Dinge und das autonome Fahren.
Auf den Einwand, man könne den Fortschritt nicht aufhalten, antwortete Hensinger:
- "Wenn man den Flugverkehr und das Auto kritisiert, ihre Auswirkungen auf die Umwelt, ist man nicht gegen Flugzeuge oder Autos an sich. Man kritisiert, dass sie als Geschäftsmodelle der Industrie große Schäden anrichten und fordert Alternativen. Man muss auch Entwicklungen ablehnen, z.B. den Bau von SUVs oder Inlandsflüge. So ist es auch bei Digitalisierung und Mobilfunk: Wir von diagnose:funk sind nicht Gegner, sondern Kritiker. „Technik sinnvoll nutzen“ ist unser Claim."
Er warnte vor den Folgen einer dehumanisierten Stadt:
- "Die digitale Transformation für den Hyperkonsum setzt die Zerstörung der ersten industriellen Revolution fort. Es dürfen sich nicht die Fehler des Autohypes mit den Stadtautobahnen der 60er Jahre wiederholen, diesmal als Digitalisierungshype für Datenautobahnen."
Seine drei Thesen belegte Hensinger mit vielen Fakten (>>> Vortrag mit Quellen zum Download). Am Schluss stellte er die Frage: Wie können wir diese Worst Case Szenarien verhindern?